Fashion Week Berlin Show and Order

Models gehen auf der Fashion Week Berlin wieder reihenweise über den Catwalk.
Düsseldorf Am Dienstag ist es wieder so weit: Im großen weißen Zelt am Brandenburger Tor starten die Modenschauen der Fashion Week in Berlin. Vom Vormittag bis in den späten Abend hinein laufen die Models für Dutzende von Designern vor reichlich Prominenz. Fernsehteams, Modefotografen und Blogger sorgen für den nötigen bundesweiten Wirbel.
Nicht nur beim Glamour hat sich Berlin an die Spitze der deutschen Modestädte gesetzt. Auch bei den Messen hat die Hauptstadt inzwischen den Konkurrenzkampf mit dem Erzrivalen Düsseldorf gewonnen. Die „Panorama“ glänzt mit einer Rekordzahl von 715 Kollektionen in diesem Jahr. Sie gehört mit der Berliner „Premium“ zu den größten deutschen Modemessen.
„Berlin ist wichtig als Trendsetter für Deutschland, den zweitwichtigsten Modemarkt in Europa nach Italien“, sagt Klaus Brinkmann anerkennend. Solche Worte sind nicht selbstverständlich. Denn der geschäftsführende Gesellschafter der Bugatti-Gruppe aus Herford ist Sprecher der Initiative Fashion Net, die für den Modestandort Düsseldorf kämpft. „Vor allem deutsche Einkäufer holen sich in Berlin die ersten Eindrücke von der neuen Mode“, räumt er ein. Nach dem jahrelangen Konkurrenzkampf zwischen der wieder erstarkten Modemetropole Berlin und der alten Modediva vom Rhein kehrt eine neue Sachlichkeit ein. Beide Städte haben sich mit den neuen Kräfteverhältnissen in der Modewelt arrangiert:
Berlin präsentiert die aktuelle Mode junger deutscher und internationaler Designer und die ersten Teile der Kollektionen von Mainstream-Marken wie Tom Tailor oder S.Oliver. Düsseldorf konzentriert sich vor allem auf seine 800 Showrooms der Modefirmen. Dort treffen sich die Einkäufer nach der Fashion Week Ende Januar, um die neuen Kollektionen zu ordern.
Die neue Rollenverteilung beschreibt Elisabeth Schwaiger, Chefdesignerin der Münchener Marke Laurèl, so: „In Berlin erzielen wir mit der Fashion Show eine enorme Medienwirkung.“ Sie meint die hohe Dichte an Fernsehteams, Modemagazinen und Fotografen. Die Bilder und Videos von der Schau am Brandenburger Tor liefern den Stoff für die sozialen Netzwerke. Aber das Geschäft läuft woanders. „In der Firmenzentrale in München und im Showroom in Düsseldorf sehen die Kunden erstmals die komplette Kollektion und schreiben da ihre Aufträge“, sagt Schwaiger. Deshalb beschränkt sich das Label in Berlin auf seine Modenschau und hat seinen Auftritt auf der „Panorama“ gestrichen.
Die Rollenverteilung zwischen Berlin und Düsseldorf zwischen Show-/Messe- sowie Orderplattform ist ungewöhnlich in der internationalen Modewelt. Andere europäische Länder haben mit Paris, Mailand oder London nur ein einziges überragendes Zentrum für die Modebranche. Hier finden die Schauen sowie das Geschäft statt. Das heutige Duopol in Deutschland ist aus der Historie entstanden. Düsseldorf wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Modemetropole des geteilten Landes. Hier entstand die größte Modemesse der Welt CPD, die in ihren guten Zeiten das gesamte Messegelände belegte. Doch wegen der hohen Messekosten und dem wachsenden Tempo in der Modebranche investierten immer mehr Marken in eigene Showrooms. Dort können sie erstens ihre gesamte Kollektion und zweitens nicht nur zu Messezeiten zeigen. Das war der Tod der CPD.
Der deutschen Branche fehlte deshalb ein Spektakel als Branchentreffpunkt mit Modenschauen und Promi-Treff. Berlin bemüht sich, diese Lücke - seit 2007 mit Hilfe des Sponsors Mercedes-Benz – mit seiner Fashion Week zu füllen. Heute ist sie die Klammer für die Modenschauen und rund ein Dutzend großer und kleinerer Messen. Doch in Berlin fehlen nach wie vor die ganz großen internationalen Marken, ob auf dem Laufsteg oder in den Messehallen – auch beim Publikum. So hat Marc O’Polo seinen Messeauftritt bei der Fashion Week reduziert, auch „weil der Anteil an internationalen Besuchern nicht groß genug war“, wie Alexander Gedat, Chef des bayerischen Unternehmens, erklärt.
Berlin strengt sich mächtig an, die Internationalität der Besucher zu steigern. „Im laufenden Kalenderjahr wird die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung die Modebranche wieder mit rund einer Million Euro unterstützen“, erklärt die Senatorin Cornelia Yzer. Düsseldorf muss mit weniger auskommen. „Insgesamt gibt die Stadt rund 400.000 Euro jährlich aus, um die Modebranche zu fördern“, sagt Uwe Kerkmann, Leiter der Wirtschaftsförderung.
Ob das reicht, um die Zukunft der Standorte zu sichern, muss sich zeigen. Denn die Kunden der Modemessen, die Textilhändler, müssen sparen, auch beim Messeauftritt. 2015 sorgte zum zweiten Mal hintereinander ein milder Herbst für ein schlechtes Geschäft. „Der Umsatz wird nach ersten Berechnungen auf dem Vorjahresniveau von rund 61 Milliarden Euro stagnieren“, räumt Siegfried Jacobs ein, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes des Deutschen Textileinzelhandels. Umso wichtiger ist es, mehr internationale Kunden nach Berlin zu holen. Brinkmann glaubt, dass dies lange dauern. Aber: „Die deutsche Modebranche kann neue internationale Kunden nur über die Fashion Week in Berlin gewinnen“, sagt der Kämpfer für Düsseldorf.