Marcus Diekmann Chef von Rose Bikes soll die Eigenmarken von Peek & Cloppenburg bekannter machen

Der Chef von Rose Bikes wird zusätzlich Geschäftsführer einer Tochter des Düsseldorfer Modehändlers P&C.
Düsseldorf In seinen geschäftlichen Prinzipien ist Marcus Diekmann zuweilen recht extrem. „Ich glaube an das Prinzip des Teilzeit-CEO“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter des Fahrradhändlers Rose Bikes. Ein Vollzeit-CEO mische sich zu stark ins Alltagsgeschäft ein und gebe seinem Team zu wenig Freiraum. Deshalb hat der Unternehmer auch immer mindestens einen zweiten Job in einem anderen Unternehmen parallel.
Am 10. Januar übernimmt der Rose-Bikes-Chef einen besonders heiklen Nebenjob. Er wird Geschäftsführer der International Brands Company KG (IBC), einer Tochter der Düsseldorfer Peek & Cloppenburg Unternehmensgruppe. Seine Mission: Er soll die umsatzstarken, aber weitgehend unbekannten Eigenmarken des traditionellen Modehändlers aufpolieren.
Er soll IBC zusammen mit dem bisherigen Geschäftsführer Konstantin Kirchfeld leiten, der weiter die Bereiche Einkauf und Produktion verantworten wird. „Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit“, sagt Kirchfeld. Diekmann bringe wichtige Stärken im Vertrieb, Marketing und Digitalbusiness mit. Darüber hinaus soll er für den Ausbau des Managements verantwortlich sein.
Patrick Cloppenburg persönlich, Chef und Mitgesellschafter des Familienunternehmens, hat Diekmann nach Düsseldorf gelockt. Der 39-Jährige setzt offenbar große Hoffnungen in den hemdsärmeligen Digitalexperten. Doch bei dem ambitionierten Projekt prallen sehr unterschiedliche Welten aufeinander.
„Ich bin kein Experte für Fashion“, sagt Diekmann mit entwaffnender Ehrlichkeit. „Aber ich kenne mich aus mit Marken.“ Es gebe in der Modeindustrie so viele tolle kleine, mittlere und große Marken, aber auch austauschbare Marken, da sei noch viel Potenzial. „Uns ist klar: Marken brauchen einen eigenen Charakter, nur schöne Fotos zu machen wird für uns nicht reichen“, betont er.
Vertrieb auch über Amazon und soziale Netzwerke
Auch bei den Eigenmarken, die IBC betreut, sieht er da offenbar noch viel Potenzial. „Auch die Eigenmarken von P&C sind ein wichtiges Segment, sie haben gute Produkte, werden aber vom Kunden kaum als Marke wahrgenommen“, beobachtet Diekmann. Bisher seien sie häufig die unauffällige Alternative zu den Herstellermarken.
Jedoch mit enormer Bedeutung. Zahlen nennt das Düsseldorfer Familienunternehmen mit knapp 140 Häusern in Deutschland, Österreich und Osteuropa nicht. Doch Veröffentlichungen im Bundesanzeiger zufolge lag der Umsatz in Deutschland vor den Einbrüchen infolge der Coronakrise bei knapp 1,4 Milliarden Euro. Insidern zufolge dürften davon 25 bis 30 Prozent aus dem Verkauf von Eigenmarken stammen. Und das, ohne für diese Marken explizit Werbung zu machen.

140 Filialen hat der Modehändler in Deutschland, Österreich und Osteuropa.
Das soll sich künftig ändern. „Aus den Eigenmarken sollen echte Marken werden, die auch über digitale Kanäle direkt an den Kunden verkauft werden“, kündigt Diekmann an. Die Marken müssten eigenständig funktionieren. Zugleich sollen sie durch eine steigende Bekanntheit wieder mehr Kunden in die Geschäfte locken.
Die IBC soll sich dabei zunächst auf zwei, drei Marken fokussieren. „Insbesondere Jake*s und Review haben ein Mega-Potenzial“, erklärt Diekmann. „Aber ich könnte mir vorstellen, auch Geschäft unter einer neuen Marke zu bündeln.“ Ausgebaut werden soll insbesondere der digitale Vertrieb auch über Plattformen wie Amazon. Als Absatzkanal würden Messenger-Dienste und soziale Netzwerke dabei in Zukunft sogar noch wichtiger als der eigene Onlineshop.
Es ist nicht der erste Versuch von P&C, mehr aus den Eigenmarken zu machen. So hatte das Unternehmen vor einigen Jahren probiert, die Marke McNeal außerhalb der eigenen Filialen zu vermarkten und sogar eigene McNeal-Filialen eröffnet, den Versuch aber 2016 wieder eingestellt. Zwei Jahre zuvor hatte das Unternehmen versucht, die Marke Review mit einer großen Werbekampagne bekannter zu machen – auch das ohne großen Erfolg.
Offene Führungskultur mit viel Eigenverantwortung
Diekmann will das jetzt grundsätzlicher anpacken. „Man kann auch mit Basic-Artikeln Lifestyle werden“, ist er überzeugt. Er wolle die breite Masse ansprechen, mit Topqualität zu Toppreisen. „Egal wie die Positionierung ist, sie muss klar sein, mutig, und sie muss mit Vollgas durchgezogen werden.“
Und genau so müsse die Kultur sein. „Wir wollen echte Konsumentenmarken aufbauen, und dafür brauchen wir auch eine ganz eigene Kultur im Team“, sagt er.
Wie eine solche Kultur unter Diekmann aussehen dürfte, zeigt sein bisheriger Lebenslauf. Der 42-Jährige entstammt der Start-up-Welt. 2010 gründete er die E-Commerce-Agentur Shopmacher, später war er Mitgründer der Onlineagentur Kommerz. Danach leitete er erst die digitale Transformation bei Matratzen Concord und war dann Digitalchef beim holländischen Fahrradhersteller Accell. Anfang 2019 ging er zum Fahrradhändler Rose Bikes, wo er heute CEO und Mitgesellschafter ist.
Daneben ist er auch an Start-ups beteiligt, beispielsweise zusammen mit Nationaltorhüter Manuel Neuer an dem Softwareunternehmen VoteBase. Außerdem berät er Unternehmen bei der digitalen Transformation.
Diekmann, der praktisch jeden ungefragt duzt, lebt bei Rose Bikes eine offene Führungskultur mit viel Eigenverantwortung der Mitarbeiter. „Wir haben es bei Rose geschafft, wie ein Start-up zu agieren, obwohl wir ein traditionelles Unternehmen sind“, sagt er.
Start-up-Spirit für den Traditionshändler
Und von diesem Geist will er möglichst viel auch in seine neue Tätigkeit bei IBC einbringen, für die er sich zwei Tage in der Woche reserviert hat. „Auf den familiären Start-up-Spirit kann sich auch mein neues Team verlassen“, verspricht er.
Vielen Managern in der traditionellen Welt von P&C dürfte dieser Paradiesvogel ohne Erfahrung im klassischen Textilhandel erst einmal etwas suspekt sein. Dort wird noch stark in Hierarchien und Karrieren gedacht, das „Sie“ ist eher Standard im täglichen Umgang.
Außerdem steht bei der IBC-Mutter nach den Umsatzverlusten der vergangenen Jahre eher Kostendenken im Vordergrund als kreativer Aufbruch. Das sieht man auch an den Topmanagern, die Konzernchef Cloppenburg in jüngster Zeit für wichtige Posten geholt hat.
So ist seit Anfang des Jahres Stephan Fanderl im Vorstand, der vorher Chef bei Galeria Karstadt Kaufhof war. Der Handelsmanager klassischer Prägung war dort eher als Sanierer tätig und musste die Fusion von Karstadt und Kaufhof durchziehen – inklusive Einsparungen und Personalabbau.
Den strategischen Einkauf von P&C verantwortet seit vergangenem Jahr Edgar Hert. Der ehrgeizige Manager war zuvor bei Daimler und soll die Verhandlungen mit Lieferanten bei dem Modehändler nun deutlich härter führen als zuvor, wie aus der Branche zu hören ist.
Da ist es dann wahrscheinlich gut, dass Neuzugang Diekmann in der Tochter IBC seinen eigenen abgegrenzten Bereich hat. „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein meinungsstarker Kopf bin und mich nur den gemeinsamen Zielen, aber nicht Titeln oder Hierarchien unterordne“, betont er. „So entsteht mein Freiraum für Kreativität und Innovation.“
Mehr: Peek & Cloppenburg übernimmt dänische Kaufhauskette Magasin du Nord
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.