Konsumgüter GfK will mit KI und neuer Plattform die Marktforschung wieder relevant machen

Die GfK hat ihr Gesicht seit dem Einstieg von KKR verändert
München Der Marktforscher GfK hat seit dem Einstieg des Finanzinvestors KKR und dem Rückzug von der Börse eine harte Restrukturierung hinter sich gebracht. Der Umsatz reduzierte sich – vor allem durch Verkäufe und Aufgabe von Geschäften – seit 2016 von etwa 1,5 auf unter eine Milliarde Euro.
Die Zahl der Mitarbeiter sank im Rahmen der Sanierung von mehr als 13.000 auf 8000 Beschäftigte. Nun will Vorstandschef Peter Feld mit einem neuen Geschäftsmodell durchstarten. „Wir sind wieder hochprofitabel und wollen in den nächsten Jahren im hohen einstelligen Prozentbereich wachsen“, sagte Feld dem Handelsblatt.
Technologisch sei das Unternehmen in der Branche in der Poleposition. Kern der Wachstumspläne ist die digitale Plattform GfK newron. In das Marktmodul werden Daten von mehr als 100.000 Händlern weltweit eingespeist. Hier können Kunden auf einer einfachen Bedienoberfläche zum Beispiel nachsehen, was zu welchem Preis bei welchem Händler gekauft wurde.
Im zweiten Modul gibt es Informationen über die Käufer: Wer etwas gekauft hat und warum. Große Hoffnungen setzt Feld vor allem auf den dritten Schwerpunkt. Künstliche Intelligenz ermöglicht vorausschauende Analyse (prescriptive analytics) und gibt Handlungsempfehlungen. GfK newron wird derzeit breit am Markt und in den Ländern ausgerollt und soll als „Software-as-a-Service“-Modell stabile, wiederkehrende Umsätze bringen.
Die GfK, die auch die Fernsehquoten misst und den Konsumklimaindex herausbringt, hatte sich in früheren Jahren bei der Expansion teilweise verzettelt und stark auf Research für bestimmte Einzelfragen gesetzt. „Da haben wir ganz spezifisch und unter großem Aufwand zum Beispiel für einen einzelnen Kunden herausgefunden, ob sich in einem Bus in Italien Eis verkaufen lässt“, sagt Feld. Mit diesem Geschäftsmodell lasse sich aber nicht nachhaltig skalieren.
Über GfK newron könnten die Kunden nun selbstständig und intuitiv in Echtzeit recherchieren, und nicht nur Daten aus der Vergangenheit analysieren. Wenn sie etwa einen neuen Fernseher in Deutschland einführen wollen, können sie selbst den Ausblick analysieren.
Schon im vergangenen Jahr konnte die GfK laut Feld im Kerngeschäft wachsen. In diesem Jahr rechnet der CEO mit etwa fünf Prozent Umsatzwachstum für die gesamte Gruppe. Die operative Rendite (Ebitda) dürfte nach Einschätzung von Branchenkennern mit 22 Prozent branchenweit zu den besten gehören.
Marktforscher viel weniger gefragt als früher
Für die Unternehmen in der Branche sind die Herausforderungen durch die Digitalisierung groß. „Wir brauchen die Marktforscher viel weniger als früher“, heißt es bei einem Konsumgüterkonzern. Die Informationen über die Kunden gewinnt man vor allem in der eigenen E-Commerce-App. Einschaltquoten verlieren durch Streamingangebote an Relevanz, und Plattformbetreiber wie der Suchmaschinenbetreiber Google verfügen über viel Wissen über die Konsumentenwünsche.
Auch Mirko Warschun, Partner und Konsumgüterexperte bei Kearney, sagt: „Daten werden immer mehr zur Commodity, günstig und breit verfügbar.“ Daher sei es entscheidend, die Daten möglichst in Echtzeit zur Verfügung zu stellen und bei der Auswertung zu helfen. „In der Branche treiben digitale Anwendungen unterstützt durch selbstlernende Werkzeuge das Wachstum, nicht traditionelle Marktforschung.“
Feld sieht das ähnlich. „Die Kunden werden heute mit Daten überladen.“ Es gehe darum, sie richtig auszuwerten. Gfk newron könne man wie eine Art intelligentes Wikipedia nutzen. Die GfK ist weltweit in den Top Ten. Marktführer Nielsen ist aber deutlich größer und kam im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von mehr als sechs Milliarden Dollar.

CEO Peter Feld setzt jetzt auf Wachstum.
Allerdings stehen Marktforscher meist nicht im direkten Wettbewerb. Die Anbieter haben oft ihre speziellen Stärken, so ist die GfK zum Beispiel auf langlebige Konsumgüter spezialisiert, im Lebensmittelhandel wiederum sind andere stärker.
Doch inzwischen kommen ohnehin ganz neue Konkurrenten hinzu. „Die Landschaft an Spielern wird deutlich vielfältiger“, sagt Kearney-Partner Warschun. Die Fragestellungen seien häufig zu komplex für Generalisten. Neue Wettbewerber kommen insbesondere von der IT-Seite. Als Beispiele nennt er Analytikspezialisten wie Mu Sigma und Zap Research, die SAP-Tochter Qualtrics sowie Start-ups wie Roamler und Mixpanel.
Bei KKR war man aber überzeugt, dass auch die traditionellen Marktforscher weiter eine wichtige Rolle spielen können, wenn sie zur Transformation bereit seien. KKR war im Jahr 2017 eingesteigen und hatte die GfK von der Börse genommen. Der GfK-Verein, der heute Nürnberg Institut für Marktentscheidungen heißt, hatte KKR als Retter an Bord geholt. Der Finanzinvestor, der 44 Prozent der Anteile hält, hatte zuvor schon Nielsen auf Vordermann gebracht.
Zukünftiges Wachstum sichern durch digitale Produkte
KKR unterstütze Portfoliounternehmen dabei, „die Chancen aus den strukturellen Veränderungen in ihren Märkten zu ergreifen und weiter zu wachsen“, sagt Franziska Kayser, Managing Director Private Equity bei der Beteiligungsgesellschaft.
So habe man auch der GfK geholfen, in innovative digitale Produkte zu investieren und zukünftiges Wachstum zu sichern. „Damit hat sich GfK erfolgreich von einem klassischen Marktforschungsinstitut zu einem KI-gestützten Daten- und Analytikunternehmen entwickelt.“
In Deutschland ist KKR schon seit Jahren sehr aktiv. In Deutschland ist die Private-Equity-Gesellschaft unter anderem am Medienhaus Axel Springer und dem Rüstungselektroniker Hensoldt beteiligt. Dabei soll es nicht bleiben. „Wir sind auf Expansionskurs“, sagte Deutschlandchef Christian Ollig dem Handelsblatt. Auch Milliardendeals seien nicht ausgeschlossen.
Bei der GfK sei der Kulturwandel hin zu einem modernen Software- und KI-Spezialisten die größte Herausforderung gewesen, sagt Feld. Dabei habe der Rückzug von der Börse geholfen. „Solch eine umfangreiche Transformation ist wesentlich schwieriger, wenn Sie alle drei Monate auf positive Quartalsberichte hinarbeiten müssen.“
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