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Friseurprodukte Wild Beauty will mit personalisiertem Shampoo Wella und Schwarzkopf angreifen

Noah Wild ist exklusiver Vertriebspartner des US-Konzerns Paul Mitchell. Nun entdeckt der Unternehmer ein neues, attraktives Geschäftsfeld: individuell gemischte Haarpflege.
30.08.2021 - 04:07 Uhr Kommentieren
Das Shampoo berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse der Kundinnen – hat dementsprechend aber auch seinen Preis. Quelle: Wild Beauty
Shampoo der Marke Yours Truly

Das Shampoo berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse der Kundinnen – hat dementsprechend aber auch seinen Preis.

(Foto: Wild Beauty)

Düsseldorf Für viele Friseure ist der Verkauf von Pflegeprodukten eine wichtige zweite Einnahmequelle. Doch als die Salons im Lockdown geschlossen waren, haben sich viele Kunden daran gewöhnt, ihr Shampoo oder den Conditioner wieder in der Drogerie zu kaufen – zu einem Bruchteil des Preises.

Nun müssen die Friseure ihre Kunden wieder mühsam davon überzeugen, für ein Profi-Produkt bei ihnen mehr als das Dreifache auszugeben. „Das ist ein ganz wichtiges Zusatzgeschäft“, bestätigt Sylvia Fischer, die in München den Salon „House of Hair“ betreibt. Bei manchem Friseur entscheidet es über Gewinn oder Verlust.

Der Unternehmer Noah Wild will den Friseuren jetzt ein wichtiges Argument in diesen Gesprächen mit den Kunden liefern: Ein Shampoo, das individuell auf die Bedürfnisse der weiblichen Kunden zugeschnitten ist, zusammengemischt aus bis zu 50 möglichen Komponenten in der Manufaktur seines Unternehmens „Wild Beauty“ in Seeheim-Jugenheim.

„Der Fachhandel sitzt in der Vergleichbarkeitsfalle, er hat zu wenig Exklusivität“, sagt Wild. Damit gerate er in die direkte Konkurrenz nicht nur zu den Drogerien, sondern auch zum Onlinehandel. „Er muss etwas bieten, was kein anderer hat.“

Für Wild Beauty ist die Kooperation mit den Friseursalons von zentraler Bedeutung. Die sollen die Kunden beraten und mit ihnen gemeinsam einen Fragebogen ausfüllen, nach dem dann das Produkt im Werk zusammengestellt und dem Kunden geschickt wird. Der Anreiz für den Friseur: Immer, wenn ein Shampoo von einem Kunden aus seinem Postleitzahlenbezirk gekauft wird, erhält er eine Provision.

Lobbyarbeit im Lockdown

Die enge Partnerschaft mit den Friseuren hat bei Wild Beauty lange Tradition. 1994 gründete Noahs Vater Reinhold Wild das Unternehmen als exklusiven Vertriebspartner von Paul Mitchell, einer Haarpflegemarke, die ausschließlich in Friseursalons vertrieben wird.

2004 trat Noah Wild in den Vorstand ein und kümmerte sich als Erstes um einen Relaunch des Internetauftritts. Seit dem Tod des Vaters 2017 führt er das Unternehmen gemeinsam mit seiner Schwester Mira.

Eine enge Beziehung zu Friseursalons hat bei Wild Beauty lange Tradition. Quelle: Wild Beauty
Herstellung der Pflegemittel fürs Haar

Eine enge Beziehung zu Friseursalons hat bei Wild Beauty lange Tradition.

(Foto: Wild Beauty)

Mit einem Nettoumsatz von rund 28 Millionen Euro ist das Unternehmen heute nach L’Oréal, Wella und Goldwell fast gleichauf mit Schwarzkopf, der Nummer fünf im Marktsegment der Friseurprodukte. Dabei ist Wild Beauty das einzige Unternehmen, dessen Produkte ausschließlich über Friseursalons vertrieben werden.

Und das wird auch so bleiben: 2004 hat John Paul DeJoria, Chef und Mitgründer von John Paul Mitchell Systems (JPMS), seinen Firmenanteil in eine Stiftung überführt, die sicherstellt, dass die Anteile nicht verkauft werden können und der exklusive Verkauf über Friseursalons für 360 Jahre garantiert wird. Mit diesem Geschäft macht JPMS mittlerweile einen Umsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar.

Die Bindung an die Friseure hat sich nicht nur in der Zeit der Coronakrise bewährt, als Noah Wild durch intensive Lobbyarbeit über die Verbände mit dazu beigetragen hat, dass die Betriebe in der zweiten Welle nicht wieder schließen mussten. Sie ist auch ein wichtiger Faktor beim Verkauf der personalisierten Produkte, die Wild unter dem Namen „Yours Truly“ anbietet.

Vertriebsnetz von 5000 Friseuren

„Anders als Marken, die sich online direkt an Endkunden wenden, müssen wir uns die Kunden nicht für viel Geld kaufen“, erklärt Noah Wild. „Wir haben ein Vertriebsnetz von 5000 Friseuren.“ Deswegen verdiene das Unternehmen mit jedem Kunden schon beim ersten Kauf Geld.

Auch die Idee der personalisierten Pflegeprodukte wurde in enger Abstimmung mit dem Friseurhandwerk entwickelt. Konstantin Schick, der einen Friseursalon in Seeheim-Jugenheim führt, war einer der Unternehmer, die von Anfang an dabei waren. „In der Entwicklung haben wir zigmal Rezepturen verworfen, weil sie nicht unseren Ansprüchen genügt haben“, erzählt er. „Wir wollten ein Produkt entwickeln, hinter dem wir hundertprozentig stehen und das wir authentisch an die Kunden bringen können.“ Wild Beauty habe dabei immer die Qualität und Nachhaltigkeit in den Vordergrund gestellt.

Schick setzt große Hoffnungen in die personalisierten Produkte. „Wir zelebrieren das ja schon seit Jahrzehnten im Bereich der Haarfarbe“, sagt er. „Wenn jemand glücklich ist mit seiner Haarfarbe, dann wechselt er nicht so einfach seinen Stylisten.“ Dies glaubt er auch auf die anderen Pflegeprodukte übertragen zu können.

Auch Friseurin Sylvia Fischer sieht gute Chancen für personalisierte Produkte. In ersten Gesprächen mit ihren Kundinnen hat sie großes Interesse dafür gespürt. Immer mehr Kundinnen interessierten sich sehr genau für die Inhaltsstoffe und die Bereitschaft wachse, für ein genau passendes Produkt auch mehr Geld auszugeben.

Paul Mitchell arbeitet auch an Personalisierung

Das müssen sie auch. Der Preis für ein individualisiertes Shampoo der Marke Yours Truly mit einem Inhalt von 200 Millilitern beginnt bei 29 Euro. Und dass das Geschäft kein Selbstläufer ist, musste bereits die Kosmetikmarke Rituals erleben. Auch sie hatte den Verkauf von individuell gemischten Shampoos gestartet, aber nach kurzer Zeit wieder eingestellt.

In den USA dagegen boomt das Modell aktuell. So hat das Unternehmen Function of Beauty, das personalisierte Haar- und Körperpflege anbietet, vor Kurzem eine 150-Millionen-Dollar-Finanzierung vom Private-Equity-Unternehmen L Catterton erhalten.

Der Sohn des Firmengründers führt das Unternehmen mittlerweile gemeinsam mit seiner Schwester Mira. Quelle: Wild Beauty
Noah Wild

Der Sohn des Firmengründers führt das Unternehmen mittlerweile gemeinsam mit seiner Schwester Mira.

(Foto: Wild Beauty)

„Bei der Personalisierung steht nicht das nächste Produkt im Vordergrund. Vielmehr ermöglicht sie ein ganz neues Geschäftsmodell“, sagt Wild. „Mit Yours Truly haben wir, aber auch die Friseursalons die Möglichkeit, ganz neue Kunden zu gewinnen“, hofft er. Geplant ist, künftig zehn bis 20 Prozent des Umsatzes mit personalisierten Produkten zu machen.

Ein weiterer Vorteil für die Salons: Bei anderen Marken müssen sie erst die Produkte kaufen und sich ins Regal stellen – in der Hoffnung, sie auch zu verkaufen. Das war gerade in der Coronakrise eine zusätzliche Belastung. „Der Lockdown hat das zentrale Problem vieler Geschäfte offengelegt: Sie haben zu viel Kapital in Ware gebunden“, sagt Wild. Für den Vertrieb der Produkte von Yours Truly dagegen müssen sie keine Investitionen tätigen.

Ganz zentral aber ist für Unternehmer Wild: Sein wichtigster Geschäftspartner, John Paul Mitchell Systems, steht voll hinter der Entwicklung der personalisierten Produkte und ist selber an dem Geschäft interessiert.

„Heutzutage wird es für Marken wichtiger denn je, den sich ständig ändernden Erwartungen der Verbraucher gerecht zu werden“, sagt Jason Yates, der bei JPMS das globale Tagesgeschäft verantwortet. „Personalisierung ist kein Trend, sondern eine neue Erwartung, von der wir glauben, dass sie bei den Verbrauchern weiter an Dynamik gewinnen wird.“

JPMS arbeite bereits daran, eine Lösung zu finden, wie sie in diesem sehr wichtigen Geschäft eine Rolle spielen können, betont er. Unternehmer Wild wäre darauf vorbereitet. Er hat Yours Truly bereits in ein eigenes Unternehmen ausgegliedert, an dem sich der Konzern JPMS bei Interesse beteiligen könnte.

Mehr: Kosmetik ohne Klimaschäden – wie L’Oréal sein Nachhaltigkeitsziel verschärft

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