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Hauptversammlung Große Revolte gegen neues Tui-Vergütungssystem bleibt aus

Aktionärsvertreter kritisieren die geplanten Änderungen am Vergütungssystem des Tui-Vorstands. Dennoch gilt eine Zustimmung als relativ sicher.
11.02.2020 Update: 11.02.2020 - 16:38 Uhr Kommentieren
Der Aufsichtsratsvorsitzende der Tui AG, Dieter Zetsche (l), und der Vorstandsvorsitzende der Tui Group, Friedrich Joussen, sitzen während der Hauptversammlung zusammen. Quelle: dpa
Tui-Hauptversammlung

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Tui AG, Dieter Zetsche (l), und der Vorstandsvorsitzende der Tui Group, Friedrich Joussen, sitzen während der Hauptversammlung zusammen.

(Foto: dpa)

Hannover Der Reisekonzern Tui stößt bei der geplanten Überarbeitung des Bonus-Systems für den Vorstand auf Gegenwehr. „Wir sehen keinen Grund, die Vorstandsvergütung erneut anzupassen. Faktisch handelt es sich um eine Erhöhung der Vergütung. Das ist aus unserer Sicht Rosinenpickerei. Das ist unanständig“, sagte Alexander von Vietinghoff-Scheel von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Dienstagvormittag bei der Hauptversammlung des Unternehmens in der Tui Arena in Hannover.

Die Ablehnung einiger Anteilseigner hatte sich abgezeichnet, nachdem Pläne bekannt wurden, das erst vor zwei Jahren neu justierte Vergütungssystem erneut zu überarbeiten. Der neue Tui-Aufsichtsratschef, der frühere Daimler-CEO Dieter Zetsche, hatte zu Beginn der Versammlung die Gründe für die erneute Reform des Systems ausführlich erläutert.

Dass die leistungsbezogenen Komponenten des Systems in Zeiten schwacher Aktienkursentwicklung und Ergebniszahlen zu einem Ausfall bei der variablen Vergütung führen, sei für sich genommen völlig in Ordnung. Wenn aber erkennbar sei, dass der Long Term Incentive Plan trotz guter Managementleistung auch in den folgenden Jahren ausfalle, sei das nicht hinnehmbar, so Zetsche: „Unser Ziel ist es nicht, die Vergütung zu erhöhen. Wir wollen Schwächen im bestehenden System beseitigen.“

Das bestehende Vergütungssystem führt dazu, dass etwa Konzernchef Friedrich Joussen für das abgelaufene Geschäftsjahr deutliche Einbußen bei seinen Einkünften verkraften muss. Statt 5,5 Millionen Euro wie im Geschäftsjahr davor, steht ihm nun nur eine Grundvergütung von 1,1 Millionen Euro zu.

Die Vorgaben beim Nettogewinn, Cashflow und bei der Kapitalrendite erreichte Joussen nicht. Auch die ebenfalls vereinbarten Aktienzuteilungen helfen nicht. Sie hatten ihm im Vorjahr 2,2 Millionen Euro eingebracht, in diesem Jahr muss er ganz verzichten. Denn der Kurs der Tui-Aktie sackte zeitweise unter jenen Wert, den das Papier vor der Amtsübernahme durch Joussen gekostet hatte.

Auch Joussen sieht Schwächen im bestehenden Vergütungssystem, etwa bei der Zielvorgabe Kapitalrendite. „Das Ziel erreicht man am schnellsten, wenn man nicht investiert. Das ist aber ein völlig falscher Anreiz“, sagte der Tui-Chef dem Handelsblatt am Rande der Hauptversammlung. Künftig soll deshalb ein stärkeres Gewicht auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) gelegt werden. 75 Prozent der variablen Vergütung hängen davon ab, 25 Prozent von der Entwicklung des Mittelzuflusses (Cashflow).

Einige Anteilseigner haben dennoch Schwierigkeiten mit dem neuen System. Auch Josef Gemmeke von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) lehnt die Änderungen ab. Seit 2018 habe sich der Aktienkurs halbiert und die Dividende sei reduziert worden. „Die fetten Jahre für uns Aktionäre sind vorbei, nur für den Vorstand soll das alles so bleiben“, beklagte Gemmeke.

Vietinghoff-Scheel griff im Zusammenhang mit der Vergütung auch Aufsichtsratschef Zetsche direkt an: „Bei der Aufsichtsratsentlastung enthalten wir uns. Beim Thema Vergütung hatte ich anderes von ihrem Amtsantritt erwartet, Herr Dr. Zetsche.“

737-Max-Startverbot sorgt für Extra-Belastungen

Die große Revolte blieb allerdings aus. Einige Aktionäre verteidigten das neue System. Zudem gab es keinen Gegenantrag zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt. In einem nicht bindenden Votum wurde das Vergütungssystem mit 80 Prozent der Stimmen angenommen.

Zumal sich Großaktionäre wie die Familie Mordaschow (Unifirm Ltd.) oder die spanische Touristikkette Riu dem Vernehmen nach im Vorfeld positiv zu dem Vorschlag geäußert haben. Zudem legte der Konzern die Änderung den Aktionären freiwillig vor, das Votum der Aktionäre ist nicht bindend.

Tui leidet wie viele Reise-Unternehmen unter mehreren Problemen. Zum einen lief es etwa beim Verkauf von Hotelkapazitäten im Urlaubsland Spanien nicht rund. Hinzu kommt das Fehlen der Boeing 737 Max, die nach zwei Abstürzen mit fast 350 Opfern und erheblichen Konstruktionsmängeln seit März vergangenen Jahres nicht geflogen und ausgeliefert werden darf.

Die Airlines der Tui-Gruppe, darunter die deutsche Tuifly, haben einige davon bestellt und eigentlich fest eingeplant. Nun müssen sie seit Monaten Ersatz besorgen und vor allem bezahlen. „Wir haben hier enorme Belastungen“, sagte Joussen.

Die für das abgelaufene Geschäftsjahr bezifferten Zusatzkosten belaufen sich auf satte 293 Millionen Euro. Eine weitere dreistellige Millionensumme wird im aktuellen Fiskaljahr hinzukommen, denn es zeichnet sich ab, dass Tui den Jet nicht mehr im laufenden Geschäftsjahr bekommen wird, das im September endet.

Allerdings reduzierte der Konzern nun den voraussichtlichen Mehraufwand von bis zu 270 Millionen auf bis zu 245 Millionen Euro. „Die Verhandlungen mit Boeing über eine Kompensation laufen sehr intensiv“, sagte Joussen: „Es wäre aber verkehrt, jetzt schon abschließend mit Boeing zu einer Einigung zu kommen. Wir wollen uns da alle Möglichkeiten einer Kompensation offenhalten.“

Zusammengenommen führten die Probleme dazu, dass der Konzern im zurückliegenden Geschäftsjahr den Umsatz zwar leicht um 2,7 Prozent auf 18,9 Milliarden Euro steigern konnte, der Gewinn (bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern/Ebit) aber um fast 26 Prozent auf 893 Millionen Euro einbrach.

Das Boeing-Debakel belastet auch die Zahlen des ersten Quartals, die Tui am Dienstag vorstellte. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern fiel von minus 83 Millionen auf minus 147 Millionen Euro. Verluste im reiseschwachen ersten Quartal sind typisch für die Branche. Aber durch den teuren Ersatz für die Boeing 737 Max kam eine Belastung von 45 Millionen Euro hinzu.

Optimistischer Blick in die Zukunft

Für das gesamte Jahr rechnet Joussen mit einem bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern von bis zu 1,05 Milliarden Euro. Den eher verhaltenen Ausblick begründete Joussen auch mit der aktuellen Marktkonsolidierung: „Wir müssen nach dem Ausscheiden von Thomas Cook Marktwachstum und Marktanteile verteidigen.“

Das erfordere zusätzliche 21 Flugzeuge für das notwendige Wachstum. „Hinzu kommen 34 Flugzeuge, die wir als Ersatz für die Max besorgen müssen. Das ist ein enormer Aufwand“, sagte Joussen. Wenn die Max dann komme, werde das im Ebit dann aber einen entsprechend positiven Effekt haben, weil sich dieser Sonderaufwand dann reduziere.

Insgesamt blickt Joussen optimistisch in die Zukunft. Tui profitiere vom Ausscheiden des Wettbewerbers Thomas Cook. Die Buchungen für den Sommer seien sehr gut, sagte Joussen. Wegen der Verunsicherung etwa wegen der Max-Krise sei es zudem möglich, dass der Anteil der Spätbucher dieses Jahr steige, der Schwung also noch zunehme. Große Auswirkungen des Coronavirus' sieht der Konzern dagegen nicht. „Wir haben in Asien wenig Aktivitäten, wir beobachten die Situation aber sehr genau“, sagte Finanzchefin Birgit Conix.

Der Umbau zur digitalen Plattform soll die Profitabilität des Konzerns weiter steigern. Ein Ziel: Wachstum soll künftig mit weniger Kapitaleinsatz möglich gemacht werden. Bisher hat Tui stark in Kreuzfahrtschiffe, Hotels und Jets investiert. „Das Problem dieser Heavy-Asset-Strategie ist: Sie erschwert das Wachstum“, sagte Joussen dem Handelsblatt. Deshalb sollen diese „Assets“ nun so weit möglich aus der Bilanz ausgegliedert werden.

Ein solcher Schritt war zum Beispiel der Verkauf der Kreuzfahrtreederei Hapag-Lloyd Cruises für 1,2 Milliarden Euro an die Hamburger Tui Cruises, ein Gemeinschaftsunternehmen von Tui und der Royal Caribbean Cruise Line (RCL). „Zu einer digitalen Plattform passen Assets nicht“, sagte Joussen: „Jeder Euro, den man in Assets investiert, ist besser in der digitalen Plattform angelegt, denn er bringt dort wesentlich mehr.“ Die Tui der Zukunft werde eine ganz andere sein, so der Tui-CEO.

Bei den Investoren kamen die Botschaften aus Hannover gut an. Trotz des höheren Quartalsverlustes schnellte die Aktie des Unternehmens am Vormittag um fast elf Prozent in die Höhe.

Mehr: Investoren des Touristikkonzerns Tui kritisieren das neue Vergütungssystem ihres Chefkontrolleurs. Aber auch Daimler-Eigner grollen dem Ex-Vorstandschef Dieter Zetsche.

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