Wie immer geht es zwischen Arbeitgeber und den Gewerkschaften um Einkommen, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen. Das Besondere an diesem Tarifkonflikt ist jedoch, dass zusätzlich die GDL (34.000 Mitglieder) mit der viel größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (210.000 Mitglieder) um die Vertretungsmacht bei einem Teil der Belegschaft konkurriert. Die Deutsche Bahn wiederum will Tarifkonkurrenz vermeiden. Für eine Berufsgruppe soll ihrer Meinung nach nur ein Tarifvertrag gelten.
Derzeit verdient ein Lokführer bei der Bahn je nach Qualifikation und Erfahrung rund 36.000 bis 46.000 Euro im Jahr – einschließlich aller Zulagen für Arbeit an Wochenenden, Feiertagen und in der Nacht. Die GDL fordert nun fünf Prozent mehr Lohn. Ein Lokführer in der Stufe 1 würde das Gehalt von 2488 auf 2612 Euro brutto steigern. Wer nach 25 Berufsjahren Stufe 6 erreicht hat, bekäme statt 3010 künftig 3161 Euro. In einer neu geforderten Stufe 8 wären es dann 3287 Euro als Endstufe nach 35 Berufsjahren.
Die GDL will nicht nur die Lokführer vertreten, sondern fordert auch die Verhandlungsmacht für rund 8800 Zubegleiter, 2500 Gastronomen in den Speisewagen, 3100 Lokrangierführer sowie 2700 Instruktoren, Trainer und Zugdisponenten. Das macht zusammen 17.100 Mitarbeiter.
Das ist der heikle Punkt, weil die Gewerkschaften aus dem Organisationsgrad ihr Verhandlungsmandat für die jeweiligen Berufsgruppen ableiten. Wer stärker ist, soll in Tarifverhandlungen das Sagen haben. Die Frage ist jedoch, welche Organisationseinheit man dabei betrachtet: einen Betrieb, ein Unternehmen im Konzern, eine Berufsgruppe? Je nach dem kann die Mehrheit mal bei der einen, mal bei der anderen Gewerkschaft liegen.
Bei den Lokführern ist die Sache klar: 20.000 sind bei der Bahn angestellt. Die GDL reklamiert 78 Prozent von ihnen als ihre Mitglieder, das wären etwa 15.500. Die EVG gibt ihre Mitgliederzahl unter den Lokführern mit 5000 an. Das geht nicht ganz auf, selbst wenn alle Lokführer gewerkschaftlich organisiert wären. Aber: Das Kräfteverhältnis ist eindeutig, drei zu eins für die GDL.
Schwieriger und umstritten es bei den übrigen rund 17.000 Mitarbeitern, die nach GDL-Definition zum Zugpersonal zählen. Die EVG sagt, 65 Prozent der Zugbegleiter und 75 Prozent der Lokrangierführer seien bei ihr organisiert. Das wären zusammen allein bei diesen beiden Berufsgruppen 9860 Beschäftigte.
Die GDL macht eine andere Rechnung auf: 37.000 Beschäftigte (inklusive Lokführer) gehören zum Zugpersonal, rund 10.000 von ihnen sind bei keiner Gewerkschaft – bleiben 27.000. Zieht man davon die 15.500 GDL-Lokführer ab, kommt man auf 11.500. Davon beansprucht die GDL 30 Prozent für sich, also 3450 Eisenbahner. So kommt sie zusammen auf 19.000 GDL-Mitglieder beim Zugpersonal, das wäre eine Mehrheit von 51 Prozent.
Die Bundesregierung beabsichtigt, ein Gesetz zur Tarifeinheit auf den Weg zu bringen. Für die GDL ist das sehr bedeutsam: Ein solches Gesetz könnte ihre Handlungsmöglichkeit einschränken. Möglicherweise verlöre sie in bestimmten Ausgangslagen das Streikrecht. Damit wäre die GDL wie andere Berufsgewerkschaften (Cockpit, Marburger Bund) in ihrer Existenz bedroht. Die GDL hat bereits angekündigt, dass sie ein solches Gesetz vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen würde.
Streiks in rascher Folge, Lähmung des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft sollen erschwert werden. Die Diskussion hatte durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes schon vor vier Jahren an Fahrt gewonnen. Die Richter stärkten die Tarifvertragsvielfalt und die Konkurrenz unter großen und kleinen Gewerkschaften. Der Grundsatz „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ wurde damals hinfällig.
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Weselsky führt Krieg gegen die Bahnkunden
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Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft beantwortet die Schuldfrage im Gespräch mit der F.A.Z. eindeutig. Am Zugchaos, an den abgesagten Gesprächen und am falschen Bild der GDL sind immer die Anderen Schuld.
Deshalb ist die GDL bei den Bahnkunden heute auch so beliebt wie Ebola.
Denn ausgerechnet zum Ferienbeginn in Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Sachsen schickt die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) ihre Mitglieder für 50 Stunden bundesweit in den Ausstand.
Dass zudem die Ferien in Nordrhein-Westfalen und Thüringen enden, macht die Sache nur noch schlimmer. Entsprechend harsch sind nun die Reaktionen in den sozialen Netzwerken. Waren sie bis zur Bekanntgabe des Streikbeginns relativ verhalten, kann man das Ganze nun als ausgewachsenen Shitstorm bezeichnen, der unter anderem mit dem etwas unfeinen Hashtag #fuckyougdl der Gewerkschaft um die Ohren fliegt.
@Herr Woifi Fischer
Es muß die Dienstverpflichtung wieder eingeführt werden.
Da muß ich Ihnen beipfichten. Die Bahn gehört eigentlich zu den hoheitlichen Aufgaben unseres Landes.
Nur habe ich damals, wo es um die Privatisierung ging, ihre mahnende Stimme vermisst.
Die Bahn ist auf dem Weg zur AG. Dies werden Sie schwerlich aufhalten können, da politisch gewollt mit allen Vor und Nachteilen.
Schönen Tag noch.
... und diese Hinweise bitte an den Vorstand der Deutschen Bahn.
Warum die Bahn gegen die Streiks machtlos ist.
Sie sollte ihre Pensionierte Lockführer Aktiviren, und auf dem freien Markt nach Leilokführer suchen, wenn es sein muß auch im Europäischen Ausland.
Ein weiteres wäre, die Lockführer durch Maschinen zu ersetzen, wenn man Schiffe ohne Mannschaft an der Küste fahren lassen kann, dann muß es bei Loks auch möglich sein, oder zum Beispiel von den Stellwerken aus?
So wie jetzt ist es unerträglich.
Dieser ganze Streik, wird auf dem Rücken der Bahnreisenden und auf dem Rücken des Steuerzahlers ausgetragen, Schluss mit dieser Erpresserei einer kleinen Minderheit.
Es muß die Dienstverpflichtung wieder eingeführt werden.
Von mir aus kann gestreikt werden, bis die Streikkassen leer sind - Hauptsache, der Arbeitgeber beugt sich nicht dem Druck der GDL.