Konsumgüter- und Klebstoffkonzern Henkel büßt ein Fünftel des Gewinns ein – will 2021 aber wieder wachsen

Henkel erzielt fast die Hälfte des Konzernumsatzes mit Klebstoffen.
Düsseldorf Es war kein leichtes Jahr für Henkel: Der Konsumgüter- und Klebstoffkonzern hat 2020 einen leichten Umsatzrückgang verzeichnet. Der Konzernumsatz sank um 0,7 Prozent auf 19,3 Milliarden Euro. Auf der Gewinnseite hat Henkel rund ein Fünftel der Summe eingebüßt: Der operative Gewinn (Ebit) lag im vergangenen Jahr bei 2,6 Milliarden Euro und damit deutlich unter dem Vorjahreswert von 3,2 Milliarden Euro. Die Ebit-Marge lag bei 13,4 Prozent – im Jahr zuvor hatte sie bei 16 Prozent gelegen.
Carsten Knobel, seit vergangenem Jahr Vorstandsvorsitzender des Düsseldorfer Unternehmens, das Marken wie Persil, Schwarzkopf und Pritt führt, zeigte sich angesichts des Krisenjahres zufrieden mit der Entwicklung. „Im Gesamtjahr lagen unsere Geschäftsergebnisse am oberen Ende unserer Prognose“, sagt Knobel am Donnerstag. Henkel hatte im Oktober einen Umsatzrückgang zwischen einem und zwei Prozent prognostiziert.
Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Knobel wieder ein Umsatzwachstum, das zwischen zwei und fünf Prozent liegen soll. Die Ebit-Marge solle ebenfalls steigen, so seine Prognose, werde den Vorkrisenwert aber wohl erst mal nicht erreichen. Der Henkel-Chef rechnet für 2021 mit einer Marge zwischen 13,5 und 14,5 Prozent.
Konkurrent Beiersdorf, der im Februar seine Jahreszahlen veröffentlicht hatte, geht ebenfalls von steigenden Umsätzen aus. Für die Konsumgütersparte stellte Beiersdorf-CEO Stefan De Loecker ein nicht beziffertes Umsatzwachstum und eine operative Ebit-Rendite auf Vorjahreshöhe in Aussicht.
Henkel-CEO Knobel wies auf den „sehr starken Free Cashflow“ von über 2,3 Milliarden Euro hin. Henkel werde den Aktionären bei der Hauptversammlung eine stabile Dividende vorschlagen, sagte er. So solle für 2020 je Vorzugsaktie 1,85 Euro gezahlt werden.
Die im Dax notierte Henkel-Vorzugsaktie gehört am Finanzmarkt wie viele andere Konsumgütertitel zu den Verlierern der Corona-Pandemie. Seit Mitte Februar 2020 ging es um etwas mehr als zehn Prozent nach unten, während der deutsche Leitindex leicht zulegte. Das Papier kostet aktuell rund 83 Euro.
Henkel ist derzeit an der Börse rund 34 Milliarden Euro wert und damit deutlich mehr als der kleinere Konkurrent Beiersdorf, der auf 21 Milliarden Euro kommt. Die Familie Henkel hält Aktien im Wert von rund zwölf Milliarden Euro.
Starke Klebstoffsparte auf Erholungskurs
„Henkel hat sich in der Coronakrise sehr gut geschlagen“, sagt Analyst Jörg Philipp Frey von Warburg Research. Der Analyst weist auf die starke Rolle von Henkels Klebstoffsparte hin. Die größte Sparte des Konzerns hatte in der Krise zunächst stark unter dem Rückgang der Industrie- und Automobilproduktion gelitten. Im dritten Quartal hatte sich die als zyklisch geltende Klebstoffsparte aber erholt. Im Gesamtjahr verzeichnete sie einen nominalen Umsatzrückgang von 8,2 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro.
Hier sieht Analyst Frey noch Potenzial für Wachstum: „In der Klebstoffsparte kann man von einer Erholung im laufenden Jahr ausgehen. Einerseits steigt das Auftragsvolumen, andererseits werden die Preise anziehen, das wird für ein organisches Umsatzwachstum sorgen“, meint er. „Die starke Position, die Henkel im Klebstoffmarkt hat, wird vom Aktienmarkt allerdings nicht wertgeschätzt.“
Martina Becker, Handelsexpertin bei der Beratung Atreus, teilt die positive Sicht auf das Unternehmen: „Henkel steht unter dem Strich relativ gut da. Das derzeit erfolgreiche Wasch- und Reinigungsgeschäft kann die Defizite im Bereich Beauty Care und Klebstoffe ausgleichen“, sagt sie.
Die zweitgrößte Henkel-Sparte Laundry & Home Care, deren wichtigste Marke Persil ist, kam tatsächlich gut durch das vergangene Krisenjahr. Sie war von der Corona-Pandemie am wenigsten betroffen. Der Umsatz stieg im Gesamtjahr um 0,7 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. Der Anstieg resultierte vor allem aus einem höheren Abverkauf der Produkte, während die Preise leicht rückgängig waren. Nicht nur Waschmittel, auch Reinigungsmarken wie Pril, Bref und Somat erzielten höhere Absätze – auch das war ein Effekt der Coronakrise.
Baustelle Beauty-Sparte
Die kleinste Sparte – Beauty Care – gilt noch immer als Sorgenkind des Konzerns. Der Umsatz sank im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Die stärkste Säule dieser Kosmetiksparte ist das professionelle Friseurgeschäft – doch die monatelangen Schließungen der Salons sorgten für einen deutlichen Umsatzeinbruch. Diesen konnte die steigende Nachfrage nach Färbemitteln aus der Drogerie nicht auffangen.
Doch das eigentliche Problem der Beauty-Sparte sehen Analysten vor allem in den mangelnden Überschneidungen mit den übrigen Geschäftsbereichen. So führte die DZ Bank in einer Studie im Januar 2021 die zu großen Unterschiede in den Geschäftsbereichen als Risiko auf. Dadurch ergäben sich nur begrenzte Synergiepotenziale. Nicht wenige Analysten sähen daher am liebsten einen Komplettverkauf der Beauty-Sparte.
Für CEO Knobel, von dem Vertraute sagen, er genieße das Vertrauen der Familie Henkel, scheint dies keine Option zu sein. Stattdessen hatte er vor einem Jahr angekündigt, das Markendickicht zu lichten. Das Unternehmen habe Marken und Kategorien, vornehmlich aus den Konsumentengeschäften, mit einem Gesamtumsatz von mehr als einer Milliarde Euro identifiziert, von denen rund 50 Prozent bis 2021 veräußert oder eingestellt werden sollen, hieß es.
„Trotz der Marktunsicherheiten im Jahr 2020 hat Henkel bereits für Geschäfte mit einem jährlichen Umsatzvolumen von mehr als 100 Millionen Euro Vereinbarungen über den Verkauf unterzeichnet, den Verkauf abgeschlossen oder sie eingestellt“, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.
„Henkel versucht schon seit vielen Jahren, das Markenportfolio zu bereinigen, um richtigerweise in neue, vielversprechende Konzepte wie Nachhaltigkeit zu investieren“, sagt Beraterin Becker. Gute Beispiele seien die neuen Marken Love Nature und Nature Box.
Es sei daher nachvollziehbar, wenn Henkel sich von kleineren, lokalen Marken trennen will, sagt Becker weiter. „Erst recht, wenn es sich dabei um wenig erfolgreiche Marken handelt, die nicht mehr zu den Impulsgebern in ihren Märkten gehören – etwa Theramed, Diadermine oder Drei-Wetter-Taft.“ Henkel hat bislang keine Markennamen benannt, die zur Disposition stehen, um deren Wert nicht zu schmälern.
Digitalisierungsoffensive gestartet
Beraterin Becker stellt der Digitalisierungsoffensive des Dax-Konzerns ein gutes Zeugnis aus. „Henkel ist bei der Digitalisierung auf einem guten Weg, hat ein sehr professionelles E-Commerce-Team“, sagte sie. Der weitere Ausbau des Direct-to-Consumer-Geschäfts über eigene Plattformen – ohne Amazon und Co. – ist allerdings noch ausbaufähig.“
Henkel hatte im vergangenen Jahr das Berliner Start-up Invincible Brands, zu dem die Marke Hello Body gehört, für mehr als 300 Millionen Euro übernommen. Die Kosmetikprodukte werden ausschließlich übers Internet verkauft. Direct-to-Consumer gilt als großer Trend in der Konsumgüterbranche. Die Hersteller erlangen darüber wertvolle Einblicke in das Kaufverhalten. Aktuell beziffert Henkel den Anteil der Digitalumsätze auf 15 Prozent.
Vor gut einem Jahr hatte Henkel mit der neuen Position des Chief Digital Innovation Officer, die Michael Nilles besetzt, eine Digitalisierungsoffensive gestartet. Henkel hat dafür eine neue Einheit geschaffen: Henkel Digital Business oder kurz Henkel dx. Dort sind die Digital-, Business-Process-Management- und IT-Expertise in einer globalen Organisation vereint. Die Investitionen in Marken, Technologien und Innovationen sowie Digitalisierung hat Henkel im Vergleich zu 2019 um rund 200 Millionen Euro erhöht, hieß es am Donnerstag.
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