Gastronomie Veggie-Burger, mehr Drive-in, weniger Sitzplätze: Burger King krempelt seine Strukturen um

Im weltweit ersten fleischfreien Burger-King-Restaurant in der Kölner Schildergasse bewirbt die Fast-Food-Kette pflanzliche Fleischalternativen.
Köln Vor der Burger-King-Filiale in der Kölner Schildergasse bilden sich seit Montag lange Schlangen. Mit dem Slogan „100 Prozent Geschmack, null Prozent Fleisch“ und digitalen Gutscheinen lockte die Fast-Food-Kette eine Woche lang die Kunden in ihre weltweit erste fleischfreie Pop-up-Filiale.
„Wir haben Umsätze wie sonst an Samstagen“, freut sich Burger-King-Deutschlandchef Cornelius Everke über den Ansturm. Der Fleischersatz für die pflanzlichen Whopper, Nuggets und Nuggetburger kommt vom Hersteller The Vegetarian Butcher, der seit 2018 zu Unilever gehört.
„Jeder fünfte Whopper, den Burger King in Deutschland verkauft, ist bereits pflanzenbasiert“, sagt Everke im Gespräch mit dem Handelsblatt. Vielleicht schon in zwei Jahren könnte sich dieser Anteil verdoppeln. „Wir wollen Vorreiter werden im Veggie-Bereich, denn wir merken, es ist ein Zukunftstrend, der sich rentiert.“ Eines Tages werde Burger King mehr pflanzliche Alternativen verkaufen als Fleisch, ist der Deutschlandchef überzeugt.
Der Fast-Food-Anbieter strebt einen radikalen Imagewandel an. „Bisher hat sich Burger King vor allem über den Preis definiert. Nun gehen wir neue Wege mit pflanzenbasierten Alternativen, unserer Premiumlinie King’s Selection und mit Clean Food“, sagt Everke. Seit Februar verzichtet Burger King weltweit auf Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe und künstliche Aromen.
„Wenn es keine Geschmacksunterschiede mehr gibt, werden immer mehr Leute von Fleisch auf pflanzliche Alternativen umsteigen“, sagt Everke, während er in einen vegetarischen Nuggetburger beißt. Immer mehr Menschen verzichten auf Fleisch, insbesondere junge Leute. Umweltschutz und Tierwohl sind wichtige Beweggründe. Laut dem Ernährungsreport von Veganz bezeichnet sich hierzulande fast jeder Dritte als Flexitarier – eine Person, die sich überwiegend vegetarisch ernährt, aber auch gelegentlich hochwertiges, biologisch produziertes Fleisch zu sich nimmt. Hinzu kommen 3,2 Prozent Veganer sowie je 4,5 Prozent Vegetarier und Pescetarier, die zwar kein Fleisch, aber Fisch essen.
Der Preis für den Whopper mit oder ohne Fleisch ist heute schon gleich. „Perspektivisch kann Fleischersatz sogar günstiger sein“, glaubt Everke, der früher unter anderem als Geschäftsführer bei Starbucks arbeitete. Im April 2020 kam er zu Burger King nach einem Intermezzo als Chef der angeschlagenen Restaurantkette Vapiano.

Der Chef von Burger King Deutschland setzt auf Fleischalternativen: „Jeder fünfte Whopper, den Burger King in Deutschland verkauft, ist bereits pflanzenbasiert.“
Und Burger King ist längst nicht der erste Burgerbrater in Deutschland, der pflanzliche Alternativen anbietet. Marktführer McDonald’s startete hierzulande vor zwei Jahren mit dem Big Vegan TS und einem Patty von Nestlé. Burger King zog ein halbes Jahr später nach. Jeder dritte verkaufte Hamburger der Better-Burger-Kette Hans im Glück ist bereits ein Fleischersatzprodukt. Kentucky Fried Chicken hat entsprechende Angebote getestet, derzeit aber in Deutschland keine Fleischalternativen auf der Karte.
Ganz vegan sind die fleischlosen Burger-King-Produkte allerdings noch nicht. Denn Burger King kann nicht ausschließen, dass pflanzliche Pattys und Fleisch auf demselben Grill zubereitet werden. Im Pop-up-Restaurant wird immerhin erstmals Mayonnaise ohne Ei serviert. Und auch deutschlandweit soll die vegane Mayo noch in diesem Jahr eingeführt werden, verspricht Everke. Generell müssten bei neuen pflanzlichen Alternativen die Kapazitäten ausreichen, um alle 750 Restaurants beliefern zu können.
Burger King kommt mit einem blauen Auge durch die Coronakrise
Die Coronakrise hat Burger King laut Everke „mit einem blauen Auge überstanden“. Die Umsätze sanken 2020 in Deutschland um 12,7 Prozent auf 860 Millionen Euro, zeigen Schätzungen des Fachmagazins „Food-Service“. Die Zahl der Restaurants blieb mit 750 gleich. Diese werden von rund 120 Franchisenehmern geführt. McDonald’s büßte mit einem Minus von 14,3 Prozent etwas mehr Umsatz ein. Mit Erlösen von 3,15 Milliarden Euro im Jahr 2020 bleibt der Burgerbrater aber mit Abstand Marktführer.
Insgesamt kamen Systemgastronomen hierzulande mit einem Umsatzminus von im Schnitt 22 Prozent deutlich besser durch die Krise als Individualgastronomen mit minus 41 Prozent, ermittelte der Bundesverband der Systemgastronomie. Fast jeder dritte Euro in der Gastronomie wurde vor Corona von Gastroketten erwirtschaftet, insgesamt 25 Milliarden Euro. Daran hat die Schnellgastronomie wie Burger King einen Anteil von 50 Prozent.
„Weil zwei Drittel unserer Restaurants Drive-in-Schalter haben, kamen wir relativ gut durch den Lockdown“, erklärt Everke. Nur Teile der 25.000 Mitarbeiter waren in Kurzarbeit. Das Kurzarbeitergeld stockte Burger King wie die gesamte Branche auf mindestens 90 Prozent auf. Der Konzern selbst bekam keine Corona-Hilfen. Auch von den selbstständigen Franchisenehmern haben nur diejenigen Corona-Hilfen beantragt, die etwa in Einkaufszentren hohe Verluste hatten.
Restaurants mit weniger Sitzplätzen
Burger King warb im Lockdown massiv mit TV-Werbung um Kunden. „Dadurch konnten wir neue Gäste gewinnen, die am Drive-in ihr Essen abholten. Das war Deutschen bisher zu amerikanisch“, weiß Everke. Die Pandemie habe die Essgewohnheiten aber dauerhaft verändert.
In Gütersloh baut Burger King gerade erstmals ein Restaurant mit einer zweiten Drive-in-Spur. Auch der Lieferservice, mit dem Burger King seit fünf Jahren experimentiert, soll ausgebaut werden. Er hat nun einen zweistelligen Anteil am Umsatz. Anfangs startete die Kette mit einer eigenen Lieferflotte. Nun werden vornehmlich Lieferdienste genutzt und nur in ländlichen Gebieten eigene E-Bikes oder Autos. 180 der 750 Restaurants haben einen eigenen Lieferdienst. Wettbewerber McDonald’s setzt den Lieferservice McDelivery ein und will die eigene Fahrzeugflotte ausbauen.
Demgegenüber sollen die Restaurants von Burger King in Zukunft weniger Sitzplätze haben. „Statt 90 bis 120 Plätze braucht es vielerorts sicher nur noch 60 bis 90 Plätze“, glaubt Everke. Die Digitalisierung habe durch die Pandemie einen Schub bekommen. Immer mehr Gäste bestellen und bezahlen kontaktlos per App oder an den digitalen Terminals im Restaurant.
Fast-Food-Anbieter werden auch im zweiten Corona-Jahr besser abschneiden als der restliche Gastromarkt. Der Verband BdS rechnet mit einem Umsatzrückgang von sieben Prozent in einem optimistischen Szenario. In Krisenzeiten suchten die Gäste „Speisen, die glücklich machen, aber nicht unbedingt gesund sein müssen“.
Eines bereitet dem Burger-King-Manager allerdings Kopfzerbrechen. Ab 2023 sind Gastronomen gesetzlich verpflichtet, für den Take-away auch Mehrwegbehälter anzubieten. Diese müssen gespült und getrocknet werden, auch die Hygiene ist dabei zu gewährleisten. „Unsere ganze Branche steht unter Handlungsdruck, praxistaugliche Lösungen können wir deshalb nur gemeinsam angehen“, sagt Everke. „Da braucht es ein Mehrwegsystem, das große Mengen bewältigen kann. Start-ups könnten das in der Größenordnung momentan gar nicht leisten.“
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