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Familienunternehmen Krise der Weihnachtsmärkte: Der Generationenwechsel bei Käthe Wohlfahrt muss warten

Nach der Insolvenz versetzt die Absage vieler Märkte dem Weihnachtsspezialisten erneut einen schweren Schlag. Das bringt die Zukunftspläne durcheinander.
23.12.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Weihnachten als ganzjähriges Geschäftsmodell: Die dritte Generation arbeitet bereits im Familienunternehmen aus Rothenburg ob der Tauber. Quelle: Käthe Wolfahrt
Kenta, Takuma, Fumiko, Harald und Aska Wohlfahrt (v.l.)

Weihnachten als ganzjähriges Geschäftsmodell: Die dritte Generation arbeitet bereits im Familienunternehmen aus Rothenburg ob der Tauber.

(Foto: Käthe Wolfahrt)

Düsseldorf Den Leipziger Weihnachtsmarkt gibt es seit 1458. Rund 300 Verkaufsbuden mit Stollen bis Erzgebirgsschmuck locken sonst Zehntausende in die historische Altstadt. Schon 2020 wurde der Markt coronabedingt untersagt. „In diesem Jahr hatten wir Marktbeschicker unsere Stände komplett aufgebaut und mit Ware bestückt, dann kam die Absage“, sagt Harald Wohlfahrt, Chef des Weihnachtsspezialisten Käthe Wohlfahrt. Der finanzielle Schaden sei enorm.

Der Unternehmer aus Rothenburg ob der Tauber unterhält ganzjährig Läden und ist sonst auf vielen großen Weihnachtsmärkten weltweit vertreten. In den begehbaren Weihnachtshäusern gibt es Traditionsschmuck von Räuchermännchen bis Christbaumkugeln. „Ziemlich genau ein Drittel unserer Verkaufsstellen auf deutschen Weihnachtsmärkten dürfen dieses Jahr nicht öffnen“, erklärt Wohlfahrt.

Wo das Unternehmen noch Stände geöffnet hat, kommen weniger Besucher, und es ist zusätzlich Personal für die 2G-Einlasskontrolle nötig. Vor den Weihnachtshäusern bilden sich regelmäßig Schlangen. „Viele haben verständlicherweise keine Lust, in der Kälte anzustehen“, sagt Wohlfahrt. Das führe zu Umsatzrückgängen von 20 bis 50 Prozent.

Milliardengeschäft Weihnachtsmarkt

So wie Käthe Wohlfahrt geht es der gesamten Branche. Die bundesweit rund 3000 Weihnachtsmärkte sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Rund 2,88 Milliarden Euro werden dort normalerweise umgesetzt, ermittelte der Deutsche Schaustellerbund.

In Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg, Brandenburg und Thüringen wurden Weihnachtsmärkte kurz vor der Eröffnung verboten. Anderswo dürfen nur Genesene und Geimpfte Glühwein und Bratwurst kaufen. In weiten Teilen Niedersachsens benötigen Besucher zusätzlich einen Coronatest. Im Vergleich zu 2019 erwirtschaften die Standbetreiber dort im Schnitt nur 15 bis 20 Prozent des Umsatzes, teilte der Schaustellerverband Niedersachsen mit.

„Die Lage ist brenzlig bis katastrophal“, sagte der Vorsitzende Kevin Kratzsch. „Unsere Familienbetriebe sind seit nunmehr fast zwei Jahren mit einem Berufsverbot belegt und finanziell am Ende“, konstatiert Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbunds. Weil viele Volksfeste ausfielen, hofften alle auf ein einträgliches Weihnachtsgeschäft.

Im Dezember 2020 musste der weltbekannte Händler und Hersteller von Weihnachtsschmuck Insolvenz per Schutzschirm anmelden. Quelle: obs
Ladengeschäft von Käthe Wohlfahrt

Im Dezember 2020 musste der weltbekannte Händler und Hersteller von Weihnachtsschmuck Insolvenz per Schutzschirm anmelden.

(Foto: obs)

Stattdessen hoffen die Betriebe nun auf ausreichende Hilfen vom Staat. „Anders als 2020, als die Märkte weit im Voraus abgesagt worden waren, haben wir hohe Kosten für Auf- und Abbau“, erklärt Harald Wohlfahrt. Hinzu kommen doppelte Transportkosten für nicht verkaufte Ware, die eingelagert werden muss. „Das ist viel Arbeit bis in den Februar hinein. Deshalb können wir auch keine Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.“

Insolvenz infolge Corona überstanden

Die erneute Absage vieler Weihnachtsmärkte trifft Käthe Wohlfahrt hart. Denn das Familienunternehmen hat gerade erst eine Pleite überstanden. Drei Tage vor Heiligabend 2020 musste der weltbekannte Händler und Hersteller von Weihnachtsschmuck Insolvenz im Schutzschirmverfahren anmelden. Wegen Lockdown und ausbleibender Touristen waren die Umsätze um bis zu 80 Prozent eingebrochen. Der Onlineshop konnte diese Lücken nicht schließen. „Wir leben eben vom Erlebniseinkauf“, sagt Wohlfahrt.

Im März dieses Jahres gelang die Sanierung, 260 von 280 Stellen konnten gerettet werden. Sechs von 22 ganzjährigen Weihnachtsläden mussten schließen. Die Standorte in Großbritannien, Spanien, Frankreich, Belgien und den USA bleiben bestehen.

Eigentlich wollte Harald Wohlfahrt vergangene Weihnachten die Führung an die dritte Generation übergeben. Doch die Coronakrise machte einen Strich durch die Rechnung. „Schließlich will ich das Unternehmen geordnet an meine Kinder übergeben“, sagt der 67-Jährige.

Die drei Geschwister arbeiten bereits im Betrieb. Sohn Takuma soll ihn an der Spitze ablösen. Der 29-Jährige arbeitete zuvor für eine große PR-Agentur in München und leitet nun Marketing und Kommunikation. Seine Schwester Aska, 33, die bei Amazon tätig war, führt den Einkauf. Bruder Kenta, 32, Groß- und Außenhandelsfachwirt mit Erfahrung in Holztechnik, verantwortet die Eigenentwicklung von Weihnachtsschmuck.

Das Weihnachtsgeschäft ist die finanzielle Brücke bis weit ins neue Jahr hinein. Quelle: Käthe Wohlfahrt
Weihnachtshaus von Käthe Wohlfahrt

Das Weihnachtsgeschäft ist die finanzielle Brücke bis weit ins neue Jahr hinein.

(Foto: Käthe Wohlfahrt )

„Den Einstieg ins Familienunternehmen hatten wir uns entspannter vorgestellt“, räumt Takuma Wohlfahrt ein. „Wegen der Oberammergauer Passionsspiele waren wir auf ein Boomjahr eingestellt, es kam ein Krisenjahr.“ Die Pandemie und überstandene Insolvenz war für ihn „eine harte, aber lehrreiche Schule“.

„Bislang war Käthe Wohlfahrt ein sehr gesundes Unternehmen mit einem gut funktionierenden Geschäftsmodell“, betont Harald Wohlfahrt. Seine Eltern Käthe und Wilhelm waren einst aus dem Erzgebirge in den Westen geflohen. Sie merkten, dass US-Soldaten handgeschnitzte Weihnachtskunst liebten, und boten diese seit 1964 ganzjährig auf Basaren an. 1977 eröffneten sie den ersten Laden im fränkischen Rothenburg.

„Familie Wohlfahrt hatte den Mut, Weihnachten ganzjährig zu inszenieren. Da hat sie ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Jochen Rothauge, Direktor Einzelhandel der Manufaktur Meissen.

Aus den USA, Japan oder China pilgern normalerweise jedes Jahr Hunderttausende zu Weihnachtsdorf und Weihnachtsmuseum nach Rothenburg. Käthe Wohlfahrt hat die deutsche Weihnachtskultur in die ganze Welt exportiert. Mitgeholfen hat dabei auch Wohlfahrts japanische Frau Fumiko.

Exporteur der deutschen Weihnacht

Auf Weihnachtsmärkten in der Schweiz, Italien, den USA und Japan laufen die Geschäfte für Käthe Wohlfahrt dieses Jahr trotz Pandemie teilweise besser als 2019. Die ganzjährigen Weihnachtsläden dagegen verzeichneten bis einschließlich September ein Umsatzminus von 60 Prozent. Über den Umsatz schweigt Unternehmer Wohlfahrt. „Die Überbrückungshilfe III hat uns über den Sommer geholfen“, sagt er nur.

November- und Dezemberhilfen bekam der Mischbetrieb aus stationären Läden und saisonalen Ständen 2020 jedoch nicht. „Sonst hätten wir die Insolvenz sicher vermeiden können“, so Wohlfahrt.

Nun hofft er, dass nicht nur sämtliche Kosten für die kurzfristige Absage der Weihnachtsmärkte vom Staat erstattet werden, sondern auch der Umsatzausfall. Denn das Weihnachtsgeschäft ist die finanzielle Brücke bis weit ins neue Jahr hinein.

Normalerweise erstatten Überbrückungshilfen bei Umsatzeinbrüchen von mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 2019 die laufenden Fixkosten. Weihnachtsmarktbeschicker mit einen Umsatzeinbruch von mindestens 50 Prozent sollen darüber hinaus 50 Prozent der Fixkostenerstattung als Eigenkapitalzuschuss erhalten. Für Familie Wohlfahrt eine wichtige Hilfe, aber angesichts der tiefen Krise nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Trotzdem will die Familie nicht aufgeben, was sie ein halbes Jahrhundert aufgebaut hat. „Wir wollen Unternehmen und Arbeitsplätze erhalten“, betonen Takuma und Harald Wohlfahrt. Sie hoffen, dass 2022 die ausländischen Touristen wiederkommen, um die deutsche Weihnachtstradition zu erleben.

Mehr: Warum bei Schoko-Weihnachtsmännern die Margen wegschmelzen

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