Kartellrechtler Marc Besen „Geheimgespräche sind seit jeher problematisch“

„Elementare Verfahrensgrundsätze sind einzuhalten.“
Der Partner der Kanzlei Clifford Chance ist spezialisiert auf europäisches und deutsches Wettbewerbsrecht, insbesondere im Zusammenhang mit Käufen von Unternehmen.
Herr Besen, nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hätte Wirtschaftsminister Gabriel nicht über die Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka entscheiden dürfen. Sein Verhalten habe den Anschein der Befangenheit und fehlenden Neutralität erweckt, heißt es. Ist damit die Ministererlaubnis nicht ad absurdum geführt?
Ob es das Instrument der Ministererlaubnis geben sollte, ist eine rechtspolitische Frage, die der Gesetzgeber bis jetzt bejaht hat. Dem Bundeswirtschaftsminister wird für seine Entscheidung ein gewisser Beurteilungsspielraum zugebilligt. Elementare Verfahrensgrundsätze sind aber auch hier einzuhalten. Das gilt erst recht, wenn die Interessen Dritter betroffen sein können. Nach Ansicht des Kartellsenats wurden deren Verfahrensrechte nicht ausreichend gewahrt. Das Instrument als solches ist dadurch aber nicht infrage gestellt.
Wie müsste ein Minister denn handeln, um juristisch nicht als befangen zu gelten?
Der Beschluss macht eine Ministererlaubnis als solche nicht unmöglich. Der Kartellsenat beruft sich auf den Grundsatz, dass der Minister nicht zuletzt für eine Transparenz in einer Art und Weise sorgen muss, die es Dritten ermöglicht, ihren Standpunkt vorzutragen, sich also in ausreichendem Maße rechtliches Gehör zu verschaffen. Dies ist nichts Neues.
Gab es in der Vergangenheit schon einmal Fälle, die mit dem Übernahmeversuch von Edeka vergleichbar sind?
Das Thema „inkorrekte Verfahrensdurchführung“ wurde auch in Sachen Eon/Ruhrgas erörtert. „Geheimgespräche“ werden seit jeher als problematisch eingestuft.
Ist mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts die Fusion endgültig vom Tisch?
Aus rein formaljuristischer Sicht bedeutet dieser im Eilverfahren ergangene Beschluss nicht sofort das Ende des Zusammenschlussvorhabens. Die Parteien haben einerseits die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Andererseits muss das Oberlandesgericht Düsseldorf ja noch in der Hauptsache, das heißt im eigentlichen Beschwerdefahren, entscheiden, womit in den kommenden Monaten zu rechnen ist.
Die Richter argumentieren auch, dass sie in dem Erhalt von 16 000 Arbeitsplätzen keinen Beitrag zum Gemeinwohl sehen. Was liegt denn dann im Interesse aller?
Das Gericht sieht lediglich in dem Erhalt der sogenannten kollektiven Arbeitnehmerrechte, also zum Beispiel den Tarifverträgen, keinen Gemeinwohlbelang. Demgegenüber erkennt es diesen hinsichtlich der Arbeitsplatz- und Beschäftigungssicherung ausdrücklich an. Die diesbezügliche Bewertung sei jedoch fehlerhaft erfolgt. Außerdem seien die verfügten Nebenbestimmungen nicht geeignet, die hohe Zahl an Arbeitsplätzen zu sichern.
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