Handel Metro-Chef Olaf Koch gerät wegen des Verkaufs von Real in Erklärungsnot

„Unser Ursprung ist der Großhandel, und im Großhandel liegt unsere Zukunft“, sagt der Metro-Chef.
Düsseldorf Metro-Chef Olaf Koch hatte sich selbst unter Zugzwang gesetzt. Spätestens bis Mai 2019 wollte er den Verkauf der defizitären Tochter Real abgeschlossen haben, hatte er vollmundig angekündigt.
Doch die Einigung wurde immer wieder vertagt, die Verhandlungspartner wurden gewechselt. Wenn diese Woche die letzten Details geregelt werden, will er nun bei der Hauptversammlung am Freitag den Vollzug verkünden – fast neun Monate später.
Doch als erfolgreicher Dealmaker wird er auch dann nicht auftreten können. Denn in den Verhandlungen mit dem Bieterkonsortium aus dem Immobilienunternehmen X+Bricks und dem Investor SCP Group musste das Metro-Management erneut seine Erwartungen reduzieren. Hatte es vor Kurzem noch verkündet, dass es einen Nettomittelzufluss aus dem Geschäft von 500 Millionen Euro erwartet, sind es jetzt nur noch 300 Millionen Euro.
Dabei standen allein die Real-Immobilien zu Beginn des Verkaufsprozesses im September 2017 noch mit 900 Millionen Euro in der Bilanz. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte Metro erneut 400 Millionen Euro auf Real abschreiben müssen. Entsprechend kritisch werden die Fragen sein, die Koch bei der Aktionärsversammlung erwarten.
„Er muss jetzt volle Transparenz schaffen“, heißt es in Investorenkreisen. Der Deal sehe aus, wie „mit heißer Nadel gestrickt“, es blieben viele Fragen offen. So sehen das offenbar auch die Anleger. Metro hatte vor Börseneröffnung am Mittwoch mitgeteilt, dass der Verkauf vor dem Abschluss steht.
Und Koch hatte im vergangenen Jahr Analysten immer wieder mit der Prognose getröstet: „Wir gehen davon aus, dass der Markt erst dann positiv reagiert, wenn wir zu einem Abschluss kommen.“ Doch die erwartete Reaktion blieb aus. Der Kurs, der seit Jahresbeginn deutlich nachgegeben hatte, entwickelt sich unschlüssig seitwärts.
Finanzspezialist
Dabei wäre für Koch ein erfolgreicher Real-Verkauf mit guten Zahlen besonders wichtig gewesen. Außer Frage steht, dass die Kompetenz des 49-Jährigen vor allem im Finanzbereich liegt. Er hatte sich nach seinem Betriebswirtschaftsstudium an der Berufsakademie Stuttgart bei Daimler bis zum Finanzchef der Pkw-Sparte hochgearbeitet. Danach arbeitete er zwei Jahre als Managing Director bei der Beteiligungsgesellschaft Permira.
Auch bei der Metro fing er 2009 noch als Finanzchef an. Als er dort drei Jahre später zum Vorstandschef gewählt werden sollte, stimmte die Arbeitnehmerseite geschlossen gegen ihn; sie traute ihm die Führung eines Handelsunternehmens nicht zu. Nur mit dem Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden Franz Haniel wurde er damals durchgeboxt.
„Wir lehnten ihn ab, weil wir einen Handelsexperten mit Fachexpertise wollten und keinen Finanzmanager von Mercedes“, begründete der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Werner Klockhaus später die Opposition. Seitdem hat sich Koch viele Meriten im Konzern erarbeitet. Was ihm geholfen hat: Er ist nahbar, trägt Jeans, erklärt seine Entscheidungen.
Der Manager, der selbst einmal ein IT-Unternehmen gegründet hatte, will Start-up-Atmosphäre erzeugen, treibt die Digitalisierung mit Kraft voran. Mittlerweile wird es sogar eher als Stärke gesehen, dass er kein Händler der alten Schule ist, weil er so einen unverstellten Blick auf die notwendige Transformation hat.
Doch mit dem Verkauf von Real kommt für Koch die Stunde der Wahrheit. Er hat den Konzern wieder komplett auf Großhandel konzentriert. „Unser Ursprung ist der Großhandel, und im Großhandel liegt unsere Zukunft“, sagt er. Jetzt muss er zeigen, dass er die Metro fit für die veränderten Anforderungen der digitalen Welt macht, eine Aufgabe, vor der auch die Konkurrenz Respekt hat.
„Eine so riesige Organisation zu wandeln, das ist eine Wahnsinnsaufgabe“, sagt Frank Seipelt, Deutschlandchef des härtesten Wettbewerbers Transgourmet. Mit dem enttäuschend geringen Erlös aus dem Verkauf von Real wird diese Aufgabe für Koch nicht leichter.
Mehr: Der Betriebsrat der Supermarktkette warnt davor, dass jeder dritte Arbeitsplatz durch einen Verkauf wegfallen könnte. Der Konzernchef versucht zu beruhigen.
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