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Low-Budget-Übernachtungen B&B Hotels übernimmt deutschen Wettbewerber – trotz überbordender Schulden

Der Rivale von Ibis und Motel One expandiert und übernimmt eine Hotelkette in Bayern. Dabei gilt er als hochverschuldet. Der Fall ist symptomatisch für die Lage der Branche.
17.03.2021 - 15:20 Uhr Kommentieren
Die französische Kette plant in Deutschland bis 2030 ein Netz von 300 Hotels. Foto: B&B Hotels
B&B Hotel in Berlin

Die französische Kette plant in Deutschland bis 2030 ein Netz von 300 Hotels.

Foto: B&B Hotels

Düsseldorf Über die Zahlungsfähigkeit des Low-Budget-Anbieters B&B Hotels mit seinen 539 Häusern herrscht unter Ratingagenturen pessimistische Einigkeit. Es bestehe ein „substanzielles Risiko“, lauten die Firmenbewertungen von Standard & Poor‘s („CCC+“) und Moody‘s („Caa1“). Nur bei einer günstigen Entwicklung seien Zahlungsausfälle noch zu vermeiden.

Für eine nachrangige Schuldverschreibung der B&B-Dachgesellschaft sieht es sogar noch schlechter aus. Sie stufte Moody‘s Anfang März auf „Caa3“ herab – was in deren Nomenklatur auf einen Zahlungsverzug hindeutet.

Den 1990 im französischen Brest gegründeten Übernachtungskonzern aber hält dies nicht davon ab, seine Expansion mitten in der Coronakrise voranzutreiben. „Wir haben zum 1. März die fünf Standorte des Starnberger Anbieters Leto-Motels übernommen“, sagte Max C. Luscher, CEO für das Zentral- und Mitteleuropageschäft, jetzt dem Handelsblatt.

Dass der Hotelkette für solche Aktionen trotz Coronakrise und überbordender Verschuldung die nötige Liquidität bleibt, verdankt sie ausgerechnet einer „Heuschrecke“: Im Juni 2019 hatte Goldman Sachs die Übernachtungsfirma für 1,9 Milliarden Euro übernommen. Weil die Finanzfirma den Ablösebetrag auf Umwegen größtenteils aus der Kasse des Zielobjekts bezahlte, erhielt B&B Hotels schon vor Corona die mäßige Bonitätsnote „B-“.

Nun aber zahlt sich der zunächst belastende Eigentümerwechsel aus. Mithilfe von Goldman Sachs und Morgan Stanley sicherte sich der Hotelkonzern Anfang März eine bis 2026 laufende Schuldverschreibung über 100 Millionen Euro zu gerade einmal 5,5 Prozent Verzinsung. Zudem sicherte der Finanzinvestor frisches Eigenkapital über 80 Millionen Euro zu – und bekannte sich damit zum Unternehmen. „Die Kapitalspritze sollte B&B in die Lage versetzen, das laufende Jahr zu überstehen“, lobt Moody‘s-Analyst Oliver Schmitt.

B&B Hotels will weiter wachsen

Der Fall B&B zeigt: Die Coronakrise spaltet die Hotelbranche zunehmend in zwei Lager. Wer Zugriff auf den Kapitalmarkt besitzt, setzt derzeit alles daran, sich für die Zeit nach der Pandemie in Stellung bringen. Wem dieser Weg versperrt bleibt, darf bestenfalls hoffen, einen Käufer für das meist angeschlagene Übernachtungsgeschäft zu finden.

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Auf die Seite der Konsolidierer schlug sich wie B&B Hotels zuletzt auch der Herbergskonzern Hilton, der Anfang Februar die Eröffnung zehn weiterer Hotels in Deutschland vereinbarte. Zuvor hatten sich die Amerikaner 1,5 Milliarden Dollar auf dem Anleihemarkt besorgt. Der britische Gastronomiekonzern Whitbread verkaufte sogar seine Cafékette Costa Coffee an Coca-Cola, um mit den 5,1 Milliarden Dollar Verkaufserlös und der konzerneigenen Hotelkette Premier Inn vorzugsweise nach Deutschland zu expandieren.

Auch für B&B Hotels soll die mit dem jüngsten Zukauf verbundene Expansion in München, Nürnberg und Augsburg nicht die letzte sein. „Wir wollen weiter wachsen und den Übernachtungsmarkt konsolidieren“, erklärt Luscher. Die Entwicklungspipeline sei dazu „prall gefüllt“. 2030 seien allein in Deutschland 300 Häuser angepeilt.

Schon in den vergangenen Jahren entwickelte sich das Wachstum der Billigkette, die 1997 in Ingolstadt mit ihrem ersten deutschen Standorte startete, rasant. Allein in den vergangenen vier Jahren fügte B&B Hotels dem Deutschlandnetz 50 Häuser hinzu und rückt mit inzwischen 142 Herbergen fast zum Marktführer Ibis auf. Die Billigmarke des Pariser Accor-Konzerns kommt aktuell mit den Untermarken „Budget“ und „Styles“ in Deutschland auf 183 Standorte im unteren Preissegment.

Motel One bereits überholt

Die Zwei-Sterne-Kette Motel One haben die Franzosen in Deutschland damit sogar abgehängt. Der von Dieter Müller geführte Hotelkonzern Motel One setzte mit Design und zusätzlicher Gastronomie zwar höhere Übernachtungspreise durch als B&B Hotels, schaffte in Deutschland jedoch nur die Eröffnung von 51 Häusern.

Die gerade einmal 15,5 Quadratmeter großen Zimmer von B&B sind denkbar schlicht, Restaurant, Roomservice oder ein Zimmertelefon suchen Gäste vergeblich. Den Frühstückskaffee brüht der Automat.

Auch teure Innenstadtlagen meidet B&B Hotels, wo es geht. Die Anzahl der Zimmer, die über Buchungsplattformen wie Booking mit hohen Provisionskosten vertrieben werden, ist eng begrenzt. Und auch das Geschäftsmodell halten die Franzosen schlank: Hinter jedem Haus steht ein selbstständiger Unternehmer, der von B&B Hotels für seine Dienste eine Provision erhält. Wer den höchsten Umsatz erzielt, verdient am meisten.

Insolvenzen unter den B&B-Hoteliers gab es bislang nicht, die Pandemie traf die Beteiligten dennoch hart. Konzernweit fiel der Übernachtungsumsatz im abgelaufenen Jahr um 47 Prozent auf 332 Millionen Euro, obwohl 21 weitere Häuser hinzukamen.

Für Deutschland nennt Luscher ein Minus von 30 Prozent. Jedes verfügbare Zimmer, das 2019 pro Nacht noch durchschnittlich 39 Euro verdiente – Hoteliers bezeichnen diese Größe als „RevPar“ –, büßte 2020 sogar 50,5 Prozent ein. Unterm Strich schrieb man rote Zahlen, obwohl sämtliche Häuser für Geschäftsreisende, Handwerker und öffentliche Hilfskräfte offen blieben.

2021 verschlechtert sich die Lage noch

Doch auch 2021werde sich die Lage nochmals verschlechtern, warnt man bei S&P. „Wir gehen davon aus“, erklärt Ratinganalystin Marion Casassus, „dass die B&B Hotels 2021 allmählich wieder wachsen werden, aber der RevPar wird mindestens 30 Prozent unter dem Wert von 2019 bleiben.“


Die Kreditwächter gehen deshalb davon aus, dass der Umsatzrückgang den Schuldenabbau verzögern wird. Der Verschuldungsgrad 2020 werde das 15-Fache des Betriebsgewinns (Ebitda) deutlich übersteigen – und auch 2021 nahezu das 15-Fache erreichen. 2019 hatte das Multiple noch bei 7,6 gelegen.

Auch die für 2021 geplante Eröffnung von 53 weiteren Hotels weltweit werde den Cashflow zusätzlich belasten. Dabei hatte der Low-Budget-Anbieter nach Berechnungen von S&P schon 2020 im operativen Geschäft 175 Millionen Euro verloren. 2021, so fürchtet man nun, könnte ein Minus von 90 Millionen Euro hinzukommen. 2019, also vor der Coronakrise, waren der Hotelgruppe noch zehn Millionen Euro Cash aus dem operativen Geschäft geblieben.

Luscher sieht all dies als Herausforderung. Um den Umsatz trotz Krise um „mindestens 15 Prozent verglichen mit 2019“ anzukurbeln, hat er neulich eine neue Vertriebsmannschaft zusammengesellt. Sie soll nun erstmals mit Firmen Rahmenverträge aushandeln und den Internetvertrieb über Drittanbieter stärken.

Die richtigen Argumente hat er seinen Leuten bereits mit auf den Weg gegeben. Dank der Digitalisierung könne jeder Gast kontaktlos einchecken, wirbt Luscher. Das eigene Hygienekonzept habe man sich von einem externen Prüfer zertifizieren lassen. Und außerdem seien die kleinen Zimmer auch in Zeiten von Corona leicht zu reinigen.

Mehr: Expansion in der Krise – Hilton eröffnet zehn neue Häuser in Deutschland.

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