Hotelvertrieb BGH kippt „enge Bestpreisklausel“ – Schwerer Schlag für Geschäftsmodell von Booking.com

Das Portal verbot Hotels bislang, die vereinbarten Preise auf eigenen Plattformen zu unterbieten.
Düsseldorf Schwerer Schlag für Booking.com: Das weltgrößte Portal für Hotelübernachtungen darf seinen Vertragspartnern nicht mehr verbieten, Zimmer zu einem günstigeren Preis anzubieten als auf der Plattform angegeben. Das entschied am Dienstag der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. „Die Richter sahen diese Praxis als nicht vereinbar mit dem deutschen und internationalen Kartellrecht“, sagte ein Sprecher des Hotelverbands Dehoga nach der Urteilsverkündung. Kartellamtschef Andreas Mundt, der zu den Klägern zählte, begrüßte das Urteil.
Schon seit Jahren klagen Hotelverbände mit Unterstützung des Bundeskartellamts gegen die angebliche Übermacht der Online-Hotelportale. Insbesondere Booking.com, HRS und Expedia, berichten Hoteliers, diktierten den meist mittelständischen Übernachtungsbetrieben ihre Vertragskonditionen rücksichtslos. Nur noch ein Viertel aller europäischen Übernachtungsbetriebe, ermittelte eine Untersuchung der Fachhochschule Westschweiz Wallis, fühlt sich von den Portalen noch fair behandelt.
So würden Herbergen gezwungen, sich an Rabattaktionen zu beteiligen oder Gästen großzügige Stornobedingungen zu gewähren. Hinzu kämen Vermittlungsprovisionen, die oftmals zwischen 15 und 25 Prozent des Übernachtungspreises ausmachten, während den Hoteliers selbst meist nur eine Marge zwischen drei und fünf Prozent bleibe.
Einen ersten Gerichtserfolg erzielte die Branche 2015 gegen den Kölner Hotelvermittler HRS. Das Oberlandesgericht Düsseldorf untersagte damals dem traditionsreichen Booking-Rivalen, von seinen Hotelpartnern stets die günstigsten Raten einzufordern.
In dem Streit ging es allerdings nur um die sogenannten „weiten Bestpreisklauseln“, mit denen HRS untersagte, auf Konkurrenzportalen günstigere Preise anzubieten. Der Streit über die „engen Bestpreisklauseln“ aber ging weiter. Mit ihnen konnten die Portale ihren Hotelpartnern bislang untersagen, die bei ihnen aufgeführten Online-Hotelraten mit eigenen Preislisten etwa an der Rezeption zu unterbieten.
Abhängigkeit von Online-Buchungsplattformen zuletzt gewachsen
Auch diese Verbotspraxis hatte das Bonner Kartellamt 2015 untersagt, war dann jedoch nach einer Klage von Booking vor dem Oberlandesgericht gescheitert. Die „engen Ratenparitätsklauseln“ von Booking seien erforderlich und verhältnismäßig, urteilte die die Vorinstanz des BGH zur Überraschung der Wettbewerbshüter. Das Düsseldorfer Gericht verwies auf die Gefahr von Trittbrettfahrern, die Booking bei der Hotelsuche nutzen, um beim Hotel selbst günstiger zu buchen.
Die Bestpreisklauseln beeinträchtigten zwar den Wettbewerb, glaubte damals das OLG Düsseldorf, sie seien aber für das Geschäftsmodell der Übernachtungsportale notwendig und vom Kartellverbot nicht erfasst.
Weil Kartellamtschef Mundt Rechtsmittel einlegte, kam es nun vor dem BGH zu einer gegenteiligen Entscheidung. Das Geschäftsmodell von Booking.com – und damit auch ähnlicher Hotelportale – dürfte nun entsprechend in Mitleidenschaft gezogen werden.
Obwohl Booking nach eigener Aussage 2015 die Bestpreisklausel aussetzte, um Schadensersatzansprüche von Hoteliers zu vermeiden, wuchs die Abhängigkeit der Hotels von den Buchungsportalen weiter. Nur mühsam halten Hotelkonzerne wie Accor („Ibis“, „Mercure“) inzwischen mit teuren Kundenbindungsprogrammen wie „Accor Live Limitless (ALL)“ oder „Hilton Honors“ dagegen. Wurden in Deutschland 2013 fast 64 Prozent aller Übernachtungen direkt beim Hotel gebucht, sank der Anteil laut einer Untersuchung der Fachhochschule Westschweiz bis Ende 2019 auf einen Anteil von 58,5 Prozent.
Die Online-Buchungsplattformen konnten ihren Anteil in diesem Zeitraum dagegen von 20,9 auf 29,6 Prozent ausbauen. Die drei Hauptakteure Booking, Expedia und HRS kamen auf dem europäischen Markt der Online-Buchungsportale auf einen gemeinsamen Marktanteil von 92 Prozent, wobei Booking mit einem Anteil von 68,4 Prozent in Europa und 66,6 Prozent in Deutschland dominiert.
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schön zu lesen, das beim BGH noch Menschenverstand ist. Für uns Hoteliers war der Druck unmenschlich