Fahrradboom Wie der Bike24-Gründer das europäische Ausland erobern will

Der Börsenneuling konnte seinen Umsatz im ersten Halbjahr um 44 Prozent steigern.
München Nach dem erfolgreichen Börsengang gönnte sich Andrés Martin-Birner einen kurzen Urlaub in Südfrankreich. Auf den Straßen seien da viele Rennradfahrer und Freizeitradler unterwegs gewesen, stellte der CEO und Mitgründer des Onlinehändlers Bike24 zufrieden fest. „Der Boom ist ungebrochen.“ Für den Börsenneuling ist das ein gutes Zeichen. Schließlich soll mit dem Erlös aus dem IPO die Expansion in Europa vorangetrieben werden, Frankreich ist eines der Zielländer.
Bike24 profitiert stark vom pandemiebedingten Branchenaufschwung. Angesichts von Lockdowns und Reisebeschränkungen entdeckten viele Menschen das Radfahren für sich und kauften sich ein neues Mountainbike, Rennrad oder E-Bike. Andere holten ihr altes Rad aus dem Keller und bestellten sich Ersatzteile.
Der Börsenneuling konnte seinen Umsatz im ersten Halbjahr so um 44 Prozent auf 127,4 Millionen Euro steigern. Dass sich die Zuwächse abschwächten – im ersten Quartal wuchs der Umsatz um 75 Prozent, im zweiten nur noch um 26 Prozent –, wollen sie bei Bike24 nicht als Ende des Booms werten. „Wir hätten noch stärker wachsen können“, sagte Martin-Birner dem Handelsblatt. Doch die Teileknappheit im Markt habe die Zuwächse gebremst.
Der Unternehmer hatte früher als andere die Chancen des Onlinehandels in der Branche gesehen und schon vor knapp 20 Jahren gemeinsam mit Lars Witt Bike24 in Dresden gegründet. Heute sieht sich das Unternehmen als „eine der führenden E-Commerce-Plattformen in Kontinentaleuropa“ für Fahrradfahrer mit einem Fokus auf das Premiumsegment.
Der Onlineshop verkauft bislang vor allem Ersatzteile und Zubehör, der Anteil von Kompletträdern wächst aber stark. In den vergangenen drei Jahren wuchs das Unternehmen im Schnitt um jeweils 30 Prozent auf zuletzt knapp 200 Millionen Euro Umsatz.
Börsengang im Juni als Höhepunkt
Auch bei der Profitabilität kommt das Unternehmen voran. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen konnte Bike24 im ersten Halbjahr um 51 Prozent auf 13,1 Millionen Euro steigern. Unter dem Strich stand ein Nettogewinn von 2,8 Millionen Euro, nach einem kleinen Verlust im Vorjahreszeitraum.

Der Unternehmer erkannte früh die Chancen des Onlinehandels für die Branche. Bike24 gründete er schon vor knapp 20 Jahren.
Höhepunkt war der Börsengang im Juni. „Wir waren alle sehr euphorisch, als ich die Glocke läuten konnte“, sagte Martin-Birner. Es herrsche Aufbruchstimmung im Unternehmen, das Feedback in der Branche sei positiv.
Allerdings lag der Ausgabepreis mit 15 Euro am unteren Ende der Preisfindungsspanne. „Wir haben das Ziel erreicht, 100 Millionen Euro Wachstumskapital einzusammeln“, betont aber Finanzvorstand Timm Armbrust. Es sei zudem ein positives Signal, dass man stabil über dem Ausgabepreis liege. Nach Vorlage der Quartalszahlen lag die Aktie am Donnerstag nahezu unverändert bei 18 Euro.
Die Führung von Bike24 glaubt nicht, dass der aktuelle Boom eine vorübergehende Erscheinung ist. „Die Nachfrage wird auch auf längere Sicht auf einem hohen Niveau bleiben“, sagt Armbrust. Die Anzahl der Neukunden sei gestiegen. Damit sei die „installierte Basis“ für das Ersatzteilgeschäft in den kommenden Jahren deutlich gewachsen.
Der Fahrradmarkt ist ein Milliardenmarkt
Die ganze Branche befindet sich derzeit im Aufwind. Laut Branchenverband ZIV legte der Absatz im vergangenen Jahr in Deutschland um 17 Prozent auf mehr als fünf Millionen verkaufte Fahrräder und E-Bikes zu. Der Umsatz wuchs sogar um mehr als 60 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro. Einschließlich Ersatzteilen und Zubehör setzte die Branche etwa zehn Milliarden Euro um.
So wurde die einstige Nische auch für Investoren zunehmend interessant. Riverside war bereits 2015 bei dem Dresdener Unternehmen eingestiegen – und nutzte jetzt die gute Branchenkonjunktur für den Börsengang.
Aktuell leidet die Branche unter der Teileknappheit. Die Lieferketten waren zeitweise durch Corona unterbrochen, gleichzeitig stieg die Nachfrage während der Lockdowns. Daraufhin ist das gesamte System aus der Balance geraten. Teile wie Schalthebel sind über viele Wochen nicht verfügbar, auf ein neues Fahrrad müssen die Kunden oft monatelang waren.
In der Branche wird damit gerechnet, dass sich die Probleme noch ins Jahr 2022 hineinziehen. Bike24 profitiert zuweilen aber auch davon: Kunden, die bei ihrer Werkstatt ein Teil nicht bekommen, versuchen es online.
Bike24 will nun auch mithilfe des Erlöses aus dem Börsengang die internationale Expansion vorantreiben. Im Mai gründete der Onlinehändler eine Tochtergesellschaft in Spanien. Derzeit wird der Bau eines Logistikzentrums im Raum Barcelona vorbereitet, von dem aus Spanien und andere südeuropäische Länder beliefert werden sollen. Neue Onlineshops sollen auch in Frankreich und Italien eröffnet werden.
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