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Konkurrenz durch neuen Lieferdienst Post-Vorstand Gerdes reicht Amazon die Hand

Amazon ist nicht nur einer der wichtigsten Kunden der Post, sondern zunehmend auch Konkurrent. Paket-Chef Gerdes will dennoch mit dem US-Konzern weiterarbeiten. Das Beispiel Großbritannien sollte ihm zu denken geben.
04.05.2016 - 16:02 Uhr
Ausgerechnet einer der größten Kunden macht der Post Konkurrenz. Quelle: dpa
Zustellfahrzeuge der Deutschen Post

Ausgerechnet einer der größten Kunden macht der Post Konkurrenz.

(Foto: dpa)

Bonn Die Deutsche Post umwirbt ihren wackligen Großkunden Amazon mit einer Charmeoffensive. Man werde selbst für den Fall, dass der Internethändler einen bundesweit konkurrierenden Paketdienst aufzieht, für den US-Konzern weiterarbeiten, sagte der fürs Paketgeschäft verantwortliche Post-Vorstand Jürgen Gerdes dem Handelsblatt. „Andere große Postdienstleister haben ja faktisch erklärt, wer sich von uns abwendet, ist unser Feind. So etwas würden wir garantiert nicht machen, weil das niemandem weiterhilft.“ Der Manager spielt damit vor allem auf Rivalen im Ausland an.

Erstmals äußerte sich Gerdes damit ausführlich zum Vorstoß des US-Versandhändlers, der direkt auf das Kerngeschäft der Deutschen Post zielt. Es sei völlig normal, dass ein Kunde etwas Neues „ausprobiert“, kommentierte er den jüngst gestarteten „Amazon Lieferdienst“. „Mit Amazon sind wir keineswegs über Kreuz. Im Gegenteil: Wir sind überzeugt davon, dass wir noch eine lange erfolgreiche gemeinsame Wegstrecke vor uns haben.“

Der US-Konzern, dem die Post nach Schätzung von Experten mehr als jeden vierten Transportauftrag verdankt, könnte dem Bonner Dax-Konzern dennoch gefährlicher werden, als dem Vorstand lieb ist. Seit Oktober testet Amazon in München die Paketauslieferung in Eigenregie. Sechs Subunternehmer hat man dazu ins Rennen geschickt – mit 240 Lieferwagen. Seither, so berichten Betreiber von Poststellen, sei das von DHL beförderte Paketvolumen in der bayerischen Hauptstadt um 25 bis 30 Prozent geschrumpft.

München wird kaum alleine bleiben, wie Amazons Logistikmanager Bernd Schwenger dem Fachblatt „Deutschen Verkehrs-Zeitung“ anvertraute: „Zunächst werden wir andere Metropolen angehen und in Stadtnähe Verteilzentren aufbauen“, sagte er.

Aufgeschreckt hat dies auch den Paketdienst Hermes, der neben der Post als Juniorpartner für Amazon ausliefert. Auch er umgarnt den Onlinehandel-Weltmarktführer. In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ bot Hermes-Chef Hanjo Schneider seinem US-Kunden kürzlich an, gemeinsame Packstationen aufzubauen. Zudem schlug er Amazon vor, Paketshops von Hermes in die eigene Zustellung mit einbeziehen. Und auch die Paketboxen an der Haustür, die Hermes ab Sommer gemeinsam mit GLS und DPD aufstellen will, sollen Amazons Boten offen stehen – anders als die Kästen der Post, die Gerdes nur der eigenen Mannschaft zugänglich macht.

Geht Amazon auf die Angebote ein, geriete der Paket-Marktanteil der Post, der deutschlandweit knapp unter 44 Prozent liegt, deutlich in Gefahr. Denn nahezu jede siebte der jährlich 1,15 Milliarden deutschen Paketauslieferung geht nach Schätzungen von Experten auf das Konto von Amazon.

Schon seit Wochen streiten Analysten deshalb über die Frage, wie sehr die Post durch den Vorstoß es US-Konzerns unter Druck geraten könnte. Experten von J. P. Morgen erwarten eine „signifikante Bedrohung des Paketvolumens durch Amazon“, Chris Burger von der Baader Bank glaubt hingegen, die Konkurrenz durch Amazon werde überbewertet.

Was zu denken gibt: In Großbritannien, wo Amazon 2014 einen ähnlichen Angriff startete, halbierte der angestammte Pakettransporteur Royal Mail seine Wachstumsprognose. Dessen Aktien brachen daraufhin ein.

Dabei gibt es nicht nur Gerüchte, nach denen Amazon europaweit vollautomatische Paketautomaten aufbauen will – ähnlich den Packstationen der Deutschen Post. Wenig beruhigen dürfte die Post zudem, dass Amazon Mitte Januar eine Seefracht-Lizenz erworben hat. Sie erlaubt dem Internetkaufhaus, selbst im Speditionsgeschäft tätig zu werden und den Bonnern damit auch in der Frachtsparte Konkurrenz zu machen. Mehrere Flugzeuge, die den Transport beschleunigen sollen, haben die Amerikaner ohnehin schon für den Eigenbedarf gechartert. Eines von ihnen fliegt den Regionalflughafen Kassel Airport an.

Auch andere könnten auf Amazons Transportdienst zurückgreifen

Dennoch gibt sich Post-Vorstand Gerdes gelassen. „Es gibt in der Logistik nichts, was Amazon ausprobiert und wir nicht schon machen“, sagte er. Selbst bei der taggleichen Zustellung – Fachjargon: Sameday Delivery – sei es bislang meist die Deutsche Post, die für Amazon den Eiltransport übernehme. Die Gefahr, dass Amazon durch die eigenhändige Konkurrenz die Preise drückt, weist Gerdes zurück. Das Geschäft müsse für den Kunden wie für DHL sinnvoll sein, sonst komme es nicht zustande: „Wir sind nicht erpressbar!“

Dem Internetkaufhaus stehe kein Wettbewerbsvorteil zur Verfügung, den es bei der Hauszustellung nutzen könnte. Ganz im Gegenteil: Weil das Transportvolumen bei DHL größer sei, müsse Amazon im Durchschnitt mehr Kilometer zurücklegen, um ein Paket abzuliefern.

Nicht einmal auf der Lohnkostenseite besitzt Amazon offenbar gravierende Vorteile. Deren Münchener Subunternehmen zahlen nach Einschätzungen aus der Branche ebenso nach dem Flächentarifvertrag wie die Post-Tochter DHL Delivery. Aus all diesen Gründen, glaubt Gerdes, werde es Amazon deutlich schwerer fallen als DHL, profitabel zu arbeiten.

Doch nicht alle teilen seine Ansicht. „Ich glaube durchaus, dass Amazon das Zustellgeschäft profitabel betreiben kann“, sagt Steffen Wagner, Logistikexperte bei der Unternehmensberatung KPMG. Das Internetkaufhaus könne sich schließlich einfach die lukrativsten Zustellgebiete herauspicken, um dort selbst aktiv zu werden. Da Amazon die eigenen Versandmengen besser abschätzen kann als ein externer Dienstleister, sei das Unternehmen in der Lage, Zustellkapazitäten verlässlicher zu planen.

Interessant werde es für die US-Firma vor allem dann, wenn es weitere Zustellkunden gewinnt. „Stellt Amazon genügend Qualität bei der Paketzustellung unter Beweis und stimmt der Preis“, sagt Wagner, „könnten bald auch andere Versandhändler auf den Transportdienst zurückgreifen.“

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