Konsumgüter Nivea-Hersteller Beiersdorf erholt sich vom Corona-Tief – Aktie legt kräftig zu

Der neue Beiersdorf-Chef Vincent Warnery will Nivea zur globalen Marke aufbauen.
Düsseldorf Der neue Vorstandschef von Beiersdorf hatte bei seinem ersten offiziellen Auftritt erfreuliche Zahlen zu verkünden: „Mit unserem starken Halbjahresergebnis liegen wir wieder über Vorkrisenniveau“, sagte Vincent Warnery am Donnerstag.
Der Franzose hatte im Mai den Posten von Stefan de Loecker übernommen, der nach nur zwei Jahren überraschend abgetreten war. „Uns ist es gelungen, sowohl den Umsatz als auch die Profitabilität im Vergleich zum Vorjahr zu verbessern – trotz der noch immer volatilen Marktbedingungen.“
Der Hamburger Konsumgüterkonzern hatte stark unter dem Lockdown und den Reisebeschränkungen gelitten. 2020 war der Umsatz um 5,7 Prozent auf rund sieben Milliarden Euro gesunken. Im ersten Halbjahr erholten sich die Erlöse nun deutlich und stiegen um 12,3 Prozent auf 3,87 Milliarden Euro. Die Ebit-Umsatzrendite ohne Sondereffekte verbesserte sich auf 15,3 Prozent. Warnery sieht das als Beweis dafür, dass die Strategie „Care Plus“, die sein Vorgänger de Loecker vor zwei Jahren eingeleitet hatte, die richtigen Prioritäten setze.
Alle Marken wuchsen im zweiten Quartal zweistellig. Die Kernmarke Nivea jedoch, die für mehr als 80 Prozent des Umsatzes steht, erholt sich am langsamsten. Lippen- und Sonnenpflege sind infolge der weltweiten Reiseeinschränkungen noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau. Warnery, der seit 2017 als Vorstand für Pharmacy & Selective die Hautpflegemarken La Prairie und Eucerin in Schwung gebracht hatte, will sich nun verstärkt der Traditionsmarke Nivea zuwenden.
Warnery kündigte an, dass er die Marken künftig global managen wird. Der Manager ist geprägt von einer eher zentral geführten Unternehmenskultur von Wettbewerber L’Oréal. Dort war der Betriebswirt bis 2011 viele Jahre tätig, unter anderem in Deutschland, Japan und Lateinamerika. Sein Vorgänger de Loecker hatte den Regionen mehr Eigenverantwortung eingeräumt.
Zukunftsmarkt liegt in China
Vor allem in China soll Nivea zur Premiummarke für Hautpflege aufgebaut werden. In den wachsenden Markt setzt Warnery große Hoffnungen: „China hat ein enormes Potenzial.“ Die Hamburger sind dort noch nicht so stark unterwegs wie viele Wettbewerber.
Im zweiten Halbjahr wuchs das Chinageschäft von Beiersdorf um 43,8 Prozent. Vor allem die Luxuspflege La Prairie und Eucerin konnten sich dort etablieren, ein Verdienst von Warnery. In Schanghai hatte Beiersdorf 2020 ein Forschungs- und Entwicklungszentrum eröffnet.
Über Chinas größte E-Commerce-Plattform Tmall von Alibaba will Beiersdorf nun verstärkt jüngere Kundengruppen erreichen. Bei der Digitalisierung haben die Hamburger noch großen Nachholbedarf. Erst neun Prozent des Geschäfts erzielt Beiersdorf über digitale Kanäle. Wettbewerber L’Oréal dagegen macht bereits mehr als ein Viertel seines Umsatzes digital.
Ein Großteil der dreistelligen Millioneninvestitionen des Strategieprogramms „Care Plus“ soll deshalb in Digitalisierung fließen. Daneben stehen Nachhaltigkeit und Effizienz im Fokus.

Der neue Vorstandschef von Beiersdorf setzt auf China als Wachstumsmarkt
Die Luxusmarke La Prairie hat sich mit einem Plus von 41 Prozent stark erholt – vor allem in den USA und China. In Europa sieht Warnery noch Ausbaupotenzial. Die Dermakosmetik Eucerin mit dem patentierten Wirkstoff Thiamidol gegen Pigmentflecken war die erfolgreichste Produkteinführung in der Geschichte von Beiersdorf. Der Wirkstoff wird künftig auch in neuen Produkten von Nivea genutzt.
Beiersdorf testet zudem personalisierte Produkte, die nur online vertrieben werden. „Wir beginnen mit kleinen Marken, um unsere Erfahrungen dann auf unsere großen Marken zu übertragen“, so Warnery. Da sind Wettbewerber deutlich weiter.
Die Beiersdorf-Tochter Tesa wächst bereits erfolgreich mit Innovationen. Dazu zählen wärmeleitende Tapes für 5G-Smartphones und feuerfeste Klebebänder für Elektroautos, berichtete die neue Vorständin Astrid Hermann, die auch die Finanzen des Konzerns verantwortet. Die Sparte wuchs um 25,7 Prozent auf 773 Millionen Euro.
Aktie von Beiersdorf legt kräftig zu
Nach der Verkündung der Zahlen stieg die Aktie von Beiersdorf am Donnerstag kräftig um mehr als fünf Prozent auf über 107 Euro. Vom Tief Ende Februar hat sie sich wieder deutlich erholt. Von 25 Analysten rieten elf vor Veröffentlichung der Halbjahreszahlen zum Halten und acht zum Kaufen. Das mittlere Kursziel lag bei 101 Euro.
Beiersdorf war im März nach 14 Jahren aus dem Leitindex Dax abgestiegen. Eine Demütigung für den Traditionskonzern, der mehrheitlich der Maxinvest Holding der Familie Herz gehört.
Die Aktie von Wettbewerber L’Oréal notiert derzeit auf einem absoluten Höchstwert von 398 Euro. Zum Ausbruch der Pandemie lag der Kurs noch bei 220 Euro. Beim Weltmarktführer stiegen die Erlöse im zweiten Quartal um gut ein Drittel auf knapp 7,6 Milliarden Euro. Dabei legen alle Regionen und Segmente zu – vor allem professionelle Pflegeprodukte.
Beiersdorf erwartet für das Gesamtjahr ein Umsatzplus im höheren einstelligen Bereich. Die operative Ebit-Umsatzrendite soll stabil bleiben – bedingt durch hohe Investitionen und steigende Material- und Transportkosten.
Analysten hoffen, dass der Konzern wieder zur Ruhe kommt. Innerhalb weniger Monate waren drei von sechs Vorständen ausgetauscht worden. 2022 löst zudem Oswald Barckhahn Thomas Ingelfinger im Vorstand ab, der in den Ruhestand geht.
Warum es so viele Managementwechsel gab, obwohl die Strategie von Beiersdorf beibehalten werde – diese Frage konnte Warnery nicht recht beantworten: „Die Strategie meines Vorgängers unterstütze ich voll, jetzt müssen wir liefern.“
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