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Korruptionsverdacht Verdacht der Bestechung: Anklage gegen Galeria-Eigner René Benko in Österreich

Der Immobilieninvestor Benko und der Industrielle Michael Tojner sollen laut Staatsanwaltschaft einen Wiener Politiker bestochen haben. Die Anwälte der Beschuldigten sprechen von Spenden für soziale Zwecke.
  • Daniel Imwinkelried
14.11.2021 - 14:32 Uhr Kommentieren
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Eigner der Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof. Quelle: dpa
Unternehmer Rene Benko

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Eigner der Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof.

(Foto: dpa)

Wien In Österreich sieht es danach aus, als ob bekannten Unternehmern der Prozess gemacht würde. Angeklagt sind unter anderem der Immobilieninvestor René Benko, dem in Deutschland die Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof gehört, und Michael Tojner, Mehrheitsaktionär von Montana Tech und Verwaltungsratspräsident von Montana Aerospace. Sie sind in ein Verfahren verwickelt, das viel aussagt über die in Österreich herrschenden Sitten: Um Bauvorhaben zu beschleunigen oder überhaupt erst zu ermöglichen, sollen sie den grünen Politiker Christoph Chorherr aus Wien mit Spenden bestochen haben.

Von 2010 bis 2020 gehörten die Grünen der Wiener Stadtregierung an; Chorherr war zwar bloß Gemeinderat, also Mitglied des Stadtparlaments, in dieser Funktion aber auch Planungssprecher für Stadtentwicklung mit gutem Draht in die Stadtregierung.

Unbestritten ist, dass Spenden geflossen sind. Chorherr hat sich aber nicht bereichert, sondern sammelte das Geld für die Wohltätigkeitsorganisation „S2Arch“, die unter anderem Kindergärten in Südafrika baute. Die Anwälte der insgesamt zehn Angeklagten betonen, die Geldspenden seien aus sozialer Verantwortung und ohne Hintergedanken erfolgt. Signa, Benkos Gesellschaft, ließ etwa verlauten, dass man regelmäßig nationale und internationale Projekte unterstütze, besonders im Bereich der Jugendförderung.

Ein beachtlicher Teil der wirtschaftlichen und politischen Elite Österreichs hat inzwischen mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu tun. Der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser etwa wurde vor einem Jahr in erster Instanz wegen Bestechlichkeit zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz wird verdächtigt, vor einem parlamentarischen Ausschuss eine Falschaussage gemacht zu haben, und ein Zirkel um den Politiker soll sich beim Medienunternehmen von Wolfgang Fellner eine vorteilhafte Berichterstattung erkauft haben.

Finanzminister Gernot Blümel soll ebenfalls eine Spende angenommen und im Gegenzug Glücksspielautomatenhersteller Novomatic indirekt geholfen haben, ein finanzielles Problem in Italien zu lösen. Weitere Untersuchungen laufen.

Dabei stehen die Ankläger im Bereich Wirtschaftskriminalität meist vor einer schwierigen Aufgabe. Fast alle Ermittlungen der WKStA beruhen zu einem großen Teil auf Chats, die davon zeugen, wie sorglos Österreichs Elite mit dem Smartphone kommuniziert. Obwohl den Staatsanwälten eine reiche Beute an Nachrichten aus unterschiedlichen Quellen in die Hände gefallen ist, gestaltet sich ihre Interpretation schwierig.

Chat-Protokolle lassen Spielraum für Interpretationen

Im Fall Kurz müssen die Staatsanwälte dem Ex-Kanzler beispielsweise hieb- und stichfest nachweisen, dass er seine Getreuen zur Bestechung des Medienunternehmers Fellner angestiftet hat. Einen schriftlichen Beleg dazu scheint es nicht zu geben, zumindest weiß die Öffentlichkeit nichts davon. Auch im Fall Blümel ist das Junktim „Spende gegen Amtshandlung“ für Novomatic alles andere als eindeutig.

Bei der Causa „S2Arch“ existieren zwar ebenfalls viele Chats, die sich etwa Tojner und Chorherr geschickt haben. Aber auch sie sind in hohem Maß interpretationsbedürftig, und die Staatsanwälte werden einen Zusammenhang von Spende und Amtshandlung herstellen müssen. Auffallend an den Mitteilungen ist aber, wie sehr es dem Politiker Chorherr an professioneller Distanz zu den Immobilienprojekten und zu den Investoren gefehlt hat.

Gleichzeitig sind die Staatsanwälte offenbar überzeugt, bei „S2Arch“ auf der richtigen Spur zu sein. Nach allgemeiner Rechtsauffassung dürfen sie nämlich bei Gericht nur eine Klage einreichen, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung bei mehr als 50 Prozent liegt.

Noch haben die Anwälte der Angeklagten im Fall „S2Arch“ zwei Wochen Zeit, um gegen die Anklageschrift Einspruch zu erheben, etwa weil sie sachliche Fehler enthält.

Passiert das nicht, wird es in Österreich 2022 einen spektakulären Wirtschaftsprozess geben. Weitere könnten folgen, darunter ist bestimmt das Berufungsverfahren von Karl-Heinz Grasser.

Damit einher geht im Land ein Kulturwandel. All die Ermittlungen zeigen, wie weit verbreitet das Prinzip „Eine Hand wäscht die andere“ zumindest als Erwartungshaltung ist. Eine neue Generation von Staatsanwälten ist aber offenbar gewillt, damit aufzuräumen.

Mehr: Galeria plant strategischen Neustart Ende Oktober

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