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Hauptversammlung „Halbherziges Krisenmanagement“: Aktionäre sind unzufrieden mit der Lufthansa

Verkauf von Tafelsilber statt riesiger Kapitalerhöhung: Die Anteilseigner von Lufthansa präsentieren auf der Hauptversammlung eigene Ideen für die Sanierung.
04.05.2021 Update: 04.05.2021 - 16:24 Uhr Kommentieren
Lufthansa-Chef Carsten Spohr blickt wieder etwas zuversichtlicher auf die Zukunft der Airline-Gruppe. Quelle: dpa
Landeanflug auf Frankfurt

Lufthansa-Chef Carsten Spohr blickt wieder etwas zuversichtlicher auf die Zukunft der Airline-Gruppe.

(Foto: dpa)

Frankfurt Es war eine emotionale Vorrede von Karl-Ludwig Kley bei der virtuellen Hauptversammlung von Lufthansa. Er sei seit 40 Jahren berufstätig und habe viele Krisen erlebt, auch bei der Fluggesellschaft: „Dieses Mal ist vieles, aber nicht alles anders“, sagte das 69-jährige Aufsichtsratsmitglied. Das Unternehmen hätte Reserven gehabt, um Krisen „mit der linken Pobacke auszusitzen“. Doch das reiche dieses Mal nicht.

Das Unternehmen sei bei der Restrukturierung weit vorangekommen. „Aber wir sind noch nicht durch“, sagte Kley und versprach den Aktionären: „Wir verfügen über den unbändigen Willen, wieder aufzustehen und weiterzumachen. Wir kommen wieder auf die Beine, der Kranich hebt wieder ab.“

Der Chefkontrolleur Kley wusste, dass es gut sein würde, schon vor Beginn der Fragerunde ein paar Beruhigungspillen an die Anteilseigner zu verteilen. 264 Fragen waren vor Beginn des Aktionärstreffens eingereicht worden. Ein großes Thema: der Vorratsbeschluss über eine gewaltige Kapitalerhöhung von bis zu 5,5 Milliarden Euro.

Mehrere Aktionärsvertreter lehnen die Maßnahme ab. Statt der geplanten Kapitalmaßnahme schlugen sie andere Wege für die bilanzielle Sanierung vor, wie etwa den Verkauf von Tafelsilber. „Das Management sollte konsequent prüfen, ob die Lufthansa der richtige Eigentümer für die Geschäftsteile ist, die nicht direkt am Flugbetrieb hängen“, sagte Vanessa Golz, Spezialistin für Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment. „Angesichts dieser Gemengelage muss der Vorstand den Weg wählen, der dem Aktienkurs am wenigsten wehtut“, forderte sie.

Schon länger ist klar, dass das Lufthansa-Management das weltweite Geschäft der Cateringtochter LSG Skychefs abgeben will, ebenso den Geschäftsreisedienstleister Airplus. Doch der Prozess zieht sich. „Wir haben noch keinen offiziellen Verkaufsprozess gestartet“, hatte Finanzchef Remco Steenbergen vor einigen Tagen bei der Präsentation der Zahlen des ersten Quartals erklärt. Das werde geschehen, sobald das Marktumfeld vernünftige Preise ermögliche.

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Der schon vor Corona geplante Teilverkauf der Wartungstochter Lufthansa Technik wird sogar noch länger dauern. Hier spricht das Management bisher lediglich davon, Möglichkeiten zu evaluieren.

Lufthansa-Aktionäre fürchten deutliche Verwässerung

Es ist eine unbefriedigende Situation für die Aktionäre von Europas größter Airline-Gruppe. Denn sie fürchten eine Verwässerung ihres Aktienbesitzes. Es wäre die zweite innerhalb eines Jahres. Schon beim Einstieg des Bundes im vergangenen Sommer mussten die Bestandsaktionäre einen „Wertverlust“ ihrer Papiere hinnehmen. „Ein zu niedriger Aktienkurs könnte bei Ausübung der Kapitalerhöhung die umlaufende Aktienstückzahl gigantisch erhöhen“, warnte Golz von Deka Investment.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte in seiner Rede für den Vorratsbeschluss geworben. Er solle das Unternehmen „in die Lage versetzen, flexibel eine Kapitalerhöhung durchzuführen, damit wir unsere Bilanzkennzahlen wieder stärken und zu alter finanzieller Stabilität zurückkehren können“. Es sei klar, dass der Großteil der Erlöse für die Rückführung der staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen genutzt werde.

Doch die Botschaft rief nicht die gewünschte Reaktion hervor: „Wir stimmen gegen den völlig überdimensionierten Kapitalvorratsbeschluss“, kündigte Michael Gierse, Fondsmanager bei Union Investment, in seinem Statement an. Daran änderte auch die Aussage des Managements nichts, dass man vielleicht gar nicht das volle Volumen von 5,5 Milliarden Euro benötigen werde.

Denn es ist nicht allein die Höhe der Kapitalmaßnahme, die die Aktionäre stört. Sie sind auch enttäuscht über den Fortschritt bei der Sanierung. „Wir wollen kleinere, schrittweise Kapitalmaßnahmen, bei denen die Aktionäre gefragt werden müssen und die Lufthansa mit einem überzeugenden Restrukturierungsplan aufwarten muss, den wir bislang nicht erkennen können“, beklagt Gierse.

Die Anteilseigner der Airline-Gruppe üben zum Teil deutliche Kritik am Sanierungsfortschritt. Quelle: imago images/sepp spiegl
Lufthansa-Chef Carsten Spohr auf der virtuellen Hauptversammlung

Die Anteilseigner der Airline-Gruppe üben zum Teil deutliche Kritik am Sanierungsfortschritt.

(Foto: imago images/sepp spiegl)

Die Lufthansa hat die Zahl der Mitarbeiter seit Beginn der Corona-Pandemie von rund 140.000 auf etwa 111.000 Ende März geschrumpft. Doch der überwiegende Teil vom Abbau fand im Ausland statt oder ging auf den Verkauf des Europageschäfts von LSG zurück. 8000 Vollzeitstellen wurden in den zurückliegenden zwölf Monaten in Deutschland abgebaut. Im Ausland waren es dagegen doppelt so viele. Lufthansa-Chef Spohr will die Belegschaft hierzulande um weitere 10.000 Stellen schrumpfen. Das soll vor allem über Freiwilligenprogramme für die Bodenbeschäftigten, das Kabinen- und auch Cockpitpersonal sowie Teilzeitmodelle geschehen.

Gierse von Union Investment spricht von einem „halbherzigen Krisenmanagement“: „Sie müssen sich jetzt als Krisenmanager beweisen, Herr Spohr“, forderte er. Lufthansa dürfe nicht an ihrer eigenen Komplexität zugrunde gehen und brauche endlich ein fokussierteres Geschäftsmodell.

Auch am Plan, mit der neuen Marke Eurowings Discover stärker in das Privat- und Urlaubsreisegeschäft zu drängen, zweifelt Gierse: Warum solle ausgerechnet das Konzept funktionieren, „nachdem ähnliche Konzepte, die die Komplexität erhöhen, in der Vergangenheit bereits gescheitert sind“?

Andere Aktionäre warfen dem Management dagegen Tarifflucht vor. Auch die Pilotenvereinigung Cockpit beklagte das in einem am Dienstag publizierten „offenen Brief“ unter anderem an die EU-Kommission und die Bundesregierung.

„Wir sind dabei, die Komplexität der Lufthansa, die unbestritten und historisch gewachsen ist, zu reduzieren. Wir sind deutlich schneller geworden“, sagte Spohr. Die Krise beschleunige die Transformation. „Wir fokussieren uns noch stärker auf unser Kerngeschäft. Wir wollen unter den Top-fünf-Airline-Gruppen weltweit bleiben, nicht nur in Bezug auf den Umsatz, sondern auch in Bezug auf die Qualität und die Nachhaltigkeit.“

Doch die teils heftige Kritik dürfte weder am Management noch am Aufsichtsrat spurlos vorbeigegangen sein. Denn Lufthansa braucht nicht nur die Anteilseigner für die Bewältigung der Krise, sondern auch den Kapitalmarkt – etwa für Anleihen. Der Vorwurf der mangelhaften Sanierungsfreude im Management hilft nicht gerade bei künftigen Maßnahmen. Der Konzern muss sein Eigenkapital dringend stärken. Es schrumpfte im ersten Quartal 2021 um über 70 Prozent auf gut zwei Milliarden Euro. Die Eigenkapitalquote lag mit 5,3 Prozent zu niedrig für eine kapitalintensive Fluggesellschaft.

Deshalb schloss Finanzvorstand Steenbergen nicht aus, dass man noch im laufenden zweiten Quartal aus der bisher nicht genutzten stillen Einlage des Bundes (4,5 Milliarden Euro) Mittel mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Euro abrufen wird. Trotz der teils deutlichen Kritik von Aktionären stimmten die Anteilseigner nach fünfeinhalb Stunden mehrheitlich allen Vorschlägen zu.

Mehr: Fraport-Chef glaubt an Sommeraufschwung – trotz Hygienevorgaben und wachsendem Wettbewerb.

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