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Getränkeindustrie Das lukrative Geschäft mit dem Sprudel – Sodastream bekommt mehr Konkurrenz

Deutsche sprudeln ihr Wasser zunehmend selbst – zum Ärger der Mineralbrunnen. Andere profitieren vom Geschäft mit CO2-Kartuschen und Sirup.
26.10.2021 - 10:04 Uhr Kommentieren
Die Pepsi-Tochter profitiert von den Original-Sirups des US-Riesen.
Sodastream Duo

Die Pepsi-Tochter profitiert von den Original-Sirups des US-Riesen.

Düsseldorf Nach fünfjähriger Entwicklung war es am Dienstag so weit: Das Berliner Start-up Mitte startete den Verkauf eines Geräts, mit dem sich Wasser personalisieren lässt. Mitte Home filtert aus Leitungswasser zunächst Schwermetalle, Keime und Mikroplastik heraus. Dann wird das Wasser mit Magnesium und Calcium mineralisiert und auf Wunsch mit Kohlensäure versetzt. „Wir entwickeln gerade einen Immunbooster mit Zink“, erzählt Gründer Moritz Waldstein. „Denkbar sind auch Zusätze wie Vitamine, Eisen oder beruhigendes CBD aus Hanf.“

„Mit Mitte Home wollen wir die Wasserversorgung dezentralisieren und individualisieren“, so Waldstein. Sprudler oder Wasserfilter gebe es schon länger, was bisher fehle, sei der „iPhone-Moment für Wasser“. Den will das Gerät für derzeit 349,99 Euro schaffen: personalisiertes Wasser für 21 bis 49 Cent den Liter. Dabei verbraucht Mitte Home laut Climate Partners 24-mal weniger CO2 und 20-mal weniger Plastik als Flaschenwasser.

„Die Verbraucher haben Plastikmüll satt“, so der Gründer. 500 Milliarden Plastikflaschen werden im Jahr produziert, schätzt Marktforscher Euromonitor International. „Das ist ökologischer Wahnsinn und auch ökonomisch wenig effizient.“

Mineralwasser steht zunehmend in der Kritik wegen Plastikmüll, oft langer Transportwege und intensiver Nutzung von Quellen. Immer mehr Verbraucher steigen auf Kranwasser und Wassersprudler um. Der Absatz von Mineral- und Heilwasser sank 2020 weiter um 5,1 Prozent auf 9,9 Milliarden Liter, so der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM). Der Abwärtstrend verstärkte sich im Gastro-Lockdown. Der Pro-Kopf-Konsum sank 2020 von knapp 140 auf 132 Liter, 78 Prozent davon sind Sprudelwässer.

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Geräte, die Kranwasser aufbereiten und sprudeln, graben Mineralbrunnen immer mehr Marktanteile ab. Pepsico-Tochter Sodastream, Branchenprimus bei Sprudlern, bekommt nun auch durch Philips und Brita, Weltmarktführer bei Heimfiltern, Konkurrenz. Vittel-Abfüller Nestlé will mit einem Wasseroptimierer für Kantinen und Büros am Zukunftsmarkt teilhaben.

Den Weltmarkt für Flaschenwasser schätzen Marktforscher auf rund 300 Milliarden Dollar. Wasseraufbereiter bedrohen nicht nur das Geschäftsmodell von Konzernen wie Nestlé oder Danone (Volvic, Evian), die Wasser aus Frankreich in die halbe Welt verkaufen. Auch die rund 200 deutschen Mineralbrunnen konstatieren: „Wir stehen im Wettbewerb mit Herstellern von Wassersprudlern, den wir keineswegs scheuen“, so der VDM-Vorsitzende Karl Tack.

Der Verband ging juristisch erfolgreich gegen Wasserversorger vor, die Leitungswasser als „gesund“ und „das am besten kontrollierte Lebensmittel“ beworben hatten. Mineralbrunnen dürfen dies nach der EU-Health-Claim-Verordnung nicht tun und sahen sich im Nachteil. Von Wasserbereitern hält Tack nichts: „Aufbereitung von Leitungswasser mit künstlichen Mineral- und Zusatzstoffen hat nichts mit natürlichem Mineralwasser und den einzigartigen Eigenschaften des Naturprodukts zu tun.“

Getränkehersteller wie Danone oder Bitburger jedoch sehen in der Technologie Potenzial. Beide sind über ihre Venture-Firmen im Start-up Mitte investiert. Danone sieht insbesondere international Möglichkeiten. 2022 will Mitte sein Gerät in die USA bringen. Dort gibt es in 18 Millionen Haushalten laut Waldstein noch Rohre aus Blei, und Leitungswasser ist mit Chlor versetzt – beide Schadstoffe reduziert Mitte Home maßgeblich.

Das Start-up Mitte setzt auf den „iPhone-Moment“ für Wassersprudler.
Sprudel im Apple-Design

Das Start-up Mitte setzt auf den „iPhone-Moment“ für Wassersprudler.

32 Millionen Euro hat das Start-up bisher erhalten, derzeit werden weitere 50 Millionen Euro eingesammelt. Mit dem Slogan „Aus eigener Quelle“ wird das Gerät zunächst online verkauft. „Ähnlich wie Nespresso“, so Waldstein.

Ein Sodastream in jedem fünften Haushalt

Marktführer Sodastream expandiert derweil kräftig – laut Mutter Pepsico weltweit mit starken zweistelligen Zuwachsraten. Der Getränkekonzern hatte die israelische Firma 2018 für 3,2 Milliarden Dollar geschluckt.

Der wichtigste Markt ist Deutschland, wo 2019 laut Bundesanzeiger 258 Millionen Euro umgesetzt wurden. „Rund 20 Prozent aller Haushalte in Deutschland besitzen einen Wassersprudler von Sodastream“, sagt Julian Hessel, Marketingdirektor für Deutschland und Österreich. Ein Jahr zuvor waren es noch 13 Prozent. Die Zahlen errechnete Sodastream anhand von verkauften Produkten, Kohlensäurezylindern und -nachfüllungen.

Allein in Deutschland und Österreich wurden 2020 so 3,3 Millionen Einweg-Plastikflaschen eingespart. Bis 2025 will Sodastream weltweit rund 78 Milliarden Flaschen vermeiden helfen. Wachstumstreiber sind Original-Sirups von Pepsi, Seven-Up und Mirinda. Die waren nach Einführung im März 2020 hierzulande zeitweise vergriffen.

Sodastream steigerte seine Käuferreichweite bei Sirup um 75 Prozent, ermittelte Marktforscher GfK. Branchenweit wuchsen die Umsätze mit Sirup laut Marktforscher IRI 2020 um 44 Prozent auf 166 Millionen Euro.

Vom Sirup für Lipton Eistee erwartet die GfK weiteren Schub für Sodastream. Denn Eisteetrinker sind eine ganz eigene Zielgruppe. Die selbst gesprudelten Softdrinks liegen preislich ähnlich wie die Originale. Für Pepsico ein einträgliches Geschäft statt einer Kannibalisierung. Auch Konkurrent Coca-Cola testet nun in Deutschland Sirup von Fanta, Sprite und Mezzo-Mix – unter dem Slogan: „Mische Dein Original zuhause.“

Sodastream führte 2021 mit Duo ein neues Gerät ein. Das kann neben Glas- auch Kunststoffflaschen für unterwegs sprudeln. Allerdings sind neuartige Kohlensäurezylinder nötig. Kunden können keine günstigeren Marken nutzen. Das Geschäft mit CO2-Kartuschen ist sehr einträglich – ähnlich wie bei Kaffeekapseln oder Druckerpatronen.

Brita, Nestlé und Philips neu auf dem Markt

Der Run auf Sprudler zieht neue Konkurrenten an. Wasserfilterspezialist Brita übernahm vor einem Jahr Filltech, den zweitgrößten Produzenten von CO2-Zylindern in Europa, der bisher Eigenmarken des Handels belieferte. „Mit dem Kauf von Filltech erschließen wir den sehr interessanten Markt der Wassersprudler“, sagte Brita-Vertriebschef Rüdiger Kraege: „Wir streben an, die Nummer zwei hinter Marktführer Sodastream zu werden.“

Im Mai brachte das Familienunternehmen, das 2020 einen Rekordumsatz von 617 Millionen Euro einfuhr, den Heimsprudler Soda One in den deutschen Einzelhandel. Für Gastronomie oder Büros stellt Brita schon lange Wasserspender her, die auch aufsprudeln. Für Privathaushalte gibt es das Multifunktionsgerät Yource für knapp 1000 Euro. Es produziert gekühltes, gefiltertes und gesprudeltes Wasser, das direkt aus der Leitung kommt.

Auch Philips ist ins Geschäft mit Tischfiltern und Heimsprudlern eingestiegen. Die Drogeriekette dm verkauft seit August den eigenen Wassersprudler Ivorell. Und Aldi Nord bietet nun die Eigenmarke Sodastar von Aldi Süd an. Die Sprudler kommen von der Krüger-Gruppe.

Diese hatte bereits 2020 den österreichischen Produzenten Balanced Life übernommen, dem auch die Marke Sodapop gehört. Sodapop vertreibt mit dem Mineralbrunnen Überkingen-Teinach nun auch Original-Sirups für Bluna und Afri Cola – und macht so Pepsi und Coca-Cola Konkurrenz.

Auch Vittel-Abfüller Nestlé will in das Geschäft mit personalisiertem Wasser einsteigen. Das kühlschrankgroße Gerät Refill+ ist allerdings für Kantinen und Büros gedacht und nur in den USA erhältlich. Nach Filterung lassen sich Koffein und Mineralien zusetzen – ebenso wie zuckerfreie Sirups von Mango bis Kirsche. Ab 2022 soll das Produkt in weitere Märkte kommen.

Mehr: Nestlé: Warum Mineralwasser zum Auslaufmodell wird

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