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Hohe Kosten, wenig Passagiere Airports ohne Perspektive: Coronakrise verschärft die Not der Regionalflughäfen

Weil sich der Luftverkehr nur langsam erholt, wird die Situation vieler Flughäfen immer prekärer. Das befeuert die Debatte um Hilfen für die Regional-Airports.
25.08.2020 - 15:57 Uhr 1 Kommentar
Die Kritik am überdimensionierten Flughafen in Erfurt wächst, auch weil in Corona-Zeiten noch mehr Passagiere fehlen als sonst schon. Quelle: dpa
Flughafen Erfurt

Die Kritik am überdimensionierten Flughafen in Erfurt wächst, auch weil in Corona-Zeiten noch mehr Passagiere fehlen als sonst schon.

(Foto: dpa)

Frankfurt In Erfurt, Hahn, Kassel, Weeze, Paderborn, Rostock und Saarbrücken dürften die Lokalpolitiker derzeit nicht gut auf den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (Fös) zu sprechen sein.

BUND und Fös haben 14 größere deutsche Regionalairports untersucht – und für die sieben Städte eine ernüchternde Empfehlung abgegeben: Sie sollten ihre Airports am besten direkt schließen. Die Flughäfen würden für die Regionen viel zu wenig bringen. „Das Wachstum des Luftverkehrs ist subventionsgetrieben“, lautet das vernichtende Urteil der Studie. Ohne Steuergelder der Länder und Kommunen wären viele Flughäfen längst pleite.

Die Worte sind heftig, sie sind allerdings gut „getimt“. Die Folgen der Corona-Pandemie haben die seit vielen Jahren existierenden Probleme kleinerer Flughäfen gnadenlos offengelegt: Die Passagiere fehlen, es mangelt an Einnahmen. Finanzielle Puffer konnten viele Airport-Manager kaum aufbauen, da die Bilanzen auch in guten Zeiten angespannt sind.

Die Reaktion ließ entsprechend nicht lange auf sich warten. Regelmäßig würden kleinere Flughäfen infrage gestellt, erklärte Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV): „Die Argumente wiederholen sich, werden aber dadurch nicht überzeugender.“ Ralf Schmidt, Vorsitzender der Interessengemeinschaft der regionalen Flugplätze (IDRF), kontert: „Die jetzt vorgelegte Studie greift viel zu kurz, wiederholt nur das bekannte Mantra und ist als ideenlos, kurzsichtig und oberflächlich abzulehnen.“

Die Ablehnung ändert allerdings die aktuelle Lage der Flughäfen nicht. Und: Besserung ist nicht in Sicht, es herrscht Perspektivlosigkeit. „Die Erholung verläuft deutlich langsamer als erwartet“, sagt Beisel vom Flughafenverband ADV und ergänzt: „Das nationale Vorgehen der Länder beim Thema Corona-Maßnahmen sorgt für große Verunsicherung bei den Reisenden.“

„Jährlich Millionenbeträge als Liquiditätshilfe“

Für Kritiker der Flughafen-Infrastruktur ist das Munition. Schon lange monieren sie, dass es in Deutschland zu viele Airports gebe. Die Flughafenbetreiber wiederum argumentieren mit Deutschlands dezentraler Wirtschaftsstruktur.

Die ADV etwa spricht von einem „polyzentrischen Flughafensystem“. Gemeint ist die föderale Struktur, die sich auch im Luftverkehr abbildet. Die gute Verkehrsanbindung gelte es zu erhalten, indem sich kleinere und größere Flughafenstandorte sinnvoll ergänzen.

Doch die Debatte um diese Struktur nimmt wegen der Folgen der Corona-Pandemie Fahrt auf. Sebastian Dette, Präsident des Rechnungshofs Thüringen, äußerte am vergangenen Wochenende erhebliche Zweifel am Flughafen in Erfurt.

„Das Land kann nicht völlig am Bedarf vorbei jährlich Millionenbeträge als Liquiditätshilfe zahlen – und das mit steigender Tendenz“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Notfalls müsse man den Flughafen schließen. Auch der Flughafen Erfurt selbst wehrt sich gegen die Kritik. Der Landesrechnungshof arbeite mit falschen Zahlen, heißt es.

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„Die Diskussion über die Regionalflughäfen und ihre Bedeutung wird weitergehen“, ahnt Beisel von der ADV. „Und ich fürchte, dass bei dieser politischen und emotionalen Debatte die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen des Flughafens dominieren und nicht die wichtige Frage, welchen Nutzen ein Flughafen für eine Region und die lokale Wirtschaft hat.“

Tatsächlich dürfte die Situation vieler Flughäfen in den kommenden Wochen noch prekärer werden. Zwar hat die EU-Kommission am 11. August finanzielle Hilfen für die deutschen Flughäfen, die fast alle in der Hand von Kommunen, Ländern und teilweise auch dem Bund liegen, genehmigt.

Doch die Bedingungen dafür sind sehr eng gefasst. „Die EU hat Finanzhilfen für Flughäfen freigegeben – aber nur für die Ausfälle während des kompletten Lockdowns“, so Beisel. Bei vielen Gesellschaftern würde es zudem noch an der Bereitschaft zur Unterstützung fehlen.

Einige hadern grundsätzlich mit ihren Anteilen an einem Flughafen. So hat der Kreis Gütersloh kürzlich angekündigt, als Gesellschafter beim angeschlagenen Flughafen Paderborn-Lippstadt aussteigen zu wollen. Weitere finanzielle Verpflichtungen werde man für den Airport nicht übernehmen. Stattdessen soll nun mit dem Kreis Paderborn – dem größten Anteilseigner – über den Ausstieg verhandelt werden. In Paderborn stößt das Vorgehen auf Unverständnis.

Manager fürchten, Finanznöte zu benennen

Noch nicht einmal auf die Übernahme der sogenannten Vorhaltekosten konnten sich Bund und Länder bisher einigen. Damit ist jener Aufwand gemeint, der für die Aufrechterhaltung des Betriebs an den Airports anfällt. Die Politik hat festgelegt, dass die Flughäfen trotz des zusammengebrochenen Luftverkehrs offen bleiben müssen.

Nur so sei die Versorgung der Bevölkerung etwa bei Notfällen sichergestellt. Die Flughäfen hatten die öffentliche Hand deshalb gebeten, zumindest diese Kosten zu übernehmen – für alle deutschen Flughäfen sind das insgesamt geschätzte 170 Millionen Euro pro Monat.

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Selbst wenn irgendwann doch erste finanzielle Hilfen fließen sollten, würde das wohl nur begrenzt helfen. Die Umsatzausfälle werden sich laut Beisel noch lange fortsetzen. „Ohne Einnahmen wird es für viele Flughäfen schwierig, ein oder zwei Jahre durchzuhalten“, warnt der Hauptgeschäftsführer der ADV. „Das, was wir derzeit erleben, stimmt einfach nur noch traurig.“

Umso bedrohlicher sind für die Branche Studien, wie sie nun vom BUND vorgestellt wurden. Der nun wieder verstärkt aufkeimenden Kritik an den Subventionen können die Airport-Manager angesichts der massiven Corona-Folgen kaum etwas entgegensetzen. Viele Flughafen-Manager trauen sich nicht einmal, öffentlich ihre wahren Finanznöte zu benennen. „Das würde die Gespräche mit den Banken und Geldgebern noch schwieriger machen, als sie eh schon sind“, beschreibt ein Flughafen-Manager die aktuelle Situation.

Bleibt noch der Hinweis auf die Wettbewerbsverzerrung gegenüber dem Ausland. Dort werde die Finanzierung von hoheitlichen Aufgaben häufig von staatlichen Stellen übernommen, heißt es bei der ADV.

Prozesse wie Sicherheitskontrollen oder Flugsicherung würden dort von den Staaten finanziert – als Daseinsvorsorge. In Deutschland zahlen das Airports und Fluggesellschaften. „Das Argument verpufft hierzulande schon seit Jahren“, sagt ein Flughafen-Manager.

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1 Kommentar zu "Hohe Kosten, wenig Passagiere: Airports ohne Perspektive: Coronakrise verschärft die Not der Regionalflughäfen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Wir haben eine erfolgreiche, dezentrale Wirtschaftsstruktur und demzufolge sind auch die Regionalflughäfen Teil unserer Infrastruktur.
    Die anfallenden Kosten sind relativ gering und wir werden froh sein, in Zukunft diese Flughäfen als Teil der neuen, modernen Fluginfrastruktur zu haben - siehe Eurocopter, Lilium-Jets u.ä.

    Nur - mich erschüttert, dass den Managern nichts einfällt als zu jammern.
    Keine disruptiven Ideen, keine ergänzende Nutzungen rund um das Flughafengelände, - nichts.

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