Die Tengelmann-Gruppe gibt bekannt, aus dem Supermarktgeschäft auszusteigen und seine 451 Kaiser's-Tengelmann-Filialen mit knapp 16.000 Angestellten an Edeka verkaufen zu wollen.
Das Bundeskartellamt äußert Bedenken wegen einer möglichen „Verdichtung der ohnehin schon stark konzentrierten Marktstrukturen“ und Nachteilen für Verbraucher und Lebensmittel- und Konsumgüterhersteller.
Das Kartellamt untersagt die Übernahme. Die Unternehmen gehen gegen das Verbot gerichtlich vor.
Tengelmann und Edeka beantragen bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Sondererlaubnis, um das Nein des Kartellamts auszuhebeln. Sie betonen, dass nur die Gesamtübernahme durch Edeka die 16.000 Arbeitsplätze von Kaiser's Tengelmann sichere und bei einer Zerschlagung mindestens 8000 Stellen wegfallen würden.
Die Monopolkommission fordert Gabriel auf, das Geschäft nicht zu genehmigen – auch nicht unter Auflagen. Sie argumentiert, dass mögliche Gemeinwohlvorteile die zu erwartenden Wettbewerbsbeschränkungen nicht aufwiegen. Zudem zweifelt die Kommission die Jobsicherung an: Bei Doppelstandorten könnten Stellen bei Edeka wegfallen.
Gabriel stellt eine Ministererlaubnis unter Bedingungen in Aussicht. Er kündigt an, das Geschäft zu genehmigen, wenn Edeka 97 Prozent der Jobs bei Kaiser's Tengelmann für mindestens fünf Jahre sichert. Auch soll Edeka die drei Birkenhof-Fleischwerke mindestens drei Jahre halten.
Gabriel verschärft die Auflagen: Zusätzlich zu den „aufschiebenden Bedingungen“, die vor Vollzug der Übernahme erfüllt sein müssen, formuliert er „auflösende Bedingungen“. Das Geschäft könnte damit bei Verstößen gegen diese Auflagen rückgängig gemacht werden.
Der Minister gibt seine Erlaubnis unter Auflagen bekannt. Er begründet dies mit der Sicherung der Arbeitsplätze. Rewe, Markant und Norma reichen Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ein. Parallel stellen Rewe und Markant einen Eilantrag, um zu verhindern, dass die Übernahme vor der Gerichtsentscheidung unter Dach und Fach gebracht wird.
Das OLG Düsseldorf legt die Übernahme auf Eis. Es stuft die Ministererlaubnis im Eilverfahren als rechtswidrig ein – unter anderem wegen möglicher Befangenheit Gabriels. Außerdem sieht das Gericht im Erhalt der Arbeitnehmerrechte keinen Gemeinwohlgrund. Gabriel weist die Vorwürfe zurück.
Edeka legt gegen den OLG-Eilbeschluss beim Bundesgerichtshof (BGH) eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde ein. Auch Tengelmann und das Bundeswirtschaftsministerium rufen den BGH kurz darauf an.
Edeka hat sämtliche Tarifverträge mit Verdi für die Übernahme von Kaiser's Tengelmann in der Tasche. Wenige Tage später folgt die Einigung mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten für die rund 400 Beschäftigten der drei Birkenhof-Fleischwerke. Damit erfüllt Edeka Auflagen der Ministererlaubnis.
Das OLG Düsseldorf setzt für den 16. November eine Verhandlung für das Hauptverfahren gegen die Ministererlaubnis an. Am 15. November will der BGH über die Beschwerden gegen das Vorgehen des OLG aus dem Eilverfahren entscheiden.
Verdi ruft zu einem Spitzengespräch. Tengelmann, Edeka, Rewe, Markant und die Gewerkschaft einigen sich darauf, an einer „tragfähigen, gemeinsamen Lösung“ arbeiten zu wollen.
Nach einer Aufsichtsratssitzung erklärt Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub, er gebe der Suche nach einer gemeinsamen Lösung noch eine letzte Chance. Die Frist dafür beträgt zwei Wochen. Dann entscheidet er, ob er die Kette zerschlägt.
Bei einem zweiten Spitzentreffen vereinbaren die Supermarktchefs überraschend, dass die Edeka-Konkurrenten ihre Klage zurückziehen und damit den Weg frei machen für die Übernahme. Sie geben sich Zeit bis zum 17. Oktober.
Die Gespräche werden am 13. Oktober vor Ablauf der Einigungsfrist abgebrochen. Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub fühlt sich von Rewe-Chef Alan Caparros übervorteilt und will die Mitarbeiter am 14. Oktober über die Zerschlagung der Supermarktkette informieren.
Die Discount-Kette Norma will ihre Beschwerde gegen die Ministererlaubnis von Sigmar Gabriel zurückziehen.
Auch Markant gibt bekannt, die Beschwerde gegen die Erlaubnis von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zurückziehen zu wollen. Damit hält nur noch die Supermarktkette Rewe an der Beschwerde fest,
Die Rettungsbemühungen um Kaiser's Tengelmann gehen hinter den Kulissen weiter. Altbundeskanzler Gerhard Schröder soll zusammen mit dem Ex-Wirtschaftsweisen Bert Rürup das Schlichtungsverfahren im festgefahrenen Konflikt leiten.
Wegen der laufenden Schlichtung legt der Bundesgerichtshof nach dem Oberlandesgericht das Tengelmann-Verfahren auf Eis.
Rewe und Edeka einigen sich über Kaufpreis für Berliner Kaiser's-Filialen. Trotzdem sind „letzte Details” zu klären.
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@Herr Manfred Zimmer
"Ob Gabriel etwas richtig oder falsch gemacht hat, ist nicht die Frage."
Genau das ist die Frage. Das Kartellamt hat die Übernahme verboten, die Monopolkommission war auch dagegen. Der Minister kann nach $ 42 GWB die Erlaubnis trotzdem erteilen, wenn gesamtwirtschaftliche Vorteile überwiegen. Die Filialen, die wirtschaftlich betrieben werden können, werden sicherlich einen Abnehmer finden. Die anderen hätte Edeka auch geschlossen. Nicht gleich, aber man kann ja auch mit anderen Mitteln Personal abbauen. Für den einzelnen Mitarbeiter ist es bestimmt schlimm, wenn sein Arbeitsplatz wegfällt. Aber ein gesamtwirtschaftliches Interesse kann man doch wohl nicht unterstellen. Die Richter müssen nach dem Gesetz urteilen und müssen nichts beweisen. Wenn das anders sein soll, muß man die Gesetze ändern. Soll es jetzt eine "Lex Tengelmann" geben?
Dieser Artikel beruht offensichtlich nicht auf investigativer Arbeit sondern auf einer Meinungsäußerung des Artikelverfasser, der wohl sypathiemäßig auf der Seite von Edeka u.Tengelmann steht.
In diesem Poker kann man nicht unterscheiden zwischen den/dem Bösen auf der einen Seite und den Guten auf der anderen Seite. Beschämend ist vor allem, wie bei der ganzen Angelegenheit von Seiten Tengelmann die Mitarbeiter skrupellos als Geisel in dem Verhandlungspoker benutzt werden.
Dabei ist der drohende Verlust der Arbeitsplätze von einem Teil der Mitarbeiter sicher für die Betroffenen tragisch, gesamt gesehen ist es aber das kleinere Problem.
Wenn Edeka hier so wie Edeka es wünscht zum Zuge kommt hat das große Nachteile für die Lieferanten (und hier arbeiten insgesamt viel mehr Leute, als bei Tengelmann) und in der Folge große Nachteile für die Verbraucher (auch hier ist eine größer Zahl von Menschen betroffen, als die Tengelmannbelegschaft ausmacht).
Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich.http://www.handelsblatt.com/netiquette
Herr Trantow, Sie haben vergessen die Richter aufzuzählen, die entscheidenden Anteil an der Zerschlagung haben.
Während diese Richter weiterhin Gehälter und später Pensionen beziehen müssen andere Familien um's Überleben kämpfen.
Ob Gabriel etwas richtig oder falsch gemacht hat, ist nicht die Frage. Wenn Richter nicht nachweisen können, dass sie etwas "Fotokopierbares" gesehen haben, dann sollte man auch sie zur Rechenschaft ziehen.
Ich weiß, es wird nicht gemacht. Aber haben wir es dann nicht mit einem Systemfehler zu tun, den es abzustellen gilt?
Die armen Kaisers-Mitarbeiter werden jetzt bedauert. Es ist die falsche Nachricht. Warum werden die Manager, Führungskräfte nicht angeklagt wegen Totalvernichtung, Totalversagen, Klage wegen nicht erfüllung des Arbeitsvertrages: " Zum Wohl der Firma" zu arbeiten? Dies schließt natürlich auch zum Wohl der Mitarbeiter ein. Aber so ist Deutschlands neue, erfolgreiche Managergeneration. Versagen wird belohnt, wie z.B. Banker.