Luftfahrt Französischer Staat vergrößert über Kapitalerhöhung Einfluss bei Air France

Frankreich und die Niederlande hielten vor der Einigung auf das neue Finanzierungspaket jeweils rund 15 Prozent an dem Luftfahrtkonzern.
Paris, Frankfurt Frankreich eilt Air France in der aktuellen Krise erneut zu Hilfe. Nachdem die EU-Kommission grünes Licht gegeben hat, wird der französische Staat die angeschlagene Airline-Gruppe mit vier Milliarden Euro stützen. Die Regierung in Paris kann damit ihren Anteil an Air France-KLM von 14 auf knapp 30 Prozent ausbauen.
Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire und sein niederländischer Kollege Wopke Hoekstra betonten am Dienstag die Absicht beider Regierungen, „die Stärkung der Bilanz von Air France-KLM und als ersten Schritt die Kapitalerhöhung“ zu unterstützen. Frankreich plane keinesfalls, seine Beteilung an der Airline „auf mehr als 29,9 Prozent zu erhöhen oder Air France-KLM zu nationalisieren“.
Der niederländische Staat hält aktuell 14 Prozent am Eigenkapital der Fluggesellschaft und hat in der Vergangenheit größten Wert darauf gelegt, nicht hinter Frankreich zurückzufallen. Den Haag wird sich allerdings zunächst nicht an der Kapitalerhöhung beteiligen. Laut Hoekstra wird aber geprüft, „wann und in welcher Form das in der Zukunft geschehen kann“.
Die beiden Länder hatten die Airline-Gruppe im vergangenen Jahr bereits mit Darlehen und Bürgschaften über 10,4 Milliarden Euro finanziert. Mit sieben Milliarden Euro war dabei der größte Teil auf Air France entfallen. Der französische Arm des Konzerns ist seit Jahren deutlich unrentabler als die niederländische KLM. Das zeigt sich auch in der Coronakrise: Air France musste 2020 einen Betriebsverlust von 3,4 Milliarden Euro verkraften, bei KLM waren es 1,2 Milliarden Euro.
Analysten wie Daniel Röska von Bernstein Research hatten bei Air France-KLM angesichts der desolaten Situation weitere Kapitalmaßahmen erwartet. Die aktuelle Pandemie hat die bislang schwerste Krise in der Luftfahrtbranche ausgelöst. Weder die Terrorangriffe 2001 noch das Sars-Virus oder die Finanzkrise hatten vergleichbare Folgen.
Eigenkapital der Airlines schwindet rapide
Der seit mittlerweile mehr als einem Jahr am Boden liegende Luftverkehr schwächt die Bilanzen von Airlines und Flughäfen. Das zeigt sich zum einen in der rasant steigenden Schuldenlast und zum anderen im stark schrumpfenden Eigenkapital. Air France-KLM beendete das Jahr 2020 mit einem deutlich negativen Eigenkapital in Höhe von 5,4 Milliarden Euro. Bei der IAG schrumpfte das Eigenkapital von 6,8 auf 1,3 Milliarden Euro, bei Lufthansa von gut zehn Milliarden Euro auf nur noch 1,4 Milliarden Euro.
Ohne operatives Geschäft fehlen die Einnahmen, um die Bilanz zu stärken. Bei Lufthansa lag der Konzernverlust 2020 bei 6,7 Milliarden Euro, bei IAG waren es 6,9 Milliarden Euro und bei Air France-KLM rund sieben Milliarden Euro. Die Verluste können nicht dauerhaft durch immer neue Schulden ausgeglichen werden, da eine Überschuldung droht. Deshalb müssen Finanzhilfen des Staates wie jetzt im Fall von Air France-KLM als Eigenkapitalmaßnahmen ausgestaltet werden.
Die französische Staatshilfe besteht einerseits aus einer Beteiligung in Höhe von einer Milliarde Euro an der von Air France-KLM geplanten Kapitalerhöhung. Frankreich wandelt außerdem drei Milliarden Euro an Krediten zugunsten der Fluggesellschaft in eine ewige Anleihe um, die nach dem IFRS-Standard der Rechnungslegung zum Eigenkapital zählt. Die Laufzeit des restlichen staatlich garantierten Kredits wird bis 2023 verlängert, ein vergleichbarer niederländischer Kredit läuft bis 2025.
Anders als die Niederländer zieht Anteilseigner China Eastern bei den Maßnahmen mit, wird aber seine Beteiligung nicht über zehn Prozent erhöhen. Delta Airlines wird dagegen keine neuen Anteile zeichnen.

Europas größte Fluggesellschaft hofft, dass es im Sommer mit dem Luftverkehr langsam wieder aufwärtsgeht.
Auch nach der jüngsten Stützungsaktion bleibt das Eigenkapital von Air France-KLM negativ, weshalb die Airline nach weiteren Wegen zur Verbesserung ihrer Bilanz sucht. Immerhin soll die Staatshilfe bis 2023 das Verhältnis der Nettoschulden zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) unter drei senken. Ziel sei aber ein Wert unter zwei, teilt das Unternehmen mit. Im ersten Quartal 2021 rechnet Air France-KLM mit einem negativen Ergebnis in Höhe von 750 Millionen Euro, das wäre weniger als im letzten Vierteljahr 2021.
Der Rivale Lufthansa will sich bei der Stärkung des Eigenkapitals dagegen nicht allein auf den Staat verlassen. Teil des im vergangenen Jahr beschlossenen Rettungspakets in Höhe von neun Milliarden Euro ist eine Stille Einlage in Höhe von 5,5 Milliarden Euro, aufgeteilt in zwei Teile, eine über 4,5 Milliarden und eine über eine Milliarde Euro. Die größere, die rechnerisch als Eigenkapital gezählt werden kann, hat das Management bisher allerdings noch nicht gezogen.
Zwar hatte Konzernchef Carsten Spohr Anfang März bei der Bilanzpräsentation nicht ausgeschlossen, angesichts des schrumpfenden Eigenkapitals von der Möglichkeit der Stillen Einlage Gebrauch zu machen. Gleichzeitig bereitet Europas größte Airline-Gruppe aber alternative Möglichkeiten vor. So sollen die Anteilseigner auf der Hauptversammlung am 4. Mai dem Management die grundsätzliche Erlaubnis erteilen, das Grundkapital um bis zu 5,5 Milliarden Euro zu erhöhen. Die Ermächtigung soll bis zum 3. Mai 2026 gelten.
Staatshilfen sind für Airlines durchaus heikel. Sie sind mit Auflagen verbunden, die unter Umständen die Wettbewerbsposition schwächen. Bei Air France-KLM verlangt die EU-Kommission, dass die Airline am Pariser Flughafen Orly 18 Start- und Landerechte an einen Wettbewerber abgibt. Der muss sich wiederum dazu verpflichten, die dafür vorgesehenen Maschinen in Orly zu stationieren, damit die Bedeutung des Airports nicht geschmälert wird. In Branchenkreisen geht man davon aus, dass unter anderem Ryanair Interesse anmelden wird.
Wie schnell die Fluggesellschaften die Staatshilfen wieder ablösen können, ist schwer zu sagen. Das hängt nicht zuletzt vom weiteren Verlauf der Pandemie und der Impfungen ab – und vom Vertrauen der Investoren, der gebeutelten Branche frische Mittel zur Verfügung zu stellen.
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