Gerichtsurteil gegen 2G „Ungerechte Flickschusterei“: Einzelhändler fordern bundeseinheitliche Corona-Regeln

Was gehört zu den Geschäften des täglichen Bedarfs?
Düsseldorf Nachdem immer mehr Gerichte in verschiedenen Bundesländern die Corona-Maßnahmen im Einzelhandel zum Teil außer Kraft gesetzt haben, fürchten viele Händler ein Regelungschaos.
„Die Entscheidung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zeigt, wie unterschiedlich die Auslegung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie gehandhabt wird“, kritisierte Patrick Zahn, Vorstandschef des Textildiscounters Kik. „Wir erwarten, dass die deutsche Politik und vor allem die Bundesregierung jetzt endlich gleiche Spielregeln für alle aufstellt, um Rechtssicherheit zu geben“, forderte er.
Der bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte am Mittwoch entschieden, dass auch Bekleidungsgeschäfte der „Deckung des täglichen Bedarfs“ dienten. Sie unterlägen damit nicht der 2G-Regel, nach der nur Geimpfte oder Genesene Zugang zu bestimmten Geschäften haben. Das Urteil ist rechtskräftig – gilt aber nur für Bayern.
„Die bisherige Flickschusterei belastet den Einzelhandel unnötig und ungerecht“, sagte Kik-Chef Zahn. „Wieso zählen Kleidung und Unterwäsche in Bayern zum täglichen Bedarf, in Nordrhein-Westfalen aber nicht?“, fragt er. Die Filialmitarbeiter könnten das den Kunden nicht mehr vermitteln.
In zahlreichen Bundesländern hatten Händler gegen die 2G-Regel geklagt, nach der Ungeimpfte nur in solchen Geschäften einkaufen dürfen, die überwiegend Waren des täglichen Bedarfs verkaufen. Welche Waren zum täglichen Bedarf gehören, unterscheidet sich aber von Bundesland zu Bundesland. So zählen beispielsweise in Bayern auch Schuhe dazu, in anderen Ländern aber nicht.
Bundesweit dürfen neben Lebensmittelgeschäften und Drogerien auch Blumen- oder Buchläden für alle öffnen. Sportgeschäfte oder Elektronikhändler dagegen müssen bei jedem Kunden vor Eintritt in den Laden den Impfstatus kontrollieren und die Kunden im Zweifel abweisen.
„Bedarf an Kleidung kann täglich eintreten“
Gerade diese für Kunden und Händler willkürlich anmutende Einteilung war von Gerichten zum Anlass genommen worden, die Regelung zumindest teilweise zu kippen. Die Richter des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs urteilten, dass auch Bekleidungsgeschäfte von der 2G-Regel ausgenommen sind, weil deren Bedeutung für die Allgemeinheit nicht hinter die von Schuhen, Büchern, Schnittblumen oder Gartengeräten zurücktrete und der Bedarf an Kleidung täglich eintreten könne.

Für manche Geschäfte gilt die 2G-Regel, für andere nicht.
Ähnlich hatte kurz vor Weihnachten bereits das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen geurteilt. Die Maßnahme sei zur weiteren Eindämmung des Coronavirus nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar, entschied das Gericht. Auch die niedersächsischen Richter monierten, dass nicht ersichtlich sei, warum einzelne Warengruppen ausgeschlossen seien, andere aber nicht.
Damals bereits hatte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, angemahnt, dass andere Landesregierungen dieses Urteil zum Anlass nehmen sollten, ihre Regelungen anzupassen. Sie sollten nicht darauf warten, dass ihre Verordnungen von Gerichten wieder kassiert würden.
Aber auch in der Rechtsprechung wird die Frage, ob die 2G-Regel notwendig und angemessen ist, nicht einheitlich beurteilt. So hatten Gerichte beispielsweise in Nordrhein-Westfalen Klagen dagegen abgelehnt. Zuletzt war der Warenhauskonzern Galeria mit einem Eilantrag gegen die Beschränkungen vor dem Verwaltungsgericht in Berlin gescheitert.
Mehr: 2G, Kontaktbeschränkungen, Tanzverbote – Das ändert sich in den Bundesländern.
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