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Gabriels Kampf um die Edeka-Tengelmann-Fusion „Nichts Geheimnisvolles“

Der Wirtschaftsminister schlägt zurück: An den Vorwürfen des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Ministererlaubnis für Edeka/Tengelmann sei nichts dran, sagt Sigmar Gabriel. Dennoch bleiben Zweifel.
13.07.2016 - 19:00 Uhr Kommentieren
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel: Von Geheimgesprächen kann nicht die Rede sein. Quelle: dpa
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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel: Von Geheimgesprächen kann nicht die Rede sein.

(Foto: dpa)

Zu Beginn der Pressekonferenz versucht der Bundeswirtschaftsminister, die Situation mit einem Scherz zu entspannen: Er sei etwas zu spät gekommen, weil er den Journalisten den Anblick seines Urlaubsoutfits habe ersparen wollen, sagt Sigmar Gabriel. Dann wird es ernst, Gabriel bezieht Stellung zum Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf in der Kartellrechtssache Edeka/Tengelmann.

Ganz gegen seine sonstigen Gepflogenheiten liest er seine Erklärung über weite Strecken vom Blatt ab. Nach Darstellung Gabriels enthält der Beschluss des Gerichts „eine Reihe falscher Tatsachenbehauptungen“. Und außerdem, so seine zentrale Botschaft, ist aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar, dass der Erhalt von Arbeitsplätzen nicht im Interesse des Gemeinwohls stehen soll. Er wolle gegen den Beschluss des Gerichts „auf jeden Fall“ Rechtsmittel einlegen, kündigt der Minister selbstbewusst an.

Gabriel steht unter Druck. Er will seine umstrittene Ministererlaubnis für die Übernahme von Tengelmann durch Edeka retten. Dazu unterbricht er seinen Urlaub. Der Wirtschaftsminister wollte die Woche ungestört auf der Nordseeinsel Amrum verbringen, doch seit dem Machtwort der Düsseldorfer Richter vom Dienstag ist die Ferienfreude dahin.

Gabriels Verhalten im Ministererlaubnisverfahren begründe „die Besorgnis der Befangenheit und fehlenden Neutralität“, heißt es förmlich in dem Beschluss des OLG im einstweiligen Rechtsschutz. Die Edeka-Konkurrenten Markant und Rewe hatten den Beschluss erwirkt, der aufschiebende Wirkung hat. Bis zur endgültigen Entscheidung ist die Übernahme der Tengelmann-Supermärkte durch Edeka somit blockiert.

Der Vorwurf der Richter, Gabriel sei befangen gewesen, fußt auf der Behauptung, er habe zwei Sechsaugengespräche mit den Chefs von Edeka und Tengelmann, Markus Mosa und Karl-Erivan Haub, geführt. Diese Gespräche seien nicht ordnungsgemäß protokolliert worden und daher auch nicht Bestandteil der Akten geworden. Gabriel weist das zurück. Weder die im Beschluss des Gerichts genannten Termine seien korrekt, noch sei es die Zusammensetzung der Treffen.

Gabriel will dem Eindruck entgegenwirken, er habe höchstpersönlich hinter verschlossenen Türen mit den Antragstellern gedealt. Es habe zwar zwei Treffen mit den Spitzenmanagern der beiden Unternehmen gegeben, es seien jedoch seitens des Ministeriums stets ein Staatssekretär und der fachlich zuständige Beamte, der inzwischen in den Ruhestand gewechselte Christian Dobler, mit dabei gewesen. „Es hat nichts Geheimnisvolles stattgefunden“, sagt Gabriel. Die Gespräche seien „üblich, möglich und zulässig“ gewesen.

Nach Darstellung Gabriels hat Rewe über die Inhalte der Gespräche per Akteneinsicht Kenntnis erlangt. Rewe widerspricht dieser Darstellung: „Die Aussage von Gabriel, Rewe sei durch Akteneinsicht über die Gespräche informiert worden, ist falsch“, sagte Rewe-Sprecher Martin Brüning. Das Unternehmen hatte das Ministerium am 21. Januar 2016 schriftlich um vollständige Akteneinsicht gebeten, weil es in den Unterlagen keine Vermerke zu den Gesprächen gefunden hatte. „Schon zu diesem Zeitpunkt haben wir in Zweifel gezogen, dass es ohne diese Akteneinsicht ein faires und unbefangenes Verfahren gibt“, so Brüning.

In einem Schreiben vom 22. Januar, das dem Handelsblatt vorliegt, teilte die Behörde mit: „Ein Vermerk zum Gespräch von Herrn Bundesminister Gabriel mit Herrn Mosa am 1. Dezember 2015 sowie weitere Korrespondenz mit den Anmeldern über die Nebenbestimmungen sowie Korrespondenz mit Dritten zu dieser Thematik liegen nicht vor, weshalb in diese keine Akteneinsicht gewährt werden kann.“

Was für den Laien nach einer bloßen Nebensächlichkeit klingen mag, ist für den Bestand der Ministererlaubnis kriegsentscheidend: Das Verfahren ist streng formalisiert, Verfahrensfehler rächen sich bitter.

Es wäre nicht das erste Mal, dass die Düsseldorfer Richter eine Ministererlaubnis aus ähnlichem Grund platzen lassen. Bei Kartellrechtsexperten weckt die aktuelle Entwicklung Erinnerungen an die Übernahme von Ruhrgas durch Eon. Auch damals hatte das Oberlandesgericht moniert, die Anhörung sei nicht ordnungsgemäß verlaufen. Im weiteren Verlauf wurden zusätzliche Formfehler festgestellt. Das Ministererlaubnisverfahren musste daraufhin neu durchgezogen worden. Das OLG Düsseldorf spielt im Kartellrecht eine Schlüsselrolle: Es ist das für den Sitz des Bonner Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht und somit in Kartellfragen das wichtigste deutsche Gericht.

„Eine Konsequenz aus diesem Verfahren wird sein, dass das Wirtschaftsministerium in Zukunft noch genauer auf die Verfahrensregeln achten wird“, sagte Achim Wambach, Vorsitzender der Monopolkommission, dem Handelsblatt. „Das Problem ist, dass wir hier ein rechtliches Verfahren haben. Die Rolle des Ministers ist in diesem Fall eine ganz andere als im Alltagsgeschäft.“ Beim nächsten Verfahren würden sicher alle Gespräche des Ministers mit Verfahrensbeteiligten protokolliert, so Wambach. Die Monopolkommission berät die Bundesregierung in Fragen des Kartellrechts. Die Mitglieder des Gremiums hatten in einem Gutachten einstimmig davon abgeraten, im Falle Edeka/Tengelmann eine Ministererlaubnis zu erteilen. Nachdem Gabriel sich gegen diesen Rat entschieden hatte, trat Daniel Zimmer, der Chef der Monopolkommission, im März von seinem Amt zurück.

Die Anwälte, die den Edeka-Wettbewerber Markant in dem Verfahren vertreten, sehen darin einen eklatanten Verstoß gegen die Regeln. Es habe „kein transparentes Verfahren“ gegeben, sagt Markant-Anwalt Matthias Karl.

Schützenhilfe erhält Minister Gabriel hingegen von Alfred Tacke, ehemals Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. „Ich finde den Vorwurf des Gerichts, es habe geheime Gespräche gegeben, sehr weit hergeholt“, sagte Tacke dem Handelsblatt. Tacke war 2002 zuständig für die Ministererlaubnis bei der Übernahme von Ruhrgas durch Eon. Der damalige Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) hatte das Verfahren an Tacke delegiert, um möglichen Befangenheitsvorwürfen zuvorzukommen. „Dass kein Gesprächsprotokoll vorliegt, kann auch einfach nur heißen, dass bei den Gesprächen keine neuen Erkenntnisse herausgekommen sind“, sagte Tacke.

Gabriel will auch den Vorwurf des Gerichts nicht gelten lassen, die von ihm geforderte Sicherung von Arbeitsplätzen hätte nicht Bestandteil der Ministererlaubnis werden dürfen, da sie nicht dem Gemeinwohlinteresse diene. „Es geht um den Erhalt von 16.000 Arbeitsplätzen“, sagte Gabriel. Das sei ein „ausschlaggebender Grund“ für das Gemeinwohlinteresse. Es sei für ihn „nicht nachvollziehbar“, dass die Richter in diesem Punkt das Gemeinwohlinteresse verneinten.

Ein Punkt liegt Gabriel gegen Ende seiner Pressekonferenz noch besonders am Herzen: Er habe in seinem Ministerium „nie eine Weisung erteilt“, den Lobbyisten Klemens Joos über alle Verfahrensschritte auf dem Laufenden zu halten. Entsprechende Berichte seien falsch. „Und weder Herr Joos noch sonst ein Lobbyist hat Einfluss auf unsere Entscheidung gehabt“, sagt Gabriel.

Damit ist für ihn der Fall erledigt. Vorerst zumindest. Nun will er weiter Urlaub machen.

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