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Konsumgüter Corona bringt viele Modefirmen in Existenznot

Esprit flüchtet sich in ein Schutzschirmverfahren. Experten befürchten noch mehr Pleiten, weil der Umsatz durch den Shutdown drastisch sinkt.
02.04.2020 - 12:37 Uhr Kommentieren
Mehrere deutsche Tochtergesellschaften des unter der Coronakrise leidenden Modekonzerns Esprit sind zahlungsunfähig. Quelle: dpa
Modekonzern Esprit

Mehrere deutsche Tochtergesellschaften des unter der Coronakrise leidenden Modekonzerns Esprit sind zahlungsunfähig.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Anders Kristiansen gibt sich zuversichtlich. „Wir wollen die Zukunft dieser großartigen Marke sichern“, sagte der Esprit-Chef. Er will „auf die Chancen vorbereitet sein, die sich ergeben, wenn die Corona-Pandemie überwunden ist“, erklärte der Chef der Modemarke Esprit dem Handelsblatt.

Das Modeunternehmen aus Ratingen bei Düsseldorf hat am Montag ein Schutzschirmverfahren angemeldet. Esprit will sich so vor den Forderungen der Gläubiger in den nächsten Monaten schützen, eine Insolvenz vermeiden und das Unternehmen sanieren. Das Management steuert das Unternehmen weiter, aber ein gerichtlich bestellter Sachwalter kontrolliert die Arbeit des Vorstands.

Das Schutzschirmverfahren von Esprit kommt nicht überraschend. Schließlich steckt das einst erfolgreiche Modeunternehmen seit Jahren im Krisenmodus. Es wird nicht das einzige bleiben, das durch die Corona-Pandemie in Existenznöte gerät. Denn viele Modefirmen kämpfen seit Längerem ums Überleben.

Zahlreiche Unternehmen haben sich zu spät auf den brutalen Wandel des Modemarktes eingestellt: die sinkenden Besucherzahlen in den Innenstädten, das Onlinegeschäft und das wachsende Discountgeschäft. Jetzt verschärft der Umsatzeinbruch durch den Shutdown im Einzelhandel die Lage dramatisch.

„Ich erwarte, dass die Zahl der Insolvenzen gegenüber dem Vorjahr deutlich steigen wird“, zeichnet Felix Krüger ein düsteres Bild für die Branche. „Wir rechnen von April bis Mai in der deutschen Modebranche mit einem Umsatzminus von 75 bis 85 Prozent“, erwartet der Modeexperte der Boston Consulting Group (BCG). Danach dürfte der Umsatz von Juni bis August noch mal 20 bis 40 Prozent unter Vorjahr liegen. Und selbst in den letzten Monaten des Jahres rechnet Krüger mit einem Minus „von etwa 15 bis 25 Prozent“.

Die düsteren Aussichten verschärfen die Lage für viele Modefirmen, die ohnehin angeschlagen sind. So hatte Gerry Weber erst im Januar sein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beendet. Der damalige Vorstandschef Johannes Ehling versuchte, Optimismus zu verbreiten. Gerry Weber beginne das Jahr 2020 „als Unternehmen im Normalbetrieb mit einer soliden Kapitalbasis, neuen Eigentümern und mit einem klaren Konzept für die Zukunft“, so Ehling.

Doch der Mann, der mit den neuen Eigentümern, den Finanzinvestoren Robus, Whitebox und JP Morgan, das Unternehmen sanierte, ist Ende Februar gegangen. Jetzt versucht Chefaufseher Alexander Gedat als Interimschef, das Modeunternehmen wieder auf Kurs zu bringen.

Große Filialnetze belasten viele Modefirmen

Wie Gerry Weber haben viele Modefirmen ihre überdimensionierten Filialnetze im Rahmen der Sanierung ausgedünnt. Dennoch betreibt das Unternehmen aus Halle in Westfalen weiterhin 200 eigene Läden in Deutschland. Das bedeutet hohe Fixkosten für Ladenmieten und Personal bei auf null gesunkenen Umsätzen, weil in der Coronakrise alle Läden geschlossen sind.

Den Absturz des Umsatzes kann das Onlinegeschäft auch nicht auffangen. Denn die Modefirmen erzielen oft weniger als zehn Prozent ihres Umsatzes mit dem Verkauf im Internet. Außerdem lässt selbst da die Kauflust nach, wenn die Menschen in vielen Ländern wegen Ausgeh- und Kontaktsperren ihre Wohnung oder ihr Haus kaum noch verlassen.

Das spürt selbst eine reine Onlineplattform wie Zalando, die bislang immer zweistellig wuchs. „Da die Verbraucher ihre Konsumausgaben einschränken, haben wir seit den Ausgangsbeschränkungen in mehreren Ländern negative Auswirkungen auf unseren Umsatz verzeichnet“, erklärte der gesamte Zalando-Vorstand in einem offenen Brief zur Lage.

Hinzu kommt, dass es nur zwei Bereiche im Modemarkt gibt, die noch wachsen: das Discountsegment mit Konzernen wie Primark, Kik oder Aldi – und das Premium- und Luxussegment mit Marken von Marc O’Polo über Tommy Hilfiger bis Gucci. Darunter leiden die Marken in der Mitte des Modemarktes.

Das bekommt auch S.Oliver zu spüren. Für das Unternehmen aus Rottendorf bei Würzburg, das zuletzt einen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro erzielte, wird es immer schwerer, sich im Markt zu behaupten. Der Inhaber des Familienunternehmens hofft nun, dass es dem neuen CEO Claus-Dietrich Lahrs gelingt, die Marke aufzuwerten. Denn Lahrs kommt aus dem Premium- und Luxusgeschäft, wo er für Christian Dior, Boss und zuletzt Bottega Veneta arbeitete.

Wandel in der Branche gefordert

Ob der Strategiewechsel gelingen wird, ist offen. Immerhin steht das Unternehmen finanziell besser da als mancher Konkurrent. Denn es gehört der finanziell starken Eigentümerfamilie des Firmengründers Bernd Freier, die viele Jahre lang reichlich Geld verdient hat.

Viele in der Branche fragen sich, was passieren wird, wenn voraussichtlich in ein paar Wochen die Läden wieder öffnen, die Menschen wieder zur Arbeit fahren und sich wieder treffen. „Discounter werden verstärkt von den Ladenöffnungen profitieren, weil viele Menschen wegen Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit nicht mehr so viel Geld zur Verfügung haben werden“, sagt BCG-Berater Krüger. „Manche Unternehmen aus dem mittleren Preissegment hingegen werden noch mehr Kunden verlieren“, ist er überzeugt.

Mancher Experte geht deshalb davon aus, dass sich die Modebranche nach der Coronakrise wandeln wird. „Wir können in der Branche dann nicht so weitermachen wie bisher“, mahnt etwa Scott Lipinski, Geschäftsführer des Lobbyverbands Fashion Council Germany (FCG). „Wir müssen vor allem den Saisonrhythmus und die Rabattpolitik überdenken“, findet er.

Ob sein Hinweis erhört wird, ist zweifelhaft. In der Vergangenheit gab es schon des Öfteren Kritik an den immer häufigeren und heftigeren Rabattschlachten. Trotzdem hat sich daran bis heute nichts geändert.

Mehr: Zerrieben zwischen billig und teuer – Der Modeindustrie bricht die Mitte weg

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