Luftfahrt 177 neue Jets: So sieht die neue Lufthansa-Flotte aus – und auf diesen Strecken fliegt sie

Die künftige Flotte zeigt, wie Konzernchef Carsten Spohr die Fluggesellschaft nach der Pandemie ausrichten will.
Frankfurt Es ist ein emotionaler Moment für viele Lufthansa-Mitarbeiter und Flugzeug-Fans, als am 14. September gegen zehn Uhr der Super-Jumbo mit der Kennung D-AIMH in Frankfurt abhebt. Denn für den letzten Airbus A380 der Fluggesellschaft geht es ins spanische Teruel, in den Ruhestand. Nur wenige Wochen später, am 4. Oktober, dann diese Nachricht: Lufthansa least kurzfristig vier weitere Airbus A350.
Zwei Ereignisse, die zeigen, wie Europas größte Airline-Gruppe die eigene Flotte neu sortiert. 177 Kurz-, Mittel- und Langstreckenjets wird der Konzern noch in diesem Jahrzehnt „einflotten“ – selbst für eine große Airline-Gruppe eine stattliche Zahl. Gleichzeitig sollen 97 Flugzeuge ausgemustert werden.
Es ist ein Umbau, der nicht nur die Effizienz steigern soll und das Thema Nachhaltigkeit adressiert. Ein Blick auf die künftige Flotte zeigt auf, wie die Strategie von Konzernchef Carsten Spohr für die Zeit nach der Pandemie aussieht.
Am deutlichsten werden die Fluggäste den Umbau auf der Langstrecke zu spüren bekommen. Mit der Boeing 747 wird es vorerst zwar weiter einen Großraumjet mit vier Triebwerken geben, wohl mindestens noch bis Mitte dieses Jahrzehnts. Doch klar ist: Auf Dauer ist für Vierstrahler kein Platz mehr in der Flotte. Das hat das Management gegenüber dem Aufsichtsrat deutlich gemacht.
Größter Langstreckenjet im „Fuhrpark“ des deutschen Konzerns wird nach dem Abschied der Riesenflieger die Boeing 777-9 sein. Deren Auslieferung hat sich allerdings mehrfach verzögert. Noch weiß die Lufthansa nicht genau, wann der Jet kommen wird – vielleicht 2023.
Neu in die Flotte kommen zudem Dreamliner von Boeing. Von der 787-9 hat Lufthansa 20 Stück bestellt. Kurzfristig sind auch hier fünf weitere Jets dazugekommen. Da diese fünf bereits gebaut sind, aber von den ursprünglichen Kunden nicht mehr abgenommen werden, hofft Spohr darauf, einen ersten Dreamliner bereits in diesem Jahr zu bekommen. Auch vom Airbus A350-900 erwartet Lufthansa noch 26 Stück.

Lufthansa hat kurzfristig weitere Dreamliner geordert. Das kleinere Langstreckenflugzeug lässt sich schneller füllen und damit flexibler einsetzen.
Bleiben werden im Langstrecken-Fuhrpark zudem die etablierte Boeing 777-300, die bei der Konzerntochter Swiss im Einsatz ist, sowie der Airbus A330-300, den die neue Touristik-Marke Eurowings Discover nutzt.
Dagegen werden folgende Flugzeug-Muster den Konzern auf Dauer verlassen oder haben das teilweise bereits: die Vierstrahler Boeing 747-400, Airbus A340-600 und A340-300 sowie die Zweistrahler Boeing 777-200, Airbus A330-200 und Boeing 767-300.
Die Liste zeigt: Lufthansa wird künftig auf der Langstrecke im Schnitt mit kleineren Flugzeugen unterwegs sein, die schneller zu füllen sind. Im Gegenzug kann die Airline wichtige Verbindungen häufiger ansteuern, was für die Kunden mehr Auswahl bedeutet. Zudem sind die Jets auch an etwas kleineren Drehkreuzen effektiv einzusetzen.
Premium ist für Lufthansa und Swiss reserviert
Das ist wichtig, denn die Lufthansa-Spitze hat ein Ziel: Die gesamte Airline-Gruppe soll sowohl für Umsteiger als auch für jene Fluggäste attraktiv sein, die nur zwischen zwei Zielen reisen, den sogenannten Punkt-zu-Punkt-Verkehr. Basierend auf einem starken Heimatnetz will der Konzern auf der Langstrecke wachsen. So soll die Airline ihre Präsenz in Richtung Asien ausbauen, ergänzend zum starken transatlantischen Markt.
Das spiegelt sich auch bei den Heimat-Flughäfen des Konzerns wieder. Die drei Drehkreuze Frankfurt, München und Zürich sind vor allem für den Premiumverkehr – vorwiegend auf der Langstrecke – reserviert. Hier werden den Marken Lufthansa und Swiss mit Eurowings Discover und Edelweiss zwei Anbieter für touristische Fernziele zur Seite gestellt.

Nicht nur Lufthansa, auch viele andere Airlines haben die A380 ausgemustert. Das ist das wohl deutlichste Zeichen dafür, wie die Pandemie den Luftverkehr verändert hat.
Wien und Brüssel rutschen in den Status kleinerer Hubs, an denen Austrian und Brussels Airlines vor allem den dortigen Markt bedienen, also nicht ganz so stark auf den komplexen und teuren Umsteigerverkehr setzen. Denn der Wettbewerb mit den Billiganbietern in Wien und Brüssel ist hart.
Drittes Standbein ist der innereuropäische Punkt-zu-Punkt-Verkehr überwiegend von Flughäfen jenseits der ganz großen Drehkreuze. Das ist Aufgabe des Billigablegers Eurowings. Bisher war dieser stark auf Deutschland und Österreich konzentriert. Doch Eurowings soll sukzessive zu einer paneuropäischen Airline ausgebaut werden. Erste Ansätze sind erkennbar: So baut die Lufthansa-Tochter derzeit Basen in Prag und in Stockholm auf.
Dichtes Netz soll die Kunden locken
Diese Expansion macht deutlich, was Konzernchef Spohr künftig als europäischen Heimatmarkt der Gruppe sieht. Es ist ein Streifen, der von Skandinavien über Deutschland, Österreich, der Schweiz, Tschechien bis hinunter nach Italien reicht. Hier will das Management mit einem möglichst dichten Netz punkten und zugleich versuchen, Wettbewerber fernzuhalten. Den Westen Europas sieht Spohr dagegen durch Ryanair und Easyjet belegt, der Osten wird stark von Wizz Air dominiert.
Dabei setzt Lufthansa auf eine weitgehend einheitliche Kurz- und Mittelstreckenflotte mit den Airbus-Modellen A320neo, A321neo, A220-300 und A220-100. Gehen müssen dagegen auf Dauer die Jets vom Typ Airbus A320 und A319, Embraer 195 und 190 sowie Bombardier CRJ 900.

Die A320-Familie in ihrer modernisierten Variante Neo wird künftig die zentrale Rolle im europäischen Verkehr der Lufthansa-Gruppe spielen.
Die künftige einheitlichere Flotte reduziert nicht nur die Kosten etwa bei der Wartung. Die Flugzeuge können auch viel flexibler zwischen den Flugbetrieben verschoben werden. Das ist fester Bestandteil der Strategie von Spohr. Er will diejenigen Tochterunternehmen stärken, die für bestimmte Märkte die beste und passende Kostenbasis haben – ein interner Wettbewerb auch mit dem Ziel, die Kosten insgesamt weiter zu drücken.
Profieren dürften davon Eurowings Discover oder Cityline, die künftig auf neue Flugzeuge hoffen dürfen. Aber auch Air Dolomiti, die Ziele in Italien und Mitteleuropa ansteuert, könnte in den Genuss neuer Jets kommen. Bisher fliegt die Airline mit 15 Embraer E 195. Doch Spohr hat vor einigen Wochen angedeutet, dass im Vorstand über neue Jets für Air Dolomiti nachgedacht wird. Ein Kandidat könnte die moderne Embraer E195-E2 sein.
Mehr Extras gegen Geld
Parallel zum Umbau der Flotte führt die Lufthansa auch neue Services ein. Die neue Business-Class etwa soll 2023 kommen – ob im Dreamliner, der 777-9 oder doch im Airbus A350 hängt auch davon ab, wann die Neuzugänge eintreffen. Die Kundinnen und Kunden können dann einen Sitz buchen, der stärker auf ihre persönlichen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Es gibt welche mit einem extra langen Bett oder einer doppelt so großen Fläche zum Arbeiten.
Das ist ein deutlicher Hinweise darauf, wie eine Buchung eines Fluges bei Lufthansa künftig aussehen wird: Das sogenannte „Pricing à la carte“ wird mehr und mehr kommen. Extras können dazugebucht werden, sie sind aber nicht im Ticketpreis inbegriffen. Das gilt auch auf der Kurz- und Mittelstrecke. Wer dort in der Economy fliegt, muss bereits seit einigen Monaten für Essen bezahlen, kostenlos gibt es nur noch eine Flasche Wasser und eine kleine Schokolade.
Das Ziel: Lufthansa will den Anteil der „Ancillary Revenues“, der Zusatzerlöse neben dem Ticketverkauf, deutlich steigern. Hier schneiden abseits der Billiganbieter, die in dem Bereich besonders stark sind, auch amerikanische Netzwerk-Airlines wie Delta, American oder United deutlich besser ab.
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