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Juristischer Krieg gegen Alnatura Das ungeschminkte Gesicht der Drogerie-Kette dm

Das Unternehmen dm pflegt sein freundliches Image. Doch im Markt zeigt sich der Händler knallhart: Gründer Götz Werner verklagt seinen Schwager, Alnatura-Chef Götz Rehn. Auch Lieferanten und Mitarbeiter äußern Kritik.
21.01.2016 - 06:44 Uhr
In einigen Filialen klagen Mitarbeiter über einen rauen Umgangston, über Willkür in der Führung, über Mobbing – ohne dass das Konsequenzen hätte. Quelle: dpa
dm-Filiale in Karlsuhe

In einigen Filialen klagen Mitarbeiter über einen rauen Umgangston, über Willkür in der Führung, über Mobbing – ohne dass das Konsequenzen hätte.

(Foto: dpa)

Düsseldorf/Hamburg Auf den ersten Blick ist es nur ein unscheinbares bürokratisches Kürzel, dabei dokumentiert es einen Kulturwandel: Unter dem Aktenzeichen 2–06 O 44/15 hat dm-Gründer Götz Werner seinen langjährigen Geschäftspartner, den Alnatura-Chef Götz Rehn, vor dem Landgericht Frankfurt verklagt. Ausgerechnet Werner, der Mann, der die Anthroposophie zu seinem Weltbild als Unternehmer erklärte.

Für Rehn geht es um die Existenz: Macht ihm Werner doch nicht weniger als die Markenrechte an Alnatura streitig. Fast 30 Jahre lang verkaufte dm mit großem Erfolg die Bioprodukte von Alnatura. Doch Mitte vergangenen Jahres dann der erste Schock: dm führt eine eigene Bio-Marke ein und listet die Produkte des Partners Stück für Stück aus. Dank des Sortiments des Bio-Pioniers hat sich dm als Anlaufstelle für ökologisch orientierte Verbraucher etabliert. Nun verspricht sich der Händler von der Eigenmarke offenbar eine höhere Marge. Dass das den Zulieferer, der einen Großteil seiner Produkte über dm verkauft hat, in ernste Probleme gestürzt hat, wird offenbar in Kauf genommen.

Als wäre das nicht genug, führt Werner nun auch noch einen juristischen Krieg gegen Rehn, der sein Schwager ist. Beide Unternehmen und die Chefs wollen sich zu den juristischen Streitigkeiten inhaltlich nicht äußern. Doch Werner steht offenbar auf dem Standpunkt, dass dm Alnatura erst groß gemacht hat und ihm der Wert der Marke zusteht.

Die Auslistung bei dm hat das Unternehmen schwer getroffen. Quelle: dpa
Alnatura

Die Auslistung bei dm hat das Unternehmen schwer getroffen.

(Foto: dpa)

Das Landgericht Frankfurt hat die Klage abgewiesen. Doch Werner will es offenbar wissen. Er hat Berufung am Oberlandesgericht Frankfurt eingelegt, wie das Gericht dem Handelsblatt bestätigte.

Auf den ersten Blick überrascht diese unbarmherzige Haltung: Wirbt der Konzern doch in seiner Eigendarstellung damit, dass er sich „in sämtlichen Beziehungen zu Kunden, Mitarbeitern, Handelspartnern bis hin zur Umwelt konsequent dem Gedanken der Mitmenschlichkeit und Partnerschaftlichkeit verpflichtet fühlt“. Und der bekennende Anthroposoph Götz Werner redet seinen Unternehmerkollegen gerne ins Gewissen: „Wenn wir am Ende eines Jahres viel Gewinn gemacht haben, dann haben wir etwas falsch gemacht“, schreibt er in seiner Autobiografie.

Doch der aggressive Expansionskurs des Unternehmens scheint Spuren hinterlassen zu haben. Mitarbeiter, Lieferanten und Geschäftspartner berichten, dass sich hinter der freundlichen Fassade mehr und mehr ein knallhartes Geschäftsgebaren durchsetzt.
„Bei dm gibt es große Unterschiede zwischen dem, wie sich das Unternehmen nach außen darstellt und wie es wirklich aussieht“, sagt ein Branchen-Insider dem Handelsblatt. Der Drogeriekonzern kämpfe rücksichtslos darum, Marktanteile zu gewinnen. Im Wettlauf mit dem Konkurrenten Rossmann hat dm die Lücken besetzt, die der Zusammenbruch von Schlecker hinterlassen hat. Im Schnitt an jedem zweiten Tag wird ein neuer dm-Markt eröffnet, mehr als 1 700 sind es bereits allein in Deutschland.

Sind bei der rasanten Expansion der vergangenen Jahre einige der Ideale des Gründers auf der Strecke geblieben? Klafft bei der Drogeriekette dm ein Spalt zwischen Anspruch und Wirklichkeit?

dm-Chef Erich Harsch weist die Kritik zurück. „Wir haben für uns weder einen ,Anspruch’ noch ,Leitlinien’ definiert, denn wir sind kein anthroposophisches Unternehmen“, sagt er dem Handelsblatt. „Wenn es so etwas wie eine definierte Leitlinie gibt, dann lautet diese: Kooperation statt Konfrontation.“

Klaus Herber (Name geändert) hat andere Erfahrungen gemacht. Als stellvertretender Filialleiter eines dm-Markts in Süddeutschland stand er mit Begeisterung hinter der Firmenphilosophie. Doch dann bekam er eine neue Filialleiterin, die ihn mobbte, bis er den Druck nicht mehr aushielt. Er bekam eine Erschöpfungsdepression, konnte nicht mehr arbeiten und wurde für Wochen krankgeschrieben, wie er erzählt.

Was ihn am meisten enttäuschte: Niemand, so sagt er, gab ihm Rückendeckung. In einem 14-seitigen Brief an dm-Gründer Werner und Firmenchef Harsch habe er sich seinen Frust von der Seele geschrieben, die Firmenleitung an ihre Ideale erinnert. Eine direkte Reaktion blieb aus, immerhin folgte ein Gespräch mit dem Gebietsleiter. „Das ist schizophren: Die Philosophie, die nach außen getragen wird, wird innen nicht mehr konsequent gelebt“, klagt Herber.

Welche Drogeriemärkte die Kunden empfehlen
Worauf achten Kunden in Drogeriemärkten?
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Der „Kundenmonitor Deutschland“ hat in 3153 telefonischen Interviews Deutsche gefragt, wie sie die größten deutschen Drogerieketten bewerten. Dabei mussten sie ihre Einschätzung zu unterschiedlichen Bewertungskriterien abgeben. Unter anderem wurden sie nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis, der Sauberkeit, der Qualität der angebotenen Produkte und der Freundlichkeit der Mitarbeiter gefragt. Die Befragten konnten auf einer Zufriedenheitsskala die Kriterien mit Noten zwischen 1 (vollkommen zufrieden) bis 5 (unzufrieden) bewerten.

(Foto: Imago)
Die wichtigsten Kategorien
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Die Befragung zeigte, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Angebotsvielfalt am ausschlaggebendsten für die Zufriedenheit der deutschen Drogeriekunden ist. Die Analyse der einzelnen Kriterien ergab zudem, dass sich die Drogeriemärkte in jeder Kategorie verbessern konnten. Besonders stark war die Verbesserung bei den Themen Sauberkeit, Produktqualität, Angebotsübersichtlichkeit, Freundlichkeit und den Öffnungszeiten.

(Foto: dpa-dpaweb)
Zufriedenheit nimmt mit zunehmenden Alter ab
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So leere Regale findet man in deutschen Drogeriemärkten selten vor. Dennoch gibt es vereinzelt auch unzufriedene Kunden. Die Befragung von Kundenmonitor Deutschland hat ergeben, dass die Zufriedenheit mit zunehmenden Alter abnimmt. Kunden unter 40 Jahren hingegen haben die wenigsten Einwände hinsichtlich der Qualität der Filialisten.

(Foto: Reuters)
Platz 4: Rossmann
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Als Rossmann 1972 gegründet wurde, war es das erste Selbstbedienungsgeschäft für Drogeriewaren. Gründervater ist Dirk Roßmann. Seine Drogeriekette ist mittlerweile die zweitgrößte Deutschlands. Er beschäftigt 26.000 Mitarbeiter und betreibt 1820 Filialen. Rossmann kann vor allem bei der jungen Kundschaft im Alter zwischen 16 bis 39 Jahren punkten, die die Drogeriekette mit einem Mittelwert von 1,95 bewertet haben. Schlechter sieht es bei der älteren Kundschaft aus. Hier kommt Rossmann nur auf einen Mittelwert von 2,2. Insgesamt kann sich Rossmann aber leicht verbessern. Die Durchschnittsnote liegt 2015 bei 2,11. Im Vorjahr bekam die Drogerie nur eine 2,14.

(Foto: dpa)
Platz 3: Müller
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Bei der Drogeriekette Müller spielt das Alter hinsichtlich der Zufriedenheit kaum eine Rolle. Insgesamt gaben 71 Prozent der Befragten unter 40 an, mit der Leistung von Müller zufrieden zu sein. Bei den über 60-Jährigen lag der Anteil der Zufriedenen bei 66 Prozent. Insgesamt wurde Müller mit einer Durchschnittsnote von 1,99 bewertet.

(Foto: Imago)
Platz 2: Budnikowsky
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Budnikowsky betreibt vor allem in Norddeutschland seine Filialen. 2014 betrug der Umsatz rund 413 Millionen Euro. Die Kunden gehören zu den zufriedensten in Deutschland. Seit 2004 konnte Budnikowsky die Kundenzufriedenheit kontinuierlich steigern. Bei der aktuellen Befragung durch Kundenmonitor Deutschland bekam die Kette eine Durchschnittsnote von 1,92. Besonders zufrieden waren Käufer im Alter zwischen 16 und 39 sowie 40 bis 59 Jahren.

(Foto: Imago)
Platz 1: dm
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Knapp vor Budnikowsky belegt dm den ersten Platz im Zufriedenheitsranking. Vor allem in Norddeutschland wird die Kette immer beliebter. Allein in Hamburg steigerte der Drogeriemarkt seine Stammkundschaft von acht auf 17 Prozent. 83 Prozent der Kundschaft im Alter zwischen 16 bis 39 Jahren gab an, mit der Qualität der dm-Märkte vollkommen zufrieden zu sein. Immerhin 70 Prozent der älteren Kundschaft zeigte sich ebenfalls zufrieden mit den Leistungen. Als Durchschnittsnote vergaben die Befragten eine 1,88.

(Foto: obs)

„Wenn dm-Gründer Götz W. Werner oder ich Hinweise auf ein Fehlverhalten bei dm erhalten, dann geben wir diese Hinweise direkt weiter an den jeweiligen Regions- bzw. Ressortverantwortlichen“, verteidigt sich dm-Chef Harsch. „Sie können davon ausgehen, dass meine Kollegen dann prüfen, ob die Kritik berechtigt ist, da es in einem Unternehmen mit mehr als 50.000 Mitarbeitern auch zu einem Fehlverhalten kommen kann.“

Tatsächlich ist Klaus Herber wohl kein Einzelfall. In einigen Filialen klagen Mitarbeiter über einen rauen Umgangston, über Willkür in der Führung, über Mobbing – ohne dass das Konsequenzen hätte. Es gibt bereits Foren im Internet, in denen sich Betroffene austauschen.

Auch die Lieferanten spüren die Macht von dm
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