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Flugbranche Germania-Insolvenz: 100 Piloten der Pleite-Airline sollen eine Million Euro zahlen

Die schlechten Nachrichten bei Germania reißen nicht ab: Nach der Pleite im April haben etwa 1700 Mitarbeiter ihren Job verloren. Jetzt sollen auch noch die Piloten zahlen.
02.07.2019 - 11:23 Uhr Kommentieren
Der Insolvenzverwalter fordert insgesamt eine Million Euro von den Piloten. Quelle: dpa
Fluggesellschaft Germania

Der Insolvenzverwalter fordert insgesamt eine Million Euro von den Piloten.

(Foto: dpa)

Düsseldorf, Frankfurt Böse Überraschung für ehemalige Piloten der Germania: Der Insolvenzverwalter will Geld von ihnen. Zum Teil geht es um höhere fünfstellige Beträge. Insgesamt beläuft sich der Betrag auf eine Million Euro. „Dies betrifft knapp 100 Piloten“, sagte ein Sprecher des Germania-Insolvenzverfahrens dem Handelsblatt. Der Branchendienst Airliners.de hatte zuerst über die Forderungen gegenüber den Piloten berichtet.

Konkret geht es um Darlehen zur Finanzierung der Type Ratings. Das ist eine Lizenz für ein bestimmtes Flugzeug. Alleine die Ausbildung zum Piloten berechtigt noch nicht dazu, ein Verkehrsflugzeug zu fliegen. Dazu braucht der Flugzeugführer erst noch die entsprechende Flugzeug-Lizenz. Häufig gilt: Ein Pilot hat die Lizenz für maximal zwei Flugzeugtypen. Mehr ist nicht sinnvoll, denn die Lizenz ist temporär. Wenn er das entsprechende „Flugzeugmuster“ nicht regelmäßig fliegt, verfällt diese wieder.

In der Branche ist es durchaus üblich, dass Fluggesellschaften die Ausgaben dafür vorfinanzieren. Das gilt gerade zu Beginn der Karriere eines Piloten. Schon die allgemeine Ausbildung wird in der Regel über ein Darlehen – häufig vom künftigen Arbeitgeber – finanziert, weil noch die entsprechenden Einkünfte fehlen. Ähnlich wird beim Type Rating verfahren. Das Darlehen wird dann über mehrere Jahre mit dem laufenden Gehalt bedient.

Im Fall der Germania-Piloten ging dieser Plan nicht auf. Anfang des Jahres 2019 zeichnete sich ab, dass die Airline massive finanzielle Probleme hat. Im Januar verzögerte sich bereits die Auszahlung von Gehältern. Nur durch eine Finanzspritze von 15 Millionen Euro konnte Germania die Insolvenz kurzzeitig abwenden. Verhindern ließ sich die Pleite trotzdem nicht: Anfang Februar beantragte die Germania beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenz und stellte umgehend den Flugbetrieb ein.

Danach versuchte der Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg, die Fluggesellschaft im Rahmen eines vorläufigen Insolvenzverfahrens zu retten. Doch auch er scheiterte mit der Suche nach Investoren, so dass der Geschäftsbetrieb zum 1. April 2019 komplett eingestellt und Mitarbeiter entlassen wurden. Seitdem erhalten Germania-Beschäftigte kein Gehalt mehr.

Rechtslage ist nicht eindeutig

Viele der Piloten sind bis dato arbeitslos. Sie trifft die Forderung des Insolvenzverwalters deshalb besonders hart. Vor allem unter der Berücksichtigung, dass sie kaum eine Wahl hatten, als sie sich für den Kurz- und Mittelstreckenjet der A320-Familie lizenzieren ließen. Denn Germania hatte vor, die komplette Flotte auf diesen Jet umzustellen. Ohne ein entsprechendes Type-Rating hätten die Germania-Piloten womöglich ihren Job verloren.

Die Rechtslage ist alles andere als eindeutig. Experten zweifeln daran, dass Wienbergs Forderungen berechtigt sind. Die Musterberechtigung gelte nur für ein bestimmtes Flugzeug und berechtige gerade nicht zur Führung aller Verkehrsflugzeuge. „Es werden die Gestaltungsgrenzen überspannt, da einzelne Piloten letztendlich das Insolvenzrisiko übernehmen“, so Sascha Borowski von der Kanzlei Buchalik Brömmekamp aus Düsseldorf. Es sei gut möglich, dass die Ex-Germania-Piloten ihre Berechtigung gar nicht weiterverwenden dürfen, da andere Airlines andere Lizenzen verlangen.

Tatsächlich kann das Type-Rating als eine Art interne Qualifizierung für ein spezielles Flugzeugmuster bei einer speziellen Airline angesehen werden. Als etwa Air-Berlin-Piloten nach der Insolvenz zur Lufthansa-Tochter Eurowings oder dem britischen Billiganbieter Easyjet wechselten, mussten sie trotz vorhandenem Type-Rating für die auch dort eingesetzten Flugzeuge der A320-Familie zunächst eine weitere Schulung absolvieren.

Denn jede Airline hat eigene Abläufe. Auch ist bei anderen Airline-Insolvenzen – etwa der von Air Berlin – nicht bekannt, dass eventuell ausgezahlte Darlehen für das Type-Rating zurückgefordert wurden. Borowski rät deshalb den Piloten von Germania, nicht vorschnell zu zahlen und sich rechtlich beraten zu lassen.

Unabhängig vom Ausgang für die Piloten: Es ist bereits absehbar, dass der Fall Germania den Insolvenzverwalter noch lange beschäftigen wird. Der Fall sei komplex, ein schneller Abschluss nicht zu erwarten, teilte Wienberg mit. Deshalb müssen sich auch Gläubiger noch in Geduld üben.

Allein rund 600.000 Fluggäste sollen Flüge gebucht und bezahlt haben, die schließlich gecancelt wurden. Die Frist, bis sie und andere Germania-Gläubiger Forderungen anmelden können, ist abgelaufen: Nur bis Ende Juni konnten sie sich beim Insolvenzverwalter registrieren lassen. Wie viele Gläubiger Ansprüche geltend machen und wie hoch diese ausfallen, konnte der Insolvenzverwalter noch nicht sagen.

Mehr: Der Preiskampf in der Luftfahrtbranche geht weiter. Die Lage in Europa wird auch für größere Anbieter bedrohlich. Sogar Billigairlines leiden.

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