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Lufhansa-Flugzeuge am Boden

Dem Luftverkehr in Europa droht der komplette Zusammenbruch - die Airlines brauchen womöglich Staatshilfe.

(Foto: dpa)

Flugausfälle wegen Coronavirus Die Luftfahrt bittet die Regierungen um Hilfe

Immer mehr Staaten riegeln sich wegen des Coronavirus ab, die Flotten der Airlines bleiben größtenteils am Boden. Staatshilfen rücken näher.
15.03.2020 - 16:33 Uhr Kommentieren

Berlin, London Wenn Vertreter der Luftfahrtindustrie am Montag beim „Branchendialog Luftfahrt zum Coronavirus“ mit Thomas Jarzombek, dem Luftfahrtkoordinator der Bundesregierung, zusammenkommen, wird es vor allem um eines gehen: Wie kann der Staat der immer heftiger gebeutelten Branche helfen? Dabei ist nichts mehr ausgeschlossen, auch Liquiditätshilfen nicht.

Die Luftfahrtbranche stehe vor „einer Krise globalen Ausmaßes wie nie zuvor“, erklärte Alex Cruz, der Chef von British Airways (BA) in einer internen Botschaft an die Belegschaft, die in britischen Medien kursiert. Der dramatische Titel seiner Mitteilung: „Das Überleben von British Airways“. BA werde Stellen streichen, Routen aufgeben und Flugzeuge stilllegen müssen.

„Einige von uns haben in der Branche gearbeitet zu Zeiten der Finanzkrise, der Sars-Epidemie und 9/11. Was derzeit infolge von Covid-19 passiert, ist schlimmer als jeder andere dieser Vorfälle“, so Cruz.
Von Tag zu Tag wird die Situation im Luftverkehr verheerender. Immer mehr Staaten schließen ihre Grenzen, in der Hoffnung, so die Ausbreitung der neuartigen Lungenkrankheit Covid-19 zu verlangsamen.

Die niederländische KLM will wegen Corona 2000 Stellen streichen, Kurzarbeit ist angesagt. Die polnische LOT etwa, deren Mutter PGL gerade dabei ist, die deutsche Condor zu übernehmen, muss wegen der Grenzschließung vorübergehend den Betrieb einstellen. Auch die Jets von Air Baltic heben vorerst nicht mehr ab. Easyjet und Ryanair streichen massiv Verbindungen, die österreichische Ryanair-Tochter Laudamotion steht nahezu.

Lufthansa kündigte am Wochenende an, in den kommenden Wochen bis zu 70 Prozent der Flüge aus dem Angebot zu nehmen. Eine noch weitere Reduzierung des Flugplans je nach Entwicklung wird in Konzernkreisen nicht ausgeschlossen, bis hin zur weitgehenden Einstellung des Flugbetriebs. Dem Luftverkehr in Europa droht der komplette Zusammenbruch.

Die Streichorgie bringt die Branche in die Bredouille: So schnell, wie die Erlösquellen wegbrechen, können die Kosten gar nicht gesenkt werden. Auch wenn BA finanziell stark sei und über eine solide Bilanz verfüge, stehe das Unternehmen „unter immensem Druck“, warnt CEO Cruz.

Lufthansa will deshalb vorbeugend mit den Regierungen in den Heimatländern der Airlines über eine mögliche Unterstützung sprechen, sofern diese nötig werden sollte. Das erklärte CEO Carsten Spohr in einer internen Botschaft. Gemeint sind damit auch Liquiditätshilfen.

„Die Ausbreitung des Coronavirus trifft die Luftfahrtbranche besonders hart“, sagte der Luftkoordinator Jarzombek dem Handelsblatt. „Gesunde Unternehmen geraten völlig unverschuldet in Finanznöte. Deshalb hat die Bundesregierung einen Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen aufgespannt: Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld und unbegrenzte Liquiditätshilfen für betroffene Unternehme“, so Jarzombek. „Unser Ziel ist es, Unternehmen mit ausreichend Liquidität auszustatten, damit sie gut durch die Krise kommen“, betonte er.

Am Beispiel Lufthansa lässt sich das Elend der Branche gut aufzeigen. Die nach Umsatz größte europäische Fluggesellschaft hat in den vergangenen Jahren die Bilanz gestärkt. Mit 8,7 Milliarden Euro lagen die Nettofinanzschulden – also die Finanzverbindlichkeiten abzüglich der Barmittel – Ende des dritten Quartals 2019 unterhalb des Eigenkapitals. Keine andere der großen Netzwerkanbieter in Europa hat einen solch guten Wert. Und der dürfte sich seit dem Ende des dritten Quartals sogar noch weiter verbessert haben.

Lufthansa streicht Dividende

In den zurückliegenden Wochen hat der Konzern zusätzliche Mittel in Höhe von rund 600 Millionen Euro aufgenommen. Nach Angaben des Unternehmens verfügt die Gruppe damit nun über liquide Mittel von rund 4,3 Milliarden Euro. Dazu gesellen sich bislang ungenutzte Kreditlinien von rund 800 Millionen Euro. Das heißt: Aktuell braucht das Unternehmen keine Liquiditätshilfen. Doch wie alle Airline-Manager schließt auch Spohr nicht aus, dass sich die Krise noch über Monate hinziehen kann. Dann könnte das Thema Liquiditätshilfen schnell akut werden.

Bis dahin versucht die „Hansa“, das Geld zusammenzuhalten. So will der Vorstand der Hauptversammlung vorschlagen, die Dividende für das Jahr 2019 zu streichen. Es ist zwar nicht durch Corona belastet und verlief wie erwartet, wie die ersten am Samstag publizierten Eckdaten zeigen. Danach erreichte der Konzern 2019 ein bereinigtes Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 2,026 Milliarden Euro. Die entsprechende Ebit-Marge lag bei 5,6 Prozent und damit am unteren Ende der zuletzt prognostizierten Spanne von 5,5 bis 6,5 Prozent.

Allerdings müsse sich das Unternehmen angesichts des Finanzausblicks und der außergewöhnlichen Krisensituation in der Luftfahrtbranche auf die Sicherung der Liquidität fokussieren, wird die Aussetzung der Dividende in einer Mitteilung begründet. Daneben will die „Hansa“ die eigene Flotte für die Aufnahme weiterer Mittel nutzen. 86 Prozent der Flugzeuge gehören dem Konzern selbst. Laut Unternehmensangaben sind davon wiederum 90 Prozent unbelastet, sie sind also nicht beliehen. Buchwert: zehn Milliarden Euro.

„In der aktuellen Situation sollte der Ausfall der Dividende keinen überraschen, und das Liquiditätspolster schafft Vertrauen, dass das Unternehmen sicher durch die kommenden Wochen steuern wird“, schrieb daraufhin Daniel Röska von Bernstein Research.

Doch klar ist auch: In dieser schweren Krise ist der Abfluss der Mittel rasant. Denn das Virus beschert der Branche Einschnitte, wie es sie nie zuvor gab. Hinzu kommt: Lufthansa mag alleine wegen der Größe robuster sein. Die Krise trifft aber auch viele kleine Unternehmen, etwa Flughäfen oder auch Anbieter wie die Firma Zeitfracht mit ihren Airlines WDL und LGW. Beide arbeiten unter dem Namen German Airways und fliegen im Auftrag anderer, etwa für die Lufthansa-Tochter Eurowings. Auch sie leiden massiv unter den Flugstreichungen.

Jarzombek weiß um die Dramatik: „Momentan verändert sich die Lage sehr dynamisch.“ Beim Branchendialog Luftfahrt wolle er aus erster Hand hören, wie die Situation eingeschätzt werde. „Gemeinsam mit Vertretern der Branche und der Gewerkschaften werden wir die Lage analysieren. Dabei werden wir natürlich mögliche Liquiditätshilfen und die Ausgestaltung des Kurzarbeitergeldes für die Branche diskutieren.“

Ein weiteres Thema ist die von April an geplante Erhöhung der Ticketsteuer. „Die Bundesminister Altmaier und Scholz haben bei ihren Maßnahmen zur Erleichterung für Unternehmen die Luftverkehrssteuer ausdrücklich genannt. Steuern können gestundet werden, Vorauszahlungen können leichter angepasst werden und es wird auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge verzichtet“, so Thomas Jarzombek.

Die Slot-Vorgaben an den regulierten Flughäfen hat die EU-Kommission schon einmal ausgesetzt. Sie besagen, dass Fluggesellschaften jene Start- und Landefenster, die sie an belasteten Flughäfen zugewiesen bekommen, während einer Flugsaison (Sommer- oder Winterflugplan) zu 80 Prozent nutzen müssen, sonst verfallen diese. Das gilt jetzt bis Ende Juni nicht mehr, was Jarzombek begrüßt.

Jarzombek fordert nun eine weltweite Solidarität aller Länder. Die Weltgesundheitsorganisation WHO habe das Coronavirus als weltweite Pandemie eingestuft. „Es hilft nicht, die Schuld bei anderen Regierungen zu suchen.“ Man müsse gemeinsam gegen die Ausbreitung kämpfen, jeder Einzelne könne einen Beitrag leisten und sich verantwortungsvoll verhalten. Die USA hatten in der vergangenen Woche ein Einreiseverbot für die meisten Europäer ausgesprochen.

Mehr: Einreiseverbote und Flugausfälle – wann gibt es Entschädigung?

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