Düsseldorf Die Frau im weißen T-Shirt drückt den Knopf eines altmodischen Radiokassettenrecorders. Schon startet der Song „Pump up the Jam“ von Technotronic. Und bunt gekleidete, ganz normale Menschen tanzen in dem neuen Werbespot von Esprit nach dem Hit aus den 90er-Jahren.
So einfach wie in dem neuen Video zur Werbekampagne „I'm perfect“ kann Jose Manuel Martínez die Modemaschine von Esprit nicht einschalten. Im ersten Halbjahr erreichte das an der Hongkonger Börse notierte Unternehmen mit Zentrale in Ratingen bei einem Umsatz von knapp einer Milliarde Euro einen Verlust von umgerechnet von knapp 28 Millionen Euro. Das hing auch mit den erhöhten Ausgaben für das Marketing zusammen.
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„Wir haben in den ersten sechs Monaten in unsere Werbekampagne rund 120 Millionen Hongkong-Dollar investiert“, sagte Martínez am Dienstag bei einer Telefonkonferenz. Das sind rund 14 Millionen Euro. Und in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres, das am 30. Juni endet, will er dafür noch einmal rund 9 Millionen Euro ausgeben.
Dem Image hat die Kampagne offensichtlich genutzt. Denn die Zahl der Follower bei Facebook ist, so Martínez seitdem um 80 Prozent gestiegen. Aber „der Turnaround bei Esprit bleibt eine Herausforderung für die kommenden Jahre“. Im Gespräch mit dem Handelsblatt räumte er im vergangenen Sommer ein, die Sanierung des Modekonzerns „dauert länger, als ich erwartet habe“. Der Spanier, der 2012 vom spanischen Moderiesen Inditex (Zara, Massimo Dutti) kam, übernahm ein Unternehmen in schwieriger Lage. Seine Vorgänger hatten die einstige Premiummarke zu einer populären Marke im mittleren Preissegment gemacht. Und sie bauten die Vertrieb immer weiter aus, so dass es Esprit in den Städten quasi an jeder Ecke gab.
Das mittlere Preissegment ist extrem umkämpft. Dort tummeln sich auch Marken wie die deutsche s.Oliver oder die spanische Mango. Gleichzeitig greifen Billigmarken wie Primark aus Irland dort an. Konkurrenten wie s.Oliver versuchen, sich mit Premiummarken wie Comma oder Liebeskind vom breiten Markt abzusetzen.
Doch Experten sehen bei Esprit auch hausgemachte Probleme. „Esprit hat sich lange Zeit zu wenig um seine Produkte gekümmert“, sagt Michael Hauf, geschäftsführender Gesellschafter von Hachmeister + Partner aus Bielefeld. Jetzt sei es ein „langer, schwieriger Weg“, die Attraktivität der Marke wieder zu steigern.
Trotzdem sieht der Esprit-Chef erste Erfolge. „Wir haben unseren Umsatz im Einzelhandel und im Onlinegeschäft deutlich gesteigert“, sagte er. Der Einzelhandelsumsatz mit Hosen, Jacken, Sweatshirts und Blusen von Esprit wuchs auf vergleichbarer Fläche um gut acht Prozent. Im Großhandel allerdings, also dem Verkauf an Textilhändler, schrumpfte das Geschäft um gut elf Prozent. Als wichtigen Erfolg sieht Martínez, dass er den Umsatz pro Quadratmeter gestiegen ist.
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Das hängt aber auch damit zusammen, dass er die Zahl der Esprit-Shops von 907 im vergangenen Jahr auf 864 verringert hat. Und das war noch nicht alles. „Wir werden dieses Jahr weitere Filialen schließen, die nicht profitabel sind“, kündigte der Vorstandschef an, ohne Details zu nennen. Und das Geschäft mit seinen Handelspartnern will er mit einem neuen Modell in Schwung bringen. So testet er gerade ein vertikales Konzept, bei dem Esprit Flächen im Handel komplett alleine bewirtschaftet, also entscheidet, wann welche Ware und in welcher Menge dort angeboten wird.
Die Einzelhändler lässt er neuerdings auch am Online-Geschäft mitverdienen. Wenn ein Kunde im Laden ein Teil über den Online-Shop bestellt, beteiligt Esprit den Händler am Internet-Umsatz. So will Martínez den alten Konflikt zwischen den klassischen Händlern und dem Online-Geschäft überwinden.