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Katastrophe Waldbrand-Inferno am Mittelmeer: Reiseveranstalter bangen um Last-Minute-Reisen

Deutschlands Reisebranche ist von den Waldbränden am Mittelmeer noch wenig betroffen. Dennoch bedrohen sie dringend benötigte Last-Minute-Buchungen.
10.08.2021 - 12:35 Uhr Kommentieren
Deutsche Reiseveranstalter zeigen Kulanz. Quelle: dpa
Rauchverhangener Strand in Griechenland

Deutsche Reiseveranstalter zeigen Kulanz.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Die massenhaften Waldbrände in Griechenland und in der Türkei lassen Deutschlands Urlaubsveranstalter um einen Teil ihres Reisegeschäfts zittern. „Bislang ist eine Stornierungswelle ausgeblieben“, berichtet Detlef Schroer, Vertriebschef bei Schauinsland-Reisen in Duisburg, „aber von unseren Kunden gibt es viele Rückfragen.“ Zudem fürchten die Veranstalter um das lukrative Last-Minute-Geschäft.

Am östlichen Mittelmeer und in mehreren Regionen Italiens kämpfen die Feuerwehren seit Tagen gegen eine hohe Zahl unkontrollierter Waldbrände. Ausgelöst durch eine lang anhaltende Hitzewelle und wohl auch zahllose Brandstiftungen wüten die Flammen insbesondere nördlich der griechischen Hauptstadt Athen, auf der Insel Euböa und im Südwesten der Türkei, rund um die Stadt Mugla. Auch Sardinien und Teile der italienischen Adriaküste sind betroffen. Einzelne Brände gibt es zudem auf Kreta und der Halbinsel Peloponnes.

Angesichts der massenhaften Brände ist die Anzahl der betroffenen Urlaubsresorts noch vergleichsweise gering. „Weder in Griechenland noch in der Türkei mussten Hotels, die wir im Programm haben, wegen der Brände schließen“, erklärte ein Sprecher von Alltours auf Anfrage. In der Türkei habe man lediglich ein Hotel als Vorsorgemaßnahme vorübergehend evakuiert.

Beim Marktführer Tui ist die Auskunft ähnlich. „Unsere Anlagen sind von den Bränden nicht unmittelbar betroffen“, sagte ein Sprecher. Reisen habe man deshalb bislang nicht absagen müssen.

Der Münchener Reiseveranstalter FTI quartierte Gäste, die Hotels in den türkischen Urlaubsorten Marmaris und Bodrum gebucht hatten, zur Sicherheit in andere Feriengebiete um. „Direkt vom Feuer betroffen waren die Unterkünfte nicht“, berichtete eine Sprecherin, „aber wir gehen kein Risiko ein.“

In allen anderen mediterranen Urlaubsgebieten, die FTI ansteuert, sind die Brände aktuell weit genug entfernt. „Euböa und die Vororte von Athen gelten unter Urlaubern nicht als Highlights“, hieß es im Unternehmen, touristische Hochburgen seien dagegen von den Brandkatastrophen nicht betroffen. „Dennoch checken wir täglich die Lage“, sagte die FTI-Sprecherin.

Veranstalter haben Stornierungen erleichtert

Trotz der nur wenigen betroffenen Urlaubsresorts herrscht aufseiten der Reiseanbieter Nervosität. Denn was Stornierungen betrifft, sind viele von ihnen in diesem Sommer weitaus verwundbarer als sonst. Grund dafür ist die eigene Kulanz, mit der man ursprünglich Urlaubsbuchungen während der Corona-Pandemie erleichtern wollte.

Bis dahin musste es zu erheblichen Einschränkungen der Reiseleistung kommen, damit Pauschalurlauber kostenfrei vom Reisevertrag zurücktreten durften. Allein die Angst davor, am Urlaubsort Beeinträchtigungen in Kauf nehmen zu müssen, bot üblicherweise keinen Stornierungsgrund.

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Doch viele Pauschalanbieter warben in den vergangenen Monaten mit sogenannten Flexi-Tarifen, die ihren Kunden erlauben, doch noch kurz vor Reisebeginn von ihrer Buchung zurückzutreten. Gedacht war dies für den Fall verschärfter Corona-Regelungen in den Urlaubsgebieten – oder für überraschende Quarantäneanordnungen kurz vor Reiseantritt.

Doch die Zweckentfremdung fällt Urlaubern nun leicht. „Einen Grund für den Reiserücktritt müssen Kunden, die bei uns einen ‚Flexibel buchen‘-Tarif gewählt haben, nicht nennen“, erklärt ein Sprecher von Alltours. „Deshalb erfahren wir nicht, ob Reisen wegen Corona oder wegen der Furcht vor Waldbränden gecancelt werden.“

Hinzu komme, heißt es bei Alltours, dass Reisen dieses Jahr wegen der Pandemieunsicherheiten im Schnitt gerade einmal 19 Tage im Voraus gebucht werden. Angesichts der Bilder im Fernsehen könnte es passieren, warnt ein Firmensprecher, dass manche Urlauber nun auf eine Buchung verzichten.

Noch aber gibt es Hoffnung. „Die Zahl der Neubuchungen geht bei uns bislang nicht zurück“, berichtet Schauinsland-Vertriebschef Schroer. Zudem heißt es beim Verband der Unabhängigen Selbstständigen Reisebüros (VUSR): „Von Stornierungen hören wir derzeit nichts.“

Auf der Insel Euböa herrschen massive Brände, die Tausende Einwohner in die Flucht schlagen. Quelle: dpa
Waldbrände in Griechenland

Auf der Insel Euböa herrschen massive Brände, die Tausende Einwohner in die Flucht schlagen.

(Foto: dpa)

Doch der Umgang mit den Waldbränden am Mittelmeer, deren Zahl nach übereinstimmenden Berichten im Sommer 2021 den Durchschnitt der Vorjahre bei Weitem übersteigt, fordert von den Reiseveranstaltern zusätzliche Ausgaben.

„Wir kontaktieren unsere Gäste, die in den nächsten Tagen einen Aufenthalt in den betroffenen Regionen auf dem Peloponnes gebucht haben“, berichtet eine Sprecherin. Denn dort seien einige Ferienanlagen von den Waldbränden bedroht. Mit diesen Kunden würden nun Umbuchungen in Hotels außerhalb der Gefahrenzonen besprochen, örtliche Agenturen habe man außerdem mit dem Sicherheitsmanagement betraut. Die Mehrkosten übernehme man selbst.

Für Kulanz fehlt eigentlich das Geld

Auch bei vielen Wettbewerbern dürfte es Zusatzkosten geben. Schauinsland-Reisen berichtet, man bemühe sich für einzelne Gäste, die sich am Urlaubsort bedroht fühlen, um Umquartierungen. „Das machen wir aus Kulanz, um Stammkunden nicht zu verlieren“, sagt Vertriebschef Schroer.

Wirklich leisten können sich Deutschlands Reiseveranstalter die Kulanz kaum. Die mehrfachen Lockdowns und Reisebeschränkungen brachten das Geschäft während der Corona-Pandemie über Monate zum Erliegen, Urlaubsanbieter wie Tui, FTI oder Berge & Meer verlangten nach finanziellen Hilfen aus der Staatskasse.

Und obwohl die Buchungen in den Reisebüros seit Mai 2021 anzogen, weil sich immer mehr Reiseländer wieder dem Tourismus öffneten, ist die Branche aus ihrer Krise bislang kaum herausgekommen.
Nach Zahlen des Reisebürodienstleisters Travel Agency Technologies & Services (TATS) überstiegen die Juli-Umsätze in den Reiseagenturen zwar das Niveau des Vorjahres um 106 Prozent. Von Januar bis Juli 2021 lagen die Erlöse kumuliert jedoch immer noch 43 Prozent niedriger in den ersten sieben Monaten des Vorjahres.

Im Juli flachte der Buchungszuwachs sogar ab. Lag das Reisebürogeschäft im Juni noch 127 Prozent über dem Vorjahresmonat, erlebte es im Juli nur noch ein Plus von 79 Prozent. Einen zusätzlichen Dämpfer dürfte der Branche die Einstufung Spaniens zum Hochrisikogebiet verpasst haben, denn seit dem 27. Juli ist das Haupturlaubsland der Deutschen damit schwerer zu bereisen.

Insbesondere der Vergleich mit dem Vor-Corona-Jahr zeigt, in welcher Krise sich die deutsche Reisebranche immer noch befindet: Im Vergleich zum Juli 2019 liege der Umsatz 69 Prozent im Minus, errechnete der Dienstleister TATS, in den ersten sieben Monaten erlösten die Reisebüros sogar 83 Prozent weniger als im selben Zeitraum 2019.

Mehr: Bis zu 2,4 Billionen Dollar neue Verluste drohen: Delta-Variante verschärft die Krise der Reisebranche

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