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Logistik Chipmangel: Deutsche Autotransporteure fürchten um ihre Existenz

Der Mangel an Halbleitern führt zu massiven Auftragsausfällen bei den Automobil-Transportunternehmen. Manche von ihnen könnten vom Markt verschwinden.
11.10.2021 - 12:57 Uhr Kommentieren
Der Branche brechen die Aufträge weg. Quelle: imago images / Arnulf Hettrich
Autotransporter auf der A8

Der Branche brechen die Aufträge weg.

(Foto: imago images / Arnulf Hettrich)

Düsseldorf Die gravierenden Engpässe in der weltweiten Halbleiterproduktion stürzen Deutschlands Autotransporteure in eine existenzbedrohende Krise. „Seit dem Ende der Sommerpause sind bei uns die Aufträge massiv eingebrochen“, sagte Wolfgang Göbel, Präsident des europäischen Branchenverbands ECG, dem Handelsblatt. Eine Besserung sei dieses Jahr nicht mehr in Sicht, und auch 2022 werde das Auftragsvolumen kaum steigen.

Göbel, im Hauptberuf Vorstand der 3000 Mitarbeiter zählenden Autospedition Mosolf in Kirchheim/Teck, zeichnet für seine Branche ein dramatisches Bild: „Die Unternehmen sind fast über Nacht in die Verlustzone geraten, der Cashflow wird für viele kritisch.“ Nicht einmal die Pleite von Lehman Brothers oder die darauf folgende Finanzkrise hätten dem Transportsektor annähernd einen derart schweren Stoß versetzt. Die Situation für die Autotransporteure spitze sich weiter zu, berichtet die von ihm geführte Association of European Vehicle Logistics.

Der Mangel an Mikrochips lässt die Zahl der Auslieferungen europaweit enorm schrumpfen. In Großbritannien gingen die Neuzulassungen für alle Autos im September um fast 35 Prozent zurück, deutschlandweit lag die Zahl der Neuwagenzulassungen 26 Prozent unter dem Vormonat. Voraussichtlich erreichen die Zahlen 2021 nicht einmal das pandemiebedingt schwächere Niveau des Vorjahres, glaubt der Präsident des Verbands der Autoimporteure (VDIK), Reinhard Zirpel.

Für Alarmstimmung sorgte zuletzt vor allem, dass Volkswagen sein Hauptwerk in Wolfsburg Anfang Oktober für zwei Wochen schließen ließ – wegen des fehlenden Nachschubs an Halbleitern.

Die Stellantis-Tochter Opel verkündete, man wolle wegen der weltweiten Chipknappheit das Werk in Eisenach für drei Monate schließen. Und auch Skoda wird nach eigener Auskunft die Produktion vom 18. Oktober bis Ende des Jahres „deutlich reduzieren oder sogar einstellen“. Die weltweite Chipknappheit im Automobilsektor sei schuld, sagte ein Skoda-Sprecher.

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Der tschechische Hersteller muss in Zehntausende ansonsten fertige Autos noch Chips einbauen. Händler berichten von monatelangen Wartezeiten für Neuwagen. Statt der erwarteten 1,3 Millionen Fahrzeuge wird Skoda 2021 voraussichtlich nur 1,15 Millionen produzieren – nicht mehr als im Coronajahr 2020.

Meldungen wie diese gibt es auch von Toyota im tschechischen Werk Kolin, in Ungarn bei Mercedes-Benz und Suzuki sowie beim schwedischen Hersteller Volvo. Dort sank der monatliche Absatz, bedingt durch den Mangel an Komponenten, im September um 30 Prozent.

Erholung rückt für die Branche in weite Ferne

Die Automobil-Transporteure sitzen damit in der Falle. Zwar haben sie mit den Fahrzeugherstellern üblicherweise langlaufende Rahmenverträge, Volumengarantien gibt es aber nicht. In der Folge halten einige Logistiker bereits ihren Betrieb an einem oder zwei Tagen in der Woche geschlossen. „In einigen Fällen werden ganze Betriebe vom Netz genommen“, berichtet der europäische Branchenverband ECG.

Dieser Zustand dürfte noch Monate anhalten. Der große deutsche Teilehersteller Continental rechnet damit, dass die Halbleiterknappheit bis 2022 andauern wird, sodass den Autologistikern das dritte Krisenjahr in Folge droht.

Dabei schafften manche von ihnen bereits vor Corona kaum eine schwarze Null. Marktführer Schnellecke aus Wolfsburg etwa, der mit fast 20.000 Mitarbeitern und Kunden wie der VW-Gruppe, Mercedes, BMW oder Fiat vor Corona einen Jahresumsatz von 1,15 Milliarden Euro erzielte, schloss schon das Geschäftsjahr 2019 mit einem Nettoverlust von 3,7 Millionen Euro ab. Zur aktuellen Situation will sich Marketingchef Cersten Hellmich ausdrücklich nicht äußern.

Auch Wettbewerber ARS Altmann, der im süddeutschen Wolnzach für die Automobilindustrie Bahn- und Lkw-Transporte organisiert und rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt, verfehlte 2019 knapp die Gewinnschwelle. Tief in die roten Zahlen stürzte 2020 ebenso die halbstaatliche BLG Group, die in Bremen und Bremerhaven neben der Bahnverladung auch den Überseetransport für zahlreiche Autohersteller organisiert. Bei einem Umsatz von 1,1 Milliarden Euro – gut die Hälfte davon aus der Automobillogistik – türmte sich im vergangenen Jahr der Nettokonzernverlust auf 120 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2021 schaffte man gerade einmal eine schwarze Null.

Weil eine Erholung für die Branche in immer weitere Ferne rückt, könnten manche Unternehmen bald vom Markt verschwinden, fürchtet ECG-Verbandspräsident Göbel. „Die derzeitige Krise wird zu einer weiteren Konsolidierung führen“, ist er sich sicher. Weder bei BLG noch bei ARS Altmann will man sich auf Anfrage dazu bislang äußern.

Ein Neustart in der Branche würde damit immer schwieriger. „Wer heute Fahrer verliert oder Anlagen veräußert, kann sie nicht einfach ersetzen“, erklärt der Mosolf-Vorstand, zu dessen Kunden Fahrzeughersteller wie Opel, Mercedes und Fiat zählen. Der Containermarkt sei dafür ein mahnendes Beispiel: Auch dort hätten die Reedereien nach Ausbruch der Coronapandemie ihre Kapazitäten massiv abgebaut.

Nun, beim Wiederanlaufen des Welthandels, zeigten sich enorme Kapazitätsmängel – und steil nach oben schießende Frachtraten.

Mehr: Kommentar: Die Lieferengpässe gefährden auch das deutsche Wachstum

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