Martin Seiler Warum der Druck auf den Personalchef der Deutschen Bahn immer weiter wächst

Der erfahrene Tarifexperte steht im aktuellen Konflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL vor einer schwierigen Aufgabe.
Frankfurt Bisher gab es bei der Bahn im laufenden Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL lediglich die Bereitschaft, über konkrete Zahlen zu reden. Jetzt hat der Staatskonzern dies mit konkreten Zahlen untermauert und damit die Möglichkeit geschaffen, dass die beiden Kontrahenten an den Verhandlungstisch zurückkehren. Schließlich liegen die Positionen gar nicht mehr so weit auseinander.
Das findet auch Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn. „Ein Tarifvertrag wird in Verhandlungen erzielt und lässt sich nicht diktieren“, sagt er und fordert: „Wenn die GDL wirklich eine Lösung will, dann muss sie endlich an den Tisch kommen.“ Doch Seiler weiß auch: So einfach ist es nicht.
Zugleich wächst mit einer dritten Streikwelle der Druck auf den Manager. Ob von den Linken oder den Grünen – immer stärker forderten Politiker vom Bahn-Eigentümer Bund zuletzt, sich in den Tarifkonflikt einzuschalten. Das würde es für Seiler aber wohl noch schwieriger machen, den Konflikt zu lösen.
Der Manager, Jahrgang 1964, ist viel zu erfahren in Sachen Tarifpolitik, um das nicht zu wissen. Er startete seine Karriere als „Azubi“ bei der Deutschen Post. 1990 verschlug es ihn auf die „andere Seite“, er ging zur Postgewerkschaft nach Frankfurt. Als die in Verdi aufging, wurde Seiler dort Bundesfachgruppenleiter.
2003 kehrte er zurück auf die Unternehmensseite – ins Management der Deutschen Post. Er war dort Geschäftsführer für das Personalwesen. In gleicher Rolle wechselte er 2010 zur Deutschen Telekom, wo er schließlich zum Arbeitsdirektor ernannt wurde. Seit Januar 2018 ist er Vorstand Personal und Recht bei der Deutschen Bahn.
Martin Seiler kennt sich in Tarifpolitik aus
Die Stationen zeigen: Seiler kennt sich mit Personalthemen bestens aus. Und er weiß, wie Unternehmen in der Hand des Staates oder mit einer staatlichen Beteiligung „ticken“. Er kennt die politische Dimension des Tarifkonflikts. In wenigen Wochen ist Bundestagswahl. Die wird schon von diversen Krisen bestimmt, noch eine große Krise bei einem Staatskonzern käme sehr ungelegen.
Deutsche Bahn legt Lokführergewerkschaft neues Angebot vor
Nun versucht Seiler also, die GDL mit einer konkreten Corona-Prämie und einer kürzeren Laufzeit des Tarifvertrags schnell wieder an den Verhandlungstisch zu locken. Seiler, ein konzilianter Managertyp, der vielleicht manchmal etwas hölzern wirkt, aber zuhören kann und am Dialog interessiert ist, wäre genau der Richtige dafür, eine solche Lösung hinzubekommen.
Geht die GDL auf das Angebot ein, wäre das wohl zum Vorteil aller Bahnfahrenden. Allerdings birgt das neue Angebot ein großes Dilemma. Denn ein zwischen Bahn und GDL ausgehandelter Kompromiss würde mit der größeren und rivalisierenden Gewerkschaft EVG nachverhandelt und dann auch in deren Tarifvertrag übernommen werden.
Doch was wäre das für ein Szenario? Die EVG übernimmt einen Tarifvertrag, den die kleinere GDL mit einer für Tarifauseinandersetzungen bisher unbekannten Aggressivität erkämpft hat? Ein GDL-Chef Claus Weselsky, der sich und seine Gewerkschaft dann als die einzig wahren Arbeitnehmervertreter im Staatskonzern feiern könnte und stark an Macht gewinnt? Gegen eine solche Vorstellung wirken sogar alle Lohnsteigerungen und Corona-Prämien harmlos.
Der DB-Personalchef fürchtet eine Spaltung der Belegschaft
Das beschreibt die Not des Personalchefs der Deutschen Bahn. Die in den zurückliegenden Wochen täglich größer wurde. Denn Seiler hat noch ein weiteres Problem. Je länger der Konflikt mit der GDL dauert, desto größer wird der Riss durch die Bahn-Belegschaft. Sein Kontrahent Weselsky lässt keine Gelegenheit aus, das schon brennende Feuer anzufachen. Immer häufiger geraten GDL- und EVG-Mitglieder aneinander.
EVG-Chef Klaus-Dieter Hommel spricht sogar von tätlichen Angriffen gegenüber seinen Mitgliedern. „Wie Herr Weselsky in dieser Situation agiert und vor allem wie er redet, ist absolutes Gift für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Eisenbahnerfamilie“, sagte Bahn-Chef Richard Lutz vor wenigen Tagen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Antwort des GDL-Chefs folgte am Mittwoch: Die Eisenbahnerfamilie gebe es schon lange nicht mehr, sagte Weselsky dem Sender Phoenix. „Und zwar seitdem wir von Verwaltungs- und Führungskräften überschwemmt werden und Menschen, die von Eisenbahn keine Ahnung haben.“ Solche persönlichen Angriffe gegen das Management gehen auch an Seiler nicht spurlos vorüber.
Der findet deutliche Worte: „Hören Sie auf, die Belegschaft zu spalten.“ Seiler will eine moderne Arbeitsatmosphäre beim Staatskonzern. Der braucht in den nächsten Jahren jede Menge Nachwuchs. Eine jahrelange Spaltung der Belegschaft wäre kontraproduktiv. Vielleicht kann er sie ja mit dem neuen Tarifangebot noch abwenden.
Mehr: GDL beklagt Blockadehaltung der Bahn-Manager und kündigt siebentägigen Streik an
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Dafür wird Herr Seiler auch fürstlich bezahlt.
Ansonsten kann er ja H. Scheuer um Rat bitten. -Augenzwinkern -