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InterviewNike-Chef John Donahoe: „Adidas und Puma? Nie gehört“
Der neue Nike-Chef spricht über Konkurrenz, den Klimawandel, die Bedeutung des Geschäfts in China und die Komplexität von Innovationen in der Sportbranche.
Der neue Nike-Chef ist derzeit auf Kennenlern-Tour bei Läden und Niederlassungen des Sportartikelriesen rund um den Globus.
(Foto: Nike/Paul Carter, Reuters [M])
New York Der neue Nike-Chef John Donahoe hält den Klimawandel für eine ernste Bedrohung für den Sportkonzern. Denn angesichts von Hitze oder Luftverschmutzung könnten viele der Kunden der US-Marke nur noch eingeschränkt trainieren. Daher sei es für das Unternehmen enorm wichtig, noch mehr als bisher dazu beizutragen, die Umwelt zu erhalten.
„Die Menschen erwarten von uns, dass wir die Bewegung anführen“, sagte der Manager dem Handelsblatt. Gerade hat Donahoe deshalb eine neue Turnschuh-Kollektion vorgestellt, die komplett aus Fabrikabfällen hergestellt wird.
Der 59-Jährige führt den größten Sportartikel-Produzenten der Welt seit Mitte Januar. Für die ersten 100 Tage hat sich der Ex-Chef von Ebay vorgenommen, Niederlassungen und Läden rund um die Erde zu besuchen. So will er Nike kennen lernen.
Eines ist dem Manager aber jetzt schon klar: „Nachhaltigkeit wird für die Konsumenten immer wichtiger, sie wird das Verhalten der Leute bestimmen.“ Allerdings sei Umweltschutz grundsätzlich nichts Neues für das Label: „Niemand recycelt so viel Polyester wie wir weltweit. Jedes Jahr werden eine Milliarde Plastikflaschen wiederverwertet, zum Beispiel für die Trikots der National Basketball Association.“
Auch Adidas, hinter Nike die Nummer zwei im Sportgeschäft, wirbt mit innovativer Öko-Ware um die Kunden. Im Januar hat der Dax-Konzern eine Jacke vorgestellt, die sich gleichwertig recyceln lässt. Das Öko-Rennen der Sportmarken hat begonnen.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Herr Donahoe, was sind das für Sneaker, die Sie da gerade tragen? Heute ist es ein Paar von ‚Jordan‘, einer unserer Marken. Seit ich hier angefangen habe, bekam ich fast jeden Tag ein anderes Modell.
Das ist der schöne Teil ihres Jobs? In der Tat, ich kann unsere Sachen alle ausprobieren. Letzte Woche hatte ich den ‚Adapt‘ an, einen Schuh mit Mini-Computer und einem selbstschnürenden System. Die erste Generation hat mein Vorgänger Mark Parker vor drei Jahren dem Verwaltungsrat geschickt, dem ich damals angehörte. Sie waren gut, aber jetzt habe ich die neueste Variante, da lässt sich die Passform mit der App steuern. Faszinierend, wie sich die Technologie weiterentwickelt.
Sie haben einen Konzern übernommen, der wächst und hochprofitabel ist. Was hat da ein neuer CEO überhaupt zu tun? Ich habe dem ganzen Unternehmen mitgeteilt, dass mir zwei Dinge wichtig sind. Erstens: Weiter so! Denn es geht aufwärts bei Nike. Zweitens: Ich bin auf einer 100-tägigen Tour, um zu lernen. Ich höre Konsumenten zu, ich höre unseren Partnern zu, und nicht zuletzt unseren ‚Nike Store Athletes“.
So nennen Sie ihr Verkaufspersonal. Richtig. Ich habe auch einen ganzen Tag mit den Designern verbracht, mit dem Innovationsteam, mit den Produktverantwortlichen. So bekomme ich einen tiefen Einblick ins Geschäft und kann mir ein Bild machen, was wir künftig anpacken müssen.
Werden Sie nach den 100 Tagen einen neuen Wachstumsplan für Nike vorstellen? Unsere grundsätzliche Ausrichtung wird sich nicht ändern, die ist richtig. Aber es gibt natürlich immer etwas, das sich feinjustieren lässt. Unser wichtigstes Kapital ist die unglaubliche Tiefe und die Breite unserer Innovationspipeline. So was habe ich noch nie gesehen – und ich beschäftige mich jetzt seit 15 Jahren mit Tech-Innovationen.
Vita John Donahoe
Der 59-Jährige stammt aus dem US-Bundesstaat Illinois, ist verheiratet und hat vier Kinder. Der Wirtschaftswissenschaftler besitzt einen MBA der Stanford Universität. Seine Frau Eileen war während der Amtszeit von Präsident Obama US-Botschafterin beim Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen.
Der Amerikaner arbeitete 20 Jahre lang für Bain und wurde 1999 CEO der Unternehmensberatung. Von 2005 bis 2015 leitete er die E-Commerce-Plattform Ebay. 2017 übernahm er die Führung des Softwareunternehmens Service Now. Seit 13. Januar 2020 ist Donahoe Vorstandschef von Nike. Zuvor saß er im Verwaltungsrat des Sportkonzerns.
Nike ist der größte Sportkonzern der Welt, mit weitem Abstand folgen die deutschen Wettbewerber Adidas und Puma. Donahoe ist erst der vierte Chef in der fast 50-jährigen Geschichte des Unternehmens aus Oregon. Sein Vorgänger Mark Parker wechselte im Januar an die Spitze des Verwaltungsrats. Er hatte den Turnschuh-Hersteller 14 Jahre lang geführt. Phil Knight, 81, gründete Blue Ribbon Sports 1964. Aus dem Start-up ging 1971 Nike hervor.
Sie haben die E-Commerce-Plattform Ebay geführt und den IT-Konzern Service Now. Wo sehen Sie den größten Unterschied zu Nike? Innovationen in der Schuh- und Textilindustrie sind sicherlich komplexer. Das liegt schon an der Lieferkette und an der gewaltigen Produktpalette.
Inwiefern hilft Ihnen ihr Erfahrungsschatz als Chef eines Turnschuh-Herstellers? Die Leute fragen mich häufig: Bist Du jetzt der Digitalmensch bei Nike? Aber das ist nicht der Punkt. Am wichtigsten ist es, den Blick der Konsumenten einzunehmen. Die unterscheiden doch gar nicht zwischen digitaler und physischer Welt. Die Leute bestellen am Handy und holen die Ware im Laden ab, oder sie ordern im Shop und lassen es sich nach Hause schicken. Das vermischt sich alles. Am besten zeigt sich das in unseren Flagship-Stores in Schanghai und New York.
Was ist dort so besonders? Es ist wirklich ein Erlebnis, wir ziehen die Menschen regelrecht von der Straße in den Laden. Dort nutzen wir digitale Mittel, um die Innovationen zum Leben zu erwecken. Gleichzeitig können die Menschen die Ware anfassen und anprobieren.
Die Geschäfte vor Ort werden also nicht verschwinden? Genau, die Menschen wollen die Wahl haben.
Die größten Wachstumsbringer waren zuletzt aber zwei Apps Ihres Konzerns, nicht wahr? Ja, damit sind wir enorm gewachsen. Unsere Marke ist stark genug, um die Konsumenten direkt anzuziehen. Die Leute kommen ohne Umwege zu uns. Das gelingt nicht jedem in dieser unübersichtlichen Welt. Aber auch hier gilt: Womöglich bestellt jemand in Deutschland über die App und holt die Ware bei einem Partner ab. Letztlich dreht sich immer alles darum: Was wünschen die Kunden?
Und wie erfahren Sie das als CEO einer so großen Firma? Ah, das zeigt schon mein Start hier bei Nike. Gleich an meinem ersten Arbeitstag war ich in China, und zwar im Store in Schanghai. Dort hab‘ ich mir angeschaut, wie die Leute in den Laden kommen und gesehen, wie sich unser Personal den Kunden gegenüber verhält. Wir sind dann in 25 Filialen in China gefahren.
Welche Technologie wird Ihr Geschäft wohl am meisten verändern in den nächsten Jahren? Ich denke, dass auch für uns die 70/20/10-Regel gilt, wie wohl für die meisten Firmen. 70 Prozent der Energie stecken Sie in Dinge, die dieses Jahr relevant sind. 20 Prozent in Innovationen, von denen wir wissen, dass sie innerhalb der nächsten drei Jahre auf den Markt kommen. Und ein Zehntel der Investments geht in die Grundlagenforschung, also in Technologien, die kommen können – oder auch nicht.
Gehört der 3D-Druck dazu, über den schon lange viel geredet wird? Da sind wir noch nicht einmal ansatzweise so weit, das massentauglich hinzukriegen. Aber ist das relevant? Natürlich. Das gilt auch für andere Ansätze. Wir haben zum Beispiel eine Firma namens Celect übernommen. Sie ist darauf spezialisiert, große Datenmengen zu analysieren, um so die Nachfrage von Konsumenten vorherzusagen. Das gehört zu den zehn Prozent bei uns.
Nike bringt jetzt die Schuh-Kollektion „Space Hippies“ in die Läden, die komplett aus Abfällen aus ihrer Produktion hergestellt wird. Ist Nachhaltigkeit auf einmal wichtig fürs Geschäft? Das hat zwei Aspekte. Man muss kein Raketenwissenschaftler sein, um zu erkennen, dass es den Klimawandel gibt. Und er beeinflusst den Sport. Ein Beispiel: Die Olympischen Spiele in Tokio werden vermutlich die heißesten aller Zeiten sein. Sie haben schon den Marathon nach Sapporo verlegt, weil es unmöglich wäre, den Lauf in Tokio auszutragen. Das heißt: Der Klimawandel wirkt sich direkt auf die Möglichkeiten aus, zu trainieren und Wettkämpfe zu absolvieren. Also sind wir gefordert. Dazu kommt: Nachhaltigkeit wird für die Konsumenten immer wichtiger, sie wird das Verhalten der Leute bestimmen. Die Menschen erwarten von uns, dass wir eine Bewegung anführen. All das ist ja nicht neu für Nike. Niemand recycelt so viel Polyester wie wir weltweit. Jedes Jahr werden eine Milliarde Plastikflaschen wiederverwertet, zum Beispiel für die Trikots der National Basketball Association.
Sehen Sie einen Grund, die Kultur bei Nike zu ändern? Unsere Firmenkultur ist gut. Aber Kulturen sind lebende Organismen, sie müssen sich entwickeln. In meiner 100-Tage-Tour durch den Konzern stelle ich deshalb drei einfache Fragen. Erstens: Was muss Nike in den nächsten drei Jahren unbedingt erreichen? Zweitens: Was macht unsere Kultur einzigartig? Drittens: Welche drei Dinge sollten wir ändern, um für die Konsumenten auch morgen noch interessant zu sein? Nike hat sich zuletzt schon stark verändert.
Inwiefern? Nehmen Sie nur unsere jüngste Modenschau in New York. Da waren die unterschiedlichsten Athleten auf der Bühne zu sehen, Behindertensportler, verschiedene Körperformen, letztlich ein Abbild der Konsumenten. Vielfalt ist ein Quell der Stärke. Die innovativsten Teams sind sehr vielfältig, das zeigen alle Untersuchungen.
Hat Nike in der Vergangenheit Fehler gemacht, etwa mit dem „Oregon Project“, einer wegen Dopingvorwürfen schwer umstrittenen Trainingsgruppe auf ihrem Campus? Da war ich noch nicht dabei. Ich bin erst am 13. Januar angetreten. Deshalb schaue ich jetzt nach vorne. Aber ich habe die Kultur bei Nike als durchaus selbstkritisch kennen gelernt: Da sind Dinge, die gut laufen, und dann sind da Sachen, die wir besser machen könnten. Jemand erfand mal den schönen Werbespruch von Nike: „There is no finish line“, („Es gibt keine Ziellinie“). Und das ist Teil unserer Kultur. Wir schauen immer, was morgen noch ein Stückchen besser geht.
In Deutschland sitzen Ihre zwei wichtigsten Wettbewerber… ... wir haben Wettbewerber? (lacht)
O.K., aber in Deutschland ist Nike vergangenes Jahr zur Nummer eins aufgestiegen. Wie wichtig ist die Heimat der größten Konkurrenten für Sie? Der Markt steht schon lange im Fokus von Nike, daran wird sich auch nichts ändern. Die deutschen Konsumenten sind wirklich sehr anspruchsvoll, sie fordern hohe Qualität, und die Produkte müssen langlebig sein. Genau das liefern wir mit unseren Partnern. Ich weiß das genau, denn schon in meinen drei vorherigen Jobs war Deutschland stets wichtig. Mit Sportereignissen wie dem Berlin Marathon sorgt Deutschland zudem auch global für Aufsehen.
China ist Ihr wichtigster Wachstumsmarkt. Sie waren gerade dort, sind aber rechtzeitig vor der Ausbreitung des Coronavirus zurückgekommen. Wie sehen Sie die Lage? Das ist eine herausfordernde Zeit für China. Ich habe gerade unserer China-Chefin eine Nachricht geschickt.
(Donahoe zieht sein Smartphone hervor und zeigt den Text.) „Der Schutz und die Gesundheit Ihres Teams ist das Allerwichtigste. Lassen Sie uns wissen, wenn wir etwas für Sie tun können. Ich bin zuversichtlich, dass Sie uns durch diese herausfordernde Phase führen werden.“ Ich weiß nicht, wie lange das alles dauern wird. Aber ich bin überzeugt, dass die Behörden rund um den Globus die Sache in den Griff bekommen.
Sie machen sich keine Gedanken ums Geschäft? Jetzt geht es um unsere Mitarbeiter, um unsere Partner und die chinesischen Konsumenten. Langfristig hat China glänzende Aussichten, die Regierung hat ein Interesse an einem gesünderen Lebenswandel, die Leute sollen aktiver werden. Nike ermöglicht genau das, und zwar vom Leistungssport bis runter in die Dörfer.
2 Kommentare zu "Interview: Nike-Chef John Donahoe: „Adidas und Puma? Nie gehört“"
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Frau Anne-Careen Engel
... leider einmal mehr ein Artike an der aktuellen politischen Debatte vorbei : - es geht fast ausschließlich um Wachstum - monetär, versteht sich - und Nachhaltigkeit ist schön, wenn man damit Imagepflege betreiben kann und vor allem, wenn es sich rechnet. Plastikflaschen sind günstiger zu haben, als natürlicher Rohstoff ...
ABER WO BLEIBT DER KRITISCHE JOURNALISMUS ?
- Nestlé pumpt noch immer in armen Ländern das Grundwasser ab, um es dann den Menschen wieder teuer zu verkaufen.
- Für die Herstellung seines Schokoriegels Kitkat benötigt Nestlé Palmöl und nimmt dafür den Rückgang von Regenwaldflächen in Kauf. Das bringt unser Klima in Gefahr.
- In Babyprodukten von Nestlé sind in einigen Ländern Zucker und Zusatzstoffe enthalten. Schon in den 70er und 80er Jahren sorgte Nestlé-Werbung für Muttermilchersatz dafür, dass viele Mütter statt zu Stillen auf Nestlé-Milchersatzprodukte zurückgegriffen haben. In Entwicklungsländern sind wegen verschmutztem Wasser bei der Zubereitung der Ersatzprodukte Tausende Kinder gestorben.
Kein Wunder, dass viele Menschen keine Nestlé-Produkte mehr kaufen möchten und bereits die ersten Geschäftsinhaber Nestlé-Produkte auslisten. Allerdings ist das gar nicht so leicht. Denn Nestlé steckt hinter zahlreichen Produkten.
Herr Daniel Pfeiffer
Also, einerseits Nachhaltigkeit und Umweltschutz predigen, andererseits das Unternehmen "kennen lernen" indem man quer um den Erdball fliegt.
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... leider einmal mehr ein Artike an der aktuellen politischen Debatte vorbei :
- es geht fast ausschließlich um Wachstum - monetär, versteht sich - und Nachhaltigkeit ist schön, wenn man damit Imagepflege betreiben kann und vor allem, wenn es sich rechnet.
Plastikflaschen sind günstiger zu haben, als natürlicher Rohstoff ...
ABER WO BLEIBT DER KRITISCHE JOURNALISMUS ?
- Nestlé pumpt noch immer in armen Ländern das Grundwasser ab, um es dann den Menschen wieder teuer zu verkaufen.
- Für die Herstellung seines Schokoriegels Kitkat benötigt Nestlé Palmöl und nimmt dafür den Rückgang von Regenwaldflächen in Kauf. Das bringt unser Klima in Gefahr.
- In Babyprodukten von Nestlé sind in einigen Ländern Zucker und Zusatzstoffe enthalten. Schon in den 70er und 80er Jahren sorgte Nestlé-Werbung für Muttermilchersatz dafür, dass viele Mütter statt zu Stillen auf Nestlé-Milchersatzprodukte zurückgegriffen haben. In Entwicklungsländern sind wegen verschmutztem Wasser bei der Zubereitung der Ersatzprodukte Tausende Kinder gestorben.
Kein Wunder, dass viele Menschen keine Nestlé-Produkte mehr kaufen möchten und bereits die ersten Geschäftsinhaber Nestlé-Produkte auslisten. Allerdings ist das gar nicht so leicht. Denn Nestlé steckt hinter zahlreichen Produkten.
Also, einerseits Nachhaltigkeit und Umweltschutz predigen, andererseits das Unternehmen "kennen lernen" indem man quer um den Erdball fliegt.