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Luftfahrt Überraschender Schritt vor der Wahl: Staat leitet Ausstieg aus der Lufthansa ein

Der Verkauf von zunächst fünf Prozent der Anteile ist ein klares Signal an die Investoren: Die Politik lässt die Airline-Gruppe wieder von der Leine.
16.08.2021 Update: 16.08.2021 - 14:12 Uhr Kommentieren
Die Airline wurde – wie die gesamte Luftfahrtbranche – durch die Coronakrise hart getroffen. Quelle: dpa
Lufthansa

Die Airline wurde – wie die gesamte Luftfahrtbranche – durch die Coronakrise hart getroffen.

(Foto: dpa)

Frankfurt Es ist der Einstieg in den Ausstieg des Staates bei Lufthansa. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) beginnt damit, seinen Anteil an Europas größter Airline-Gruppe zu verkaufen. Ab diesem Montag werde der WSF „seine Aktienbeteiligung über mehrere Wochen in Abhängigkeit der Marktbedingungen im begrenzten Umfang, maximal jedoch um ein Viertel reduzieren“, teilte der WSF am Morgen mit. Danach würde der WSF noch 15 Prozent an der Lufthansa halten.

Die Nachricht kommt etwas überraschend. In rund sechs Wochen sind Bundestagswahlen. Viele in der Branche hatten nicht damit gerechnet, dass es in Sachen Staatsbeteiligung noch vor diesem Termin Bewegungen geben wird. Zudem ist im WSF-Rahmenvertrag mit Lufthansa festgelegt, dass der WSF seine Anteile erst dann verkaufen muss, wenn alle Staatshilfen zurückgezahlt sind.

Das ist bis jetzt nicht der Fall. Die Lufthansa hatte vom deutschen Staat im vergangenen Jahr sechs Milliarden Euro zugesichert bekommen. Bisher hat der Konzern vier Milliarden Euro in Anspruch genommen, davon eine Milliarde Euro im ersten Quartal wieder zurückgezahlt. Gleichwohl prescht nun die Politik ihrerseits vor und beginnt mit dem Ausstieg.

„Nach ersten Erfolgen der von der Lufthansa eingeleiteten zukunftsgerichteten Maßnahmen passt der WSF damit seine Beteiligungshöhe unter Beachtung der Interessen beider Seiten zielgerichtet an“, heißt es beim WSF. Und weiter: „Im Rahmen der bestehenden Stabilisierungsmaßnahmen wird der WSF die Lufthansa weiterhin entsprechend seiner Position als wesentlicher Aktionär begleiten.“

Für das Management rund um Konzernchef Carsten Spohr ist die Ankündigung ein gutes Zeichen – vor allem mit Blick auf die geplante Kapitalerhöhung. Spohr hatte vor einigen Wochen selbstbewusst erklärt, er wolle die Staatshilfe wenn möglich noch vor der Bundestagswahl zurückzahlen. Dazu braucht er aber eine milliardenschwere Kapitalerhöhung.

Kommt die Kapitalerhöhung doch noch vor der Wahl?

Doch die gestaltet sich bisher etwas schwieriger als gedacht. Viele Investoren blicken nach wie vor zurückhaltend auf die Luftfahrt generell und auch auf die Lufthansa. Zwar zeigen wesentliche Kennzahlen der Airline-Gruppe wieder klar in die richtige Richtung.

So verbesserte sich das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im ersten Halbjahr 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 39 Prozent auf minus 2,1 Milliarden Euro. Der Konzern konnte im zweiten Quartal aus dem operativen Geschäft sogar wieder einen positiven Cashflow von 0,8 Milliarden Euro erzielen.

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Doch die Delta-Variante bremst die erhoffte Erholung nach der schweren Krise und sorgt an den Finanzmärkten für Verunsicherung. Deshalb wird die Kapitalerhöhung nun wohl kleiner ausfallen als die zunächst angestrebten drei Milliarden Euro. Im Konzernumfeld ist von bis zu zwei Milliarden Euro die Rede. Die Lufthansa selbst wollte sich dazu nicht äußern.

„Auch das würde aber reichen, um die Staatshilfen zurückzuzahlen“, heißt es in Konzernkreisen. Per Ende Juni verfügte die Gruppe über liquide Mittel von 11,1 Milliarden Euro. Hier sind allerdings noch nicht abgerufene Staatshilfen eingerechnet.

Ob das Projekt Rückzahlung wie von Spohr erhofft noch vor der Bundestagswahl stattfinden kann, ist offen. Das hängt auch von der weiteren Entwicklung in der Luftfahrt ab. Vor allem eine Öffnung der USA für geimpfte EU-Bürger, wie sie die Regierung in Washington derzeit prüft, wäre ein gutes Zeichen an die Investoren. Doch wann eine solche Entscheidung kommt, weiß derzeit keiner.

Auch ohne eine solche Marktöffnung wird in Lufthansa-Kreisen nicht ausgeschlossen, dass es noch vor der Wahl zu einer Kapitalmaßnahme kommen wird. Der nun beginnende Ausstieg des WSF kann dabei helfen. Einerseits ist es ein klares Signal an die Investoren, dass die Politik gewillt ist, die Lufthansa wieder von der Leine zu lassen.

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Andererseits bleibt der Staat aber vorerst weiter beteiligt, was für eine gewisse Sicherheit sorgt. Denn durch den Verkauf von Anteilen verschafft sich der WSF Mittel, um mit diesen gegebenenfalls bei einer Kapitalerhöhung mitzuziehen, also neue Anteile zu zeichnen.

Lukrativ ist der Deal für den Staat und damit den Steuerzahler sowieso. Der WSF ist im vergangenen Jahr im Zuge der Rettung des Konzerns zum Vorzugspreis für 2,56 Euro je Aktie eingestiegen. Am Montagmorgen kostete das Papier 9,15 Euro.

Konzernchef Spohr will die Staatshilfen rasch zurückzahlen

Für das Team um Spohr ist es enorm wichtig, die Staatshilfen möglichst rasch wieder zurückzuzahlen. Die Verzinsung der sogenannten stillen Einlagen steigt mit den Jahren deutlich an – bereits im kommenden Jahr von vier auf fünf Prozent. 2026 wären sogar acht Prozent fällig, danach teilweise 9,5 Prozent. Die Hilfen werden also sehr teuer, je länger die Lufthansa sie in Anspruch nimmt.

Gleichzeitig gewinnt das Konzernmanagement mit dem Ausstieg wieder mehr Handlungsspielraum zurück. Die EU-Auflagen und der WSF-Rahmenvertrag für das Rettungspaket sehen zum Beispiel vor, dass der Konzern keine größeren Übernahmen vornehmen darf. Selbst Dinge wie Dividendenzahlungen etwa an Joint-Venture-Partner sind eingeschränkt, was die tägliche Arbeit erschwert.

Achim Wambach, Präsident des ZEW Mannheim und Mitglied der Monopolkommission, lobte den Ausstieg als ersten wichtigen Schritt. „Die Ankündigung ist ein Signal, dass sich der Staat mittelfristig aus der Beteiligung zurückziehen wird“, sagte er am Montag. Eine Finanzierung über eine akute Notsituation hinaus sei nicht sinnvoll und führe zu Wettbewerbsverzerrungen. „Diesem ersten Schritt sollten daher weitere folgen“, sagte Wambach.

Der Konzernchef will die Staatshilfe möglichst schnell wieder zurückzahlen – am liebsten noch vor der Bundestagswahl. Quelle: dpa
Lufthansa-Chef Carsten Spohr

Der Konzernchef will die Staatshilfe möglichst schnell wieder zurückzahlen – am liebsten noch vor der Bundestagswahl.

(Foto: dpa)

Zu guter Letzt wären nach einer Ablösung der Staatshilfen auch wieder Bonuszahlungen an das Topmanagement und die Führungskräfte möglich. Das würde einen weiteren personellen Aderlass verhindern. Einige Führungskräfte haben der Lufthansa während der Krise bereits den Rücken gekehrt. Auch die Suche nach einem neuen Finanzvorstand zog sich deshalb im vergangenen Jahr länger als erwartet.
Mitarbeit: Julian Olk

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