Lufthansa-Tochter Eurowings Das McDonald‘s der Lüfte

Die Lufthansa wagt mit der Tochterfirma ein Experiment.
Frankfurt Die Billigtochter Eurowings wird für Lufthansa-Chef Carsten Spohr zum Vehikel, um Rivalen unter das Dach des Dax-Konzerns zu locken. „Wir werden mit Eurowings die Konsolidierung in der Branche vorantreiben“, sagte der gelernte Pilot gestern in Frankfurt. Gleich vier Szenarien hat der Vorstandsvorsitzende identifiziert, wie er die vor knapp zwei Jahren gestartete Lowcost-Tochter mit Macht vergrößern will. Nicht nur durch das Chartern („Wet Lease“) von Fremdflugzeugen könnte er die Flotte weiter ausbauen – schon jetzt setzt er Flugzeuge und Crews von Sun Express oder Tuifly ein. Auch Beteiligungen an Wettbewerbern soll es geben. So würde Spohr am liebsten bald schon Brussels Airlines in ein pan-europäisches Eurowings-Netz einbringen.
Überraschend kündigte er gestern zudem an, dass sich neben Lufthansa auch andere Fluglinien an Eurowings beteiligen könnten. „Es ist nicht nötig, dass uns Eurowings zu 100 Prozent gehört“, sagte er. Der verblüffendste Vorschlag aber: Die Marke Eurowings will Spohr auch an selbstständige Franchisenehmer vergeben. Der Billigflieger würde damit zum McDonald‘s der Lüfte. Sprich: Eine andere Airline kann seine Flugzeuge umpinseln und künftig unter der Marke Eurowings fliegen – nach Vorgabe eines Pflichtenheftes, das regelt wie was im laufenden Betrieb auszusehen und abzulaufen hat. Der Franchisenehmer würde aber trotz der Standardvorgaben aus der Eurowings-Zentrale das wirtschaftliche Risiko weiterhin selbst tragen.
Luftfahrtexperten wie Gerald Wissel von der Hamburger Beratungsfirma Airborne sind skeptisch, ob der Plan aufgeht. „Die unter Lufthansas Billigmarke arbeitenden Fluggesellschaften müssten damit rechnen, am Ende ausgequetscht zu werden wie eine Zitrone“, warnt er. Erst recht könnte das für Franchisenehmer gelten, wie er glaubt. Hier wäre nicht nur deren Handlungsfreiheit eingeschränkt, die Partner müssten auch mit hohen Franchisegebühren rechnen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine externe Airline beteiligt, hält er für ebenso gering. „Sie wäre dann auf Gedeih und Verderb von der Dividendenzahlung abhängig.“ Spohr lässt sich von solchen Einwänden nicht abhalten. Auch wenn Kooperationsgespräche mit Easyjet vor einigen Wochen scheiterten, wie es in der Branche heißt, geht die Partnersuche weiter. Selbst eine Zusammenarbeit mit Condor hält er für denkbar. „Unter der Marke Lufthansa waren solche Übernahmen nicht möglich, weil uns hohe Tarifverträge und das Kundenversprechen einer Premium-Airline daran hinderten“, sagt er. Eurowings dagegen eigne sich schon deshalb für eine Konsolidierung, weil die Marke europaweit bei Fluggästen bekannt sei.
Spohrs Planspiele sind Teil des Umbauprogramms „7to1“, zu dessen Namen ihn das spektakuläre WM-Halbfinale gegen Brasiliens Fußball-Elf vor zwei Jahren inspirierte. Gleich sieben Disziplinen wie Wachstumskonzepte, Kundenorientierung oder die Konzernsteuerung will er verbessern, um in Europas Luftfahrt den Spitzenplatz zu behaupten – und zwar bei der Marktposition, der finanziellen Stabilität und der Flotte. Bis 2019 soll das den jährlichen Profit des Dax-Konzerns um 500 Millionen Euro steigern. „Wir sind zuversichtlich, dieses Profitziel zu erreichen“, zog Spohr eine Zwischenbilanz. Nach dem jüngsten EM-Spiel gegen Italien werde er sein Programm keinesfalls in „7to6“ umbenennen, witzelte er. Die Lufthansa sei sogar dabei, das Programm überzuerfüllen.
Die Aktien legten darauf um fast vier Prozent zu, denn auf Umbauprogramme der Kranich-Airline war nicht immer Verlass. Nur einen Monat nach seinem Amtsantritt im Mai 2014 hatte Spohr eingestanden, dass das bis dahin geltende „Score“-Programm nur unzureichend griff. Die 2,6 Milliarden Euro Ertragsverbesserung, die Vorgänger Christoph Franz in Aussicht gestellt hatte, seien nicht zu erreichen.
Nun also „7to1“. „2016 werden wir es erstmals seit vielen Jahren schaffen, unsere Stückkosten zu senken“, kündigte der Lufthansa-Chef jetzt an, „und das sogar bereinigt um die Spritkosten.“ Ursache seien Einschnitte bei der Billigtochter, die 40 Prozent weniger kosten soll als Lufthansa selbst. So müssen immer weniger Flugkapitäne nach dem teuren Haustarifvertrag der Lufthansa beschäftigt werden. „In diesem Jahr werden erstmals weniger als die Hälfte unserer Piloten nach diesem Vertrag bezahlt“, berichtete Spohr. Wohin die Gelder im Konzern fließen, verwundert deshalb nicht: So wachsen die Sitzplatzkapazitäten von Eurowings im Geschäftsjahr um 20 Prozent, die der „Premium“-Flieger um die Marke Lufthansa dagegen nur um 2,5.
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