Konsumgüterkonzern Bilanz mit einem großen Schönheitsfehler – Henkel-Hauptversammlung wird über volle Lager reden

Der Konsumgüterriese hält seine Aktionäre mit einer höheren Dividende bei Laune.
Düsseldorf Henkel-Aktionäre dürfen sich freuen: Der Konzern zählt neben BMW und Fresenius zu den wenigen Dax-Unternehmen, die seit Jahren immer mehr Gewinn ausschütten.
Auf der Hauptversammlung am kommenden Montag in Düsseldorf will Vorstandschef Hans Van Bylen, der vor knapp zwei Jahren an die Spitze rückte, den Aktionären für 2017 eine Dividende von 1,79 Euro je Vorzugsaktie vorschlagen. Das sind 10,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Es besteht keine Gefahr, dass der Dividendenvorschlag auf der Hauptversammlung durchfallen könnte. Denn die Familie Henkel kontrolliert die Mehrheit der stimmberechtigten Stammaktien. Außerdem hat sie über die gesellschaftliche Konstruktion der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) zusätzliche Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen.
Für den Hersteller von „Persil“-Waschmittel, „Fa“-Duschgel und „Pritt“-Kleber gilt als Maßgröße für die Dividende der Jahresüberschuss – und zwar der um Sondereinflüsse und Ausschüttungen an Fremdgesellschafter bereinigte. Dabei hatte Henkel 2014 angekündigt, die Quote auf einen Korridor von 25 bis 35 Prozent anzuheben.
Die steigenden Dividenden kann sich Henkel nach eigenen Angaben leisten, weil der Konzern seine Umsatz- und Ergebnisziele 2017 erreicht hat. Van Bylen hatte 2016 sein Programm „Henkel 2020+“ vorgestellt.
Demnach soll das Unternehmen jedes Jahr sein organisches Umsatzwachstum – also ohne Zukäufe – um zwei bis vier Prozent steigern und ein bereinigtes Ergebnis je Vorzugsaktie von sieben bis neun Prozent erreichen.
Im vergangenen Jahr schaffte es Henkel in den prognostizierten Wachstumsbereich: Der Umsatz stieg organisch um 3,1 Prozent auf über 20 Milliarden Euro, das Ergebnis je Vorzugsaktie erreichte 9,1 Prozent. Die Umsatzrendite kletterte von 14,8 Prozent noch einmal leicht auf 15,3 Prozent.
Doch der Erfolg trägt einen kapitalen Schönheitsfehler. Während das ausgewiesene Betriebsergebnis (Ebit) um 10,1 Prozent wuchs, warf das Geschäft überraschend 13,4 Prozent weniger Geld ab als im Vorjahr. Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit sank, so offenbart die Kapitalflussrechnung, von 2,85 auf 2,5 Milliarden Euro.
Der Grund lautet grob gesagt: Henkel produzierte schlicht auf Lager. So stiegen die Vorräte laut Bilanz um 142 Millionen Euro. Zudem wurden die Zahlungskonditionen zugunsten der Industrie- und Handelskunden verändert.
Während der Umsatz um sieben Prozent stieg, weiteten sich die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen um zwölf Prozent aus. Als Folge klafften zum Jahresende 2017 fast 200 Millionen Euro mehr an Außenständen in der Kasse als zwölf Monate zuvor.
Immerhin: Im laufenden Geschäft gelang es Henkel, die Kostenquote weiter zu senken. So sind zwar die Marketing- und Vertriebskosten in absoluten Zahlen um 5,2 Prozent auf 4,88 Milliarden Euro gestiegen. Doch ist ihr Anteil am Umsatz von 24,7 auf 24,3 Prozent gesunken. Das liegt vor allem daran, dass der vor knapp zwei Jahren erworbene US-Waschmittelkonzern The Sun Products weniger für Marketing und Vertrieb ausgibt als die Henkel-Mutter.
Dickster Brocken bei den Aufwendungen sind die „Kosten der umgesetzten Leistungen“. Sie stiegen im vergangenen Jahr um 9,6 Prozent auf 10,68 Milliarden Euro. Darin sind vor allem die Kosten für Rohstoffe enthalten, für die Henkel rund 8,5 Milliarden Euro ausgab.
Zwar versuchte der Konzern durch Kostensenkung und Effizienzverbesserungen in der Produktion und der Lieferkette, die Preissteigerungen für einige Rohstoffe auszugleichen, doch das gelang nur teilweise. Denn die Preise für wichtige Rohstoffe wie Rohöl und Petrochemikalien lagen im Jahresdurchschnitt deutlich höher als 2016.
Das strikte Kostenmanagement in der Verwaltung zahlt sich dennoch aus. Der Verwaltungsaufwand sank im Vergleich zum Umsatz von 5,7 auf nur noch 4,8 Prozent, was auch daran liegt, dass Henkel viele Funktionen an sogenannte Shared Service Center nach Bratislava und Manila ausgelagert hat.
Dort sind die Personalkosten deutlich geringer als in Deutschland. Solche zentralen Funktionen in externe Einheiten zu verlagern war nur möglich, weil der Konzern früh diese Prozesse standardisiert hat. Wichtig für den künftigen Erfolg des Konzerns ist es, möglichst viele neue konkurrenzfähige Produkte auf den Markt zu bringen.
Die Kosten für Forschung und Entwicklung sind zwar im vergangenen Jahr nur leicht auf 476 Millionen Euro gestiegen. Doch auch dort versucht Henkel, die Effizienz zu steigern. So sind in dem Betrag ebenso Restrukturierungskosten enthalten.
Rechnet man diese heraus, ist der Anteil der F&E-Aufwendungen am Umsatz von 2,5 auf 2,3 Prozent gesunken, obwohl die Zahl der Mitarbeiter in dem Bereich mit rund 2 700 konstant blieb.
Während es gelang, die Kostenquote in vielen Bereichen trotz steigender Umsätze gering zu halten, war es umgekehrt schwierig für Henkel, seine Verkaufspreise zu erhöhen.
So konnte das Unternehmen, das sich gern als Mischkonzern auf Basis der Chemie sieht, das organische Umsatzwachstum vor allem durch die Steigerung der verkauften Menge ankurbeln. Der Versuch, den Umsatz über Preissteigerungen bei Klebstoff-, Wasch- und Körperpflegemitteln zu beflügeln, war hingegen weniger erfolgreich. Preiserhöhungen trugen wie im Vorjahr nur 0,2 Prozent zum Umsatzplus bei.
Im Abwärtstrend
Weiter abwärts geht es im Konzern mit der Rendite auf das eingesetzte Kapital (ROCE). Die Zahl gibt Aufschluss darüber, wie gut sich das im Unternehmen eingesetzte Kapital verzinst. Dieser Wert sank im vergangenen Jahr um 1,2 Prozentpunkte auf 16,3 Prozent. Damit setzt sich seit 2013 ein Abwärtstrend fort – damals lag der Wert noch bei 20,5 Prozent. Der Konzern erklärt dies mit Akquisitionen im vergangenen Jahr. Die Neuerwerbungen arbeiten noch nicht so effizient wie die etablierten Bereiche des Konzerns. Größte Übernahme war der Kauf des Darex-Packaging-Technologies-Geschäfts von GCP Applied Technologies, der im Juli abgeschlossen wurde.
Henkel zahlte für den US-Verpackungsspezialisten rund eine Milliarde Euro. Außerdem kaufte Henkel das nordamerikanische Friseurgeschäft von Shiseido sowie das in derselben Sparte tätige Unternehmen Nattura Laboratorios in Mexiko – samt Firmentöchtern.
Van Bylens Akquisitionen verschlechterten im vergangenen Jahr die Nettofinanzposition, die Schulden stiegen von 2,3 auf 3,2 Milliarden Euro. Ursache: Henkel gab für internationale Zukäufe knapp zwei Milliarden Euro aus. Hinzu kam, wie erwähnt, dass der operative Cashflow um 0,35 Milliarden Euro geringer ausfiel als im Vorjahr.
Den Großteil der Investitionen – ohne Akquisitionen – von insgesamt 663 Millionen Euro nutzte Henkel vor allem, um Produktionsanlagen zu erweitern und um Innovationen und die Rationalisierung voranzutreiben.
Von den Investitionen profitieren vor allem die beiden größten Sparten des Konzerns: Wasch- und Reinigungsmittel profitierten mit einem Anteil von 44 Prozent (274 Millionen Euro), Klebstoffe mit einem Anteil von 40 Prozent (230 Millionen Euro).
So hat Henkel seine Lager- und Logistikeinrichtungen für Persil und Co. in Deutschland erweitert und in Ägypten eine neue Produktionsstätte für Flüssigprodukte gebaut. In Indien profitierte die Klebstoffsparte von den Investitionen.
Der Düsseldorfer Konzern baute dort ein Werk für Industrieklebstoffe und in Spanien eine neue Fertigungsanlage für Produkte, die in der Luftfahrtindustrie Verwendung finden.
Die Beautysparte hingegen muss sich mit einem Anteil von 15 Prozent an den Investitionen begnügen. Die flossen in den Ausbau eines Werks in Russland sowie in neue Produktionskapazitäten für Haarfärbemittel, Flüssigprodukte und Aerosole.
Die Investitionen bewegen sich in einem Rahmen, der die bislang gute Bonität nicht gefährdet. So hält Henkel bei Standard & Poor‘s ein Rating von „A flat“ und bei Moody‘s von „A2“ – das ist bei beiden Ratingagenturen das bestmögliche Segment.
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