Luftfahrt Billigflieger Norwegian bittet Anleihe-Gläubiger um Aufschub

Die Airline betonte nun, Verhandlungen zur Beteiligung eines externen Investors an Teilen der Flugzeugflotte würden fortgesetzt.
Stockholm Die in finanzielle Turbulenzen geratene norwegische Fluggesellschaft Norwegian will die im Dezember dieses Jahres und im Februar kommenden Jahres fällige Rückzahlung von zwei Unternehmensanleihen verschieben. Wie der Billigflieger am Montag in Oslo mitteilte, habe man die Gläubiger um Aufschub gebeten. Als Sicherheit bietet Norwegian wertvolle Start- und Landeplätze, sogenannte Slots, am Londoner Flughafen Gatwick an.
Analysten gehen davon aus, dass der Rückzahlungsaufschub gewährt wird, zumal die Start- und Landerechte auf dem Flughafen Gatwick sehr begehrt sind. Die Norwegian-Slots sind nach Schätzungen von Analysten mehr als die 380 Millionen Dollar wert, die die beiden Anleihen ausmachen.
Ein Norwegian-Sprecher betonte, dass sich das operative Geschäft der Airline seit einigen Monaten wieder verbessert habe. Allerdings sei das Betriebskapital in diesem Jahr gesunken. Gründe dafür sind die schnelle Expansion des Unternehmens, der hohe Ölpreis sowie die Probleme mit den Maschinen vom Typ Boeing 737 Max 8. Das Modell hat nach zwei Abstürzen weltweit Flugverbot.
Norwegian hat insgesamt 18 Maschinen dieses Typs in der Flotte, die seit dem Frühjahr am Boden bleiben müssen. Weitere 92 Maschinen sind bestellt. Auch bei den Dreamliner-Modellen, die Norwegian hauptsächlich für seine Transatlantikflüge einsetzt, gab es Probleme mit den Triebwerken, die zu Flugausfällen geführt haben.
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Zusammen mit einer wachsenden Konkurrenz bei preiswerten Transatlantikflügen haben diese Faktoren zu der angespannten finanziellen Lage bei Norwegian geführt.
Das Unternehmen hatte bereits vor zwei Wochen den Verkauf ihrer 17,5 Prozent-Beteiligung an dem Tochterunternehmen Norwegian Finans bekanntgegeben. Norwegian Finans hat eine Banklizenz, vergibt Kredite, bietet Sparkonten an und gibt Kreditkarten heraus. Außerdem ist das Unternehmen für das Bonus-System bei der Airline verantwortlich. Der Verkauf erbrachte nach Abzug aller Schulden umgerechnet rund 93,5 Millionen Euro.
Im vergangenen Jahr hatte die British Airways-Muttergesellschaft IAG versucht, die schwierige finanzielle Lage bei Norwegian auszunutzen, und stieg mit knapp fünf Prozent bei den Norwegern ein. Das Ziel: eine Komplettübernahme.
Doch der Unternehmensgründer und damalige Chef der Airline, Bjørn Kjos, erklärte, dass seine 1993 gegründete Fluggesellschaft nicht zum Verkauf stehe. Mittlerweile hat IAG seine Übernahmepläne aufgegeben und auch seine Anteile wieder verkauft.
Zweifel am Konzept
Kjos trat in diesem Sommer von seinem Posten zurück, ist aber mit rund 27 Prozent weiterhin der größte Aktionär von Norwegian. Schon vor einem Jahr hätte er allerdings Grund gehabt, sich einen starken Partner zu suchen. Denn die Airline hat sich mit ihren billigen Transatlantik-Strecken möglicherweise überhoben.
Die knapp 150 überwiegend ganz neuen Flugzeuge, darunter die für die Langstrecke bestens geeigneten 14 Dreamliner, haben die Verschuldung in die Höhe getrieben. Und bis Ende dieses Jahres sollte die Norwegian-Flotte mit der typisch roten Frontpartie auf 193 Maschinen anwachsen. Diese Expansion ist mittlerweile gebremst worden. Außerdem führt Norwegian Gespräche, um Partner für die Flugzeugflotte zu finden.
Zuletzt waren immer mehr Zweifel am Billigflug-Konzept der Norweger aufgekommen. Kjos hatte sein in Europa erfolgreiches Konzept vor fünf Jahren auch auf die Langstrecke ausgeweitet. Doch das, was auf der Kurzstrecke funktioniert, bereitet auf der Langstrecke mehr und mehr Sorgen. Doppelte Crews, längere Ladezeiten und eine generell kompliziertere Logistik bei Langstreckenflügen kosten einfach mehr.
Auch wenn die Rückzahlung der Anleihen um zwei Jahre verschoben werden, sind damit die Probleme für Norwegian noch nicht gelöst. Denn trotz der angebotenen Sicherheit in Form von Lande- und Startrechten muss Norwegian hohe Zinsen für die Anleihen zahlen: 7,5 Prozent für die Euro-Anleihe, fünf Prozent für die zweite Anleihe in schwedischen Kronen.
Trotz aller Probleme glaubt der renommierte norwegische Analyst Hans Jørgen Elnæs an ein Überleben von Norwegian. „Das Unternehmen steht in diesem Jahr finanziell viel besser da als noch im vierten Quartal vergangenen Jahres“, erklärte er gegenüber dem Online-Portal E24. Ganz anderer Meinung sind die Analysten von Bernstein. Sie urteilten nüchtern: „Dieses ist ein Unternehmen, das keinen Zugang zu frischem Kapital hat“.
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