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Familienunternehmen „Helles Pülleken“ als Wachstumstreiber: Privatbrauerei Veltins trotzt der Bierkrise

Veltins erholt sich vom Lockdown der Gastronomie schneller als der Markt. Doch nun werden Granulat für Bierkästen und Holz für Paletten knapp.
08.07.2021 - 16:31 Uhr Kommentieren
Die Sauerländer versuchen die Coronakrise hinter sich zu lassen. Quelle: obs
Verladung von Veltins-Kästen

Die Sauerländer versuchen die Coronakrise hinter sich zu lassen.

(Foto: obs)

Düsseldorf „Im Juni hat Veltins so viel Bier gebraut wie in keinem Juni seiner 197-jährigen Geschichte“, konstatiert Michael Huber, Generalbevollmächtigter der traditionsreichen Privatbrauerei. Nach sieben Monaten Lockdown der Gastronomie können die Sauerländer endlich wieder Fassbier brauen und verkaufen. Mehr als 14.000 Gastronomen beliefert Veltins mit Bier. „Die Gastronomie hat in der Pandemie sehr gelitten, was auch den Brauern historische Umsatzverluste beschert hat“, sagt der 71-Jährige.

„Die Situation der Brauwirtschaft ist dramatisch und in der Nachkriegszeit ohne Beispiel“, bestätigt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. 2020 wurden mit 8,7 Milliarden Liter Bier 5,5 Prozent weniger verkauft als im Vorjahr. Die Pandemie hat die Probleme der Brauwirtschaft verschärft.

Die Deutschen trinken immer weniger Bier. „In knapp 30 Jahren ist der Biermarkt um fast ein Viertel eingebrochen“, konstatiert Biermarktexperte Hermann Walschebauer. Der Pro-Kopf-Konsum ist 2020 von knapp 92 Litern (ohne alkoholfrei und Malzgetränke) auf rund 88 Liter Bier gesunken. Im April sah jede vierte Brauerei ihre Existenz gefährdet.

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Nach dem Lockdown geht es in der Bierbranche langsam wieder aufwärts – jedenfalls für Veltins. Die Privatbrauerei konnte im ersten Halbjahr ihren Ausstoß um 3,2 Prozent auf 1,55 Millionen Hektoliter zum Vorjahr steigern. Damit liegen die Sauerländer nur noch knapp hinter den Werten von 2019. Der deutsche Biermarkt hingegen war von Januar bis Mai um etwa sechs Prozent eingebrochen, ermittelte das Statistische Bundesamt.

Wachstum bescherte Veltins vor allem die neue Retromarke „Helles Pülleken“, die im Mai 2020 mitten in der Pandemie auf den Markt kam. „Unser Pülleken konnte fast den Verlust im Fassbiergeschäft wettmachen“, konstatiert Volker Kuhl, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb. Veltins Fassbiervolumen war im ersten Halbjahr um fast 38 Prozent eingebrochen. Die Fußball-EM, früher ein Absatzturbo, hat Veltins dagegen keinerlei Impulse gegeben.

Mit Flaschenbier und Fassbrause retteten sich die Sauerländer durch die Krise. Veltins konnte seinen Marktanteil im deutschen Handel leicht ausbauen und ist mit 5,6 Prozent die drittstärkste deutsche Biermarke – nach Krombacher und Bitburger. Das zeigen Zahlen des Marktforschers Nielsen. Bei Veltins sank der Umsatz in Gastronomie und Handel 2020 um 4,7 Prozent auf 342 Millionen Euro. Mit dem Ergebnis zeigte sich Huber dennoch zufrieden – ohne Details zu nennen. „Unser Kostenmanagement hat rechtzeitig gegriffen.“

Als Erfolgsgeheimnis von Veltins gilt Kontinuität – beim Management wie beim Bier. „Kein Personalkarussell wie bei Mitbewerbern, keine Experimente in anderen Getränkesparten und keine Übernahme von Brauereien, die die Hauptmarke schädigen“, meint Branchenkenner Walschebauer. Seit einem Vierteljahrhundert regiere Huber das heute 700 Mitarbeiter große Unternehmen mit ruhiger Hand.

Der Generalbevollmächtigte von Veltins führt die Privatbrauerei mit striktem Kostenmanagement und ruhiger Hand durch die Krise. Quelle: Veltins/Volker Wiciok
Michael Huber

Der Generalbevollmächtigte von Veltins führt die Privatbrauerei mit striktem Kostenmanagement und ruhiger Hand durch die Krise.

(Foto: Veltins/Volker Wiciok)

Dabei kommt der Wahl-Sylter eigentlich aus der Logistik. Sein BWL-Studium brach der umtriebige Macher schnell ab. Mit dem Vertrieb von Nüssen bei den Schwartauer Werken begann seine steile Karriere. 1976 wechselte er in die Speditionsbranche. Interspe in Unna baute er mit einem Partner zu einem Milliardenunternehmen auf, das er später verkaufte.

Seit 1995 sitzt Huber im Aufsichtsrat von Veltins. „Brauer lebten damals im Paradies und rechneten nicht damit, dass sich Märkte verändern“, erinnert sich Huber, der die Brauerei – zunächst gegen interne Widerstände – fit für die Zukunft machte. Susanne Veltins, Alleininhaberin in fünfter Braugeneration, lässt ihrem Generalbevollmächtigten dafür weitgehend freie Hand.

Hubers Energie reicht für zwei Unternehmen. Ende Juni gab er nach 16 Jahren die Führung des Arnsberger Leuchtenherstellers Trilux an Hubertus Volmert ab. Huber leitet nun den Aufsichtsrat des Unternehmens mit weltweit mehr als 5000 Mitarbeitern.

Mit Entspannung auf dem Biermarkt rechnet Veltins erst 2023. Sorge bereiten indes Schwierigkeiten bei der Beschaffung. Die Holzknappheit sei in der Brauwirtschaft angekommen und habe zu „wagemutigen Palettenpreisen“ geführt, so Huber. Der Preis für Euro-Paletten habe sich fast verdreifacht. Für die Produktion von Mehrwegkästen wird das Kunststoff-Granulat knapp. Veltins musste deshalb zeitweise Granulat aus Russland heranschaffen. Und selbst bei Weißblech für Kronkorken zeichneten sich Engpässe ab.

„Die Pandemie hat vieles gebremst, nicht aber unsere Investitionen“, betont Huber. Im Frühjahr wurde ein neues Hochregallager für 17 Millionen Euro eröffnet. 100 Millionen Euro fließen in eine neue Abfüllanlage. Zum 200. Firmenjubiläum 2024 will Veltins runderneuert sein.

Mehr: Dramatische Rückgänge in der Bierbranche – Kleine Brauereien kämpfen um Existenz

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