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Luftfahrt Nach der Hahn-Insolvenz: Kommt nun die Pleitewelle bei Flughäfen?

Nicht nur das Beispiel des insolventen Airports Frankfurt Hahn zeigt: Flughäfen brauchen Geld. Investoren achten jedoch immer stärker auf Nachhaltigkeitskriterien.
25.10.2021 - 16:07 Uhr Kommentieren
Eine Gangway am Flughafen Hahn führt ins Leere. Quelle: imago images/Aviation-Stock
Flugfeld Hahn

Eine Gangway am Flughafen Hahn führt ins Leere.

(Foto: imago images/Aviation-Stock)

Frankfurt Wieder ist ein deutscher Airport pleite. Der Flughafen Hahn im Hunsrück musste vor wenigen Tagen Insolvenz anmelden. Im Februar sah sich das Management des Bodensee-Airports in Friedrichshafen zu diesem Schritt gezwungen. Im vergangenen Jahr musste die Geschäftsführung des Airports Paderborn zum Amtsgericht. Und am neuen Hauptstadtflughafen in Berlin droht chronisch die Überschuldung.

Die Pandemie wirbelt die Flughafenlandschaft durcheinander. Der Flughafenverband ACI Europe hat vor Kurzem berechnet, dass 193 europäische Airports – vor allem die kleineren – vor dem Aus stehen. Die Airport-Manager suchen dringend nach Geldquellen, um die hoffentlich letzten Monate der Pandemie zu überstehen.

Das Problem: Nur wer die sogenannten ESG-Kriterien (Soziales, Umwelt und Governance) erfüllt, hat noch eine Chance bei den Kapitalgebern. Fliegen und Nachhaltigkeit wollen aber nicht so recht zusammenpassen.

„Investoren werden aufgrund ihrer Fondsrichtlinien immer stärker gezwungen, auf ESG-Standards zu achten“, sagt Peter Smeets, Gründer und CEO der 360 Aircraft Finance GmbH (360AF), einem Finanzierungsspezialisten in der Luftfahrt. Auf der Fremdkapitalseite gelte nichts anderes. Immer mehr Banken würden sich zum Ziel setzen, ihr Kreditportfolio kontinuierlich zu dekarbonisieren.

„Ich habe in den zurückliegenden Monaten mit 20, vielleicht sogar 25 Banken gesprochen“, berichtet Lars Mosdorf, der Finanzchef des Flughafens Düsseldorf. Alle hätten das Thema Green Finance auf der Agenda und würden Fragen zum Thema Nachhaltigkeit stellen. „Die Erwartung der Kapitalgeber wächst eindeutig.“ Der Luftverkehr habe beim Thema Klima kein gutes Image, räumt Mosdorf ein: „Und offensichtlich gelingt es der Branche noch nicht, ihr Engagement für den Klimaschutz deutlich genug darzustellen.“

Zwar hilft es den Flughafengesellschaften, dass sie keine Flugzeuge betreiben, sondern eher als Immobilienunternehmen angesehen werden. „Flughäfen sind kritische Infrastruktur. Sie waren für Investoren immer schon sehr attraktiv und werden es auch bleiben“, sagt Henning Block, Managing Director bei Rothschild & Co: „Aber das Thema Nachhaltigkeit ist auch hier extrem relevant für künftige Refinanzierungen.“

Flughäfen müssen in die Klimaneutralität investieren

Nicht nur die politischen und regulatorischen Vorgaben würden das treiben, so Block. Auch die Finanzbranche selbst sei gehalten, bei ihren Investments das Thema Nachhaltigkeit immer mehr zu adressieren. „Hinzu kommt eine wachsende Sensibilität der Konsumenten in Bezug auf ESG.“

Die Flughäfen können zwar darauf reagieren, sie haben zahlreiche Stellhebel, um sich in Richtung Klimaneutralität zu bewegen. „Wenn ich den Banken zeige, was wir als Flughafen bereits alles seit 2010 unternommen haben, um klimaneutraler zu werden, sind dort viele überrascht“, berichtet Mosdorf vom Flughafen Düsseldorf. Und zählt einige der Einzelmaßnahmen auf: Photovoltaikanlagen, ein Blockheizkraftwerk, E-Ladesäulen, Fernwärme oder eine Klimatisierung der Terminalgebäude, die sich danach richtet, wie stark diese gerade genutzt werden. „Die Umstellung auf Grünstrom zum Januar 2022 wird unsere Emissionen weiter deutlich senken.“

Doch das alles kostet, ein Teufelskreis: Um an Geld zu kommen, müssen die Flughäfen zeigen, dass sie nachhaltig sind. Und um das zu schaffen, brauchen sie wiederum Geld. „Flughäfen sind traditionell nutzerfinanziert. Das ist für uns eine Zerreißprobe. Wir können nicht die Entgelte so weit erhöhen, wie es eigentlich nötig wäre“, sagt Mosdorf. Man müsse nicht nur kostendeckend wirtschaften, man müsse auch weiter investieren. „In den Bestand der Infrastruktur ebenso wie in jene Zukunftstechnologien, die unsere Transformation zum CO2-neutralen Unternehmen unterstützen. “

Der Flughafenbetreiber hat in Düsseldorf schon einige Maßnahmen ergriffen, um klimaneutraler zu werden. Quelle: dpa
Passagiere warten in Düsseldorf auf den Checkin

Der Flughafenbetreiber hat in Düsseldorf schon einige Maßnahmen ergriffen, um klimaneutraler zu werden.

(Foto: dpa)

Block von Rothschild ist dennoch zuversichtlich, dass viele Flughäfen das notwendige Geld auftreiben können: „Solche Maßnahmen erfordern weitere erhebliche zukunftsgerichtete Investitionen, für die es ein breites Angebot an Finanzierungsmöglichkeiten gibt.“ Auch Mosdorf aus Düsseldorf glaubt, Investoren überzeugen zu können: „Ich bin überzeugt, dass Luftverkehr und Green Finance zusammenpassen. Aber das wird sicher kein Spaziergang.“

Anders dürfte es bei kleineren Airports aussehen. Kapitalgeber werden bei ihren Investments darauf achten, dass sie in die Flughäfen investieren, die die Krise sicher überleben werden. Die Pleite in Hahn hat aber jedem vor Augen geführt, dass es dafür keine Garantie gibt.

Wachstum der Passagierzahlen bereitet „große Sorgen“

Zumal die Krise längst nicht vorbei ist. Der Flughafenverband ADV geht davon aus, dass die Passagierzahlen an den deutschen Airports zwar wieder das Vorkrisenniveau erreichen, danach aber vorerst nicht mehr wie bisher um 3,5 Prozent pro Jahr wachsen werden. Die Rede ist von zwei bis 2,5 Prozent. „Wir erwarten in diesem Jahr in Summe ein Vorsteuerergebnis von minus 1,5 Milliarden Euro bei den deutschen Verkehrsflughäfen“, sagt Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer der ADV: „Das bereitet uns große Sorgen.“

Ist ein Regionalairport einmal in die Insolvenz gerutscht, wird es schwierig. Staatliche Betriebsbeihilfen sind keine Lösung, sie hat die EU-Kommission ab 2024 untersagt. Und so parkt auf der Start- und Landebahn des Flughafens in Parchim, der seit zwei Jahren insolvent ist, ein Logistikunternehmen seit Längerem mehr als 2000 Autos für den internationalen Handel.

Immerhin: Paderborn hat sich wieder aus der Pleite herausgearbeitet, auch am Flughafen in Friedrichshafen wird der Betrieb wohl weitergehen. Doch möglich ist eine Rettung häufig nur, wenn sich private Investoren finden, die bereit sind, ihr Geld zu geben – unabhängig von der Frage, ob der Airport nachhaltig ist oder nicht. So will die Zeitfracht Gruppe, ein Logistikspezialist, den Flughafen in Rostock-Laage kaufen und dort ein Frachtdrehkreuz errichten.

Auch für Hahn soll es bereits Interessenten geben, wird in der Luftfahrtbranche spekuliert. Einige wollen den Flugbetrieb dauerhaft sichern, andere wollen das Gelände und die Infrastruktur anderweitig nutzen, ist zu hören. Noch allerdings sondiert der vorläufige Insolvenzverwalter die Lage im Hunsrück.

Mehr: Wolfram Simon-Schröter: Was der Zeitfracht-Vorstand mit dem Flughafen Rostock vorhat

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