Luftfahrt Italien will Fluggesellschaft Alitalia verstaatlichen

Italien plant, die Airline zu verstaatlichen.
Frankfurt, Mailand Italien will das kriselnde Luftfahrtunternehmen Alitalia verstaatlichen, wie die Regierung bekanntgab. Sie gibt insgesamt 25 Milliarden Euro aus, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und den Kollaps der Wirtschaft zu verhindern. In diesem Hilfspaket ist auch ein Kapitel zur Airline Alitalia, über deren Zukunft seit Monaten verhandelt wurde.
Seit Monaten wurde in Italien nach einer Lösung für die angeschlagene Fluggesellschaft Alitalia gesucht, von Monat auf Monat wurden die Fristen für den Verkauf an mögliche Partner verschoben. Immer mehr Interessenten waren abgesprungen oder wollten wie die Lufthansa nur einen Teil von Alitalia kaufen.
Jetzt hat die Coronakrise das Ende beschleunigt. Alitalia wird verstaatlicht. Das steht in dem Hilfspaket, das die Regierung in Rom am Montag verabschiedet hat, allerdings verklausuliert. Der Grund: So kann Italien in Brüssel „höhere Gewalt“ geltend machen, sprich die Auswirkungen des Coronavirus als Begründung für den radikalen Schritt angeben.
Die Regierung werden eine „neue Gesellschaft“ gründen, die „vollständig vom Wirtschafts- und Finanzministerium oder von einer Gesellschaft, die sich mehrheitlich in öffentlichem Besitz befindet“, kontrolliert wird, heißt es in dem Regierungsdekret. Vor der Presse hatte Premier Conte am Montag bei der Präsentation des Hilfspakets das Thema Alitalia nicht genannt. Wohlweislich, sagt ein Insider, um dem Vorwurf der Staatsrettung unter dem Deckmantel der Pandemie zu begegnen.
Der Ausbruch und die massive Verbreitung des Coronavirus in Italien hatte der Fluggesellschaft schwer zugesetzt. Die Flughäfen Mailand-Malpensa und Rom-Ciampino sind geschlossen. Und die Flugzeuge sind leer, seit viele Länder Reiseverbote nach Italien verhängt haben. Die Buchungen sind eingebrochen, und die Flugrouten wie der Einsatz der Maschinen wurden reduziert. Seit dem 10. März gilt in Italien eine Ausgangssperre, auch Reisen dürfen nur mit Bescheinigung angetreten werden.
Probleme schon vor dem Corona-Ausbruch
Doch schon vor dem Ausbruch des Coronavirus hatte Alitalia vor dem Aus gestanden. Die erst Anfang des Jahres vom Staat bewilligte zusätzliche Finanzspritze von 400 Millionen Euro ist so gut wie aufgebraucht. Seit 2017, seit Alitalia von drei von der Regierung eingesetzten Kommissaren verwaltet wird, hat Rom schon mehr als 900 Millionen Euro an Überbrückungskrediten bereitgestellt. Am morgigen Mittwoch endet die letzte der Bieterfristen, die bereits acht Mal verlängert worden war. Doch angesichts der Krise hätte es wohl keinen Interessenten gegeben.
Das geplante Konsortium zur Übernahme von Alitalia war im Winter gescheitert. Erst zog sich Atlantia, die Vermögensverwaltung der Benettons, zurück, und danach auch Ferrovie dello Stato, die staatliche Eisenbahngesellschaft. Beide sollten je 37,5 Prozent investieren. Übrig blieb Delta Airlines, die nur 100 Millionen als Industriepartner investieren wollte, um den Einstieg des Rivalen Lufthansa zu verhindern, wie es in Rom hieß. Daneben sollte nach dem ursprünglichen Plan der Staat über das Wirtschafts- und Finanzministerium, die restlichen Anteile übernehmen. Nun werden daraus 100 Prozent.
Auch in Deutschland wurde im Zusammenhang mit den massiven Folgen des Coronavirus für die Luftfahrt zuletzt über den möglichen Einstieg des Bundes etwa bei der Lufthansa spekuliert, quasi als letzte Option, um die wichtige Airline zu retten. Aktuell ist das allerdings nicht notwendig, Lufthansa verfügt über ausreichend Liquidität, hat diese zuletzt sogar noch aufgestockt. Darüber hinaus kann die Airline noch große Teile der Flotte beleihen, die im Besitz der Lufthansa ist. Thomas Jarzombek, der Luftfahrtkoordinator der Bundesregierung, hatte am Montag zudem klargestellt: „Die Verstaatlichung von Unternehmen ist definitiv nicht das Ziel.“
Jarzombek geht davon aus, dass die zugesagten Hilfen und Maßnahmen wie etwa ein ausgeweitetes Kurzarbeitergeld, Liquiditätshilfen und Steuerstundungen erst einmal ausreichen. Bei Bedarf könne man über weitere Maßnahmen entscheiden. Lufthansa selbst begrüßt das Vorgehen der Regierung.
Allerdings wächst in der Branche die Sorge, dass es im Zuge der Coronakrise verstärkt zu Alleingängen einzelner Staaten kommt. Und der Fall Alitalia zeigt, dass diese Sorge nicht ganz unberechtigt ist. „Wir brauchen im Luftverkehr eine europäische Koordinierung", sagte Matthias von Randow, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), am Montag.
Ob die Verstaatlichung von Alitalia letztlich auf Widerstand bei der EU-Kommission stoßen wird, ist schwer zu beurteilen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat bereits klar gemacht, dass den EU den Mitgliedsstaaten dabei helfen wird, wenn es darum geht, den Bürgern und Unternehmen zu helfen. Das könne auch eine Lockerung der EU-Beihilferegeln bedeuten, die normalerweise Subventionen stark beschränken.
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