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Metro und der Insiderverdacht Was wusste Jürgen Steinemann?

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt gegen Metros Aufsichtsratschef Steinemann, weil dieser in Insidergeschäfte verwickelt sein könnte. Er bestreitet den Vorwurf, den auch ein Aktionärsaktivist erhebt.
05.11.2017 - 21:37 Uhr Kommentieren
Bei Metro-Aufsichtsratschef Jürgen Steinemann sieht die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht von Insiderhandel. Quelle: picture alliance/dpa
Im Visier der Staatsanwälte

Bei Metro-Aufsichtsratschef Jürgen Steinemann sieht die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht von Insiderhandel.

(Foto: picture alliance/dpa)

Düsseldorf Es war mehr Drohung als Abschied. „Wir treffen uns wieder“, sagte Karl-Walter Freitag noch zum Metro-Aufsichtsratschef Jürgen Steinemann, bevor der seine Drohung wahr machte und den Kleinaktionär einfach rauswarf. Es war Montag, der 6. Februar 2017, und die Hauptversammlung des Düsseldorfer Handelskonzerns hatte schon viele Stunden getobt. Krönung war ein bitteres Wortgefecht.

Freitag: „Lassen Sie mich bitte den einen Satz noch sagen.“

Steinemann: „Ich lasse Sie den Satz nicht mehr reden.“

Freitag: „Ich wollte …“

Steinemann: „Herr Freitag, ich ermahne Sie jetzt zum zweiten Mal, und wenn Sie jetzt nicht gehen, dann verweise ich Sie des Saales. Überlegen Sie, was Sie wollen, bitte. Wollen Sie es hier miterleben, oder wollen Sie es von draußen erleben?“
Freitag: „Dann können wir es bei der Bafin machen. Dann wollen wir mal sehen.“

Karl-Walter Freitag ist nicht irgendein Kleinaktionär. Der „Vorstandsschreck“ mischte schon manche Hauptversammlung auf. Seine gepfefferten Vorträge vor den versammelten Aktionären sind gefürchtet, am Ende feuert Freitag seitenlange Fragenkataloge ab, die das Backoffice stundenlang beschäftigen. Unterläuft ein Fehler, hat Freitag Material für seine nächste Anfechtungsklage. Darin ist der Mann seit Jahren geübt.

Auf der Hauptversammlung der Metro aber behielt Steinemann die Oberhand. Der Aufsichtsratschef hatte schon das Sicherheitspersonal im Congress Center Düsseldorf angesprochen, damit es Freitag „hinausbegleite“. Handgreiflichkeiten gab es aber nicht, der hartnäckige Metro-Aktionär ging von selbst. Stattdessen hat Steinemann nun einen anderen Gegner an den Fersen: die Staatsanwaltschaft.

Am vergangenen Freitag kreuzten Düsseldorfer Beamte in der Zentrale der Metro AG auf. Verdacht auf Insiderhandel und Kursmanipulation lautete der Vorwurf. Im Zentrum der Ermittlungen steht Aufsichtsratschef Steinemann. Er kaufte mit erstaunlich gutem Timing.

Konkret am 22. Februar 2016. Drei Tage nach seiner Wahl zum Aufsichtsratschef gab der ehemalige Vorstandschef des Schweizer Kakao-Konzerns Barry Callebaut mehr als eine Million Euro für Metro-Aktien aus. Vier Tage später legte Metro-Vorstand Pieter Boone nach und kaufte für 50 000 Euro Aktien des Unternehmens. Sechs Wochen lang sahen die Investments für Außenstehende nicht besonders vielversprechend aus. Doch Ende März änderte sich das Bild. Das Unternehmen gab bekannt, dass eine Aufspaltung des Konzerns in die Großhandelsaktivitäten und das Elektronikgeschäft um Media Markt beabsichtigt sei. Prompt zog der Kurs um deutlich über zehn Prozent an. Steinemanns Aktienpaket war mit einem Schlag 170 000 Euro schwerer. Dem nach eigenen Angaben langjährigen Metro-Kleinaktionär Freitag kam das seltsam vor. Die Metro-Aktie war immer noch genauso wenig wert wie bei der Erstnotiz im Jahr 1996, während der Vergleichsindex MDax zeitgleich 700 Prozent Plus verzeichnete. „Wertsteigerung null“, bemerkt Freitag. „Nur dem Aufsichtsratsvorsitzenden ist es gelungen, in sechs Wochen zwölf Prozent rauszuschlagen.“

Auf der Hauptversammlung bohrte Freitag deshalb nach. Seit wann genau wusste Steinemann von den Aufspaltungsplänen der Metro, die zu dem Kurssprung führten? Die Antworten beim Aktionärstreffen stellten ihn nicht zufrieden. „Im Zuge der Vorprüfungen waren einzelne Aufsichtsratsmitglieder im Februar/März jeweils durch Mitglieder des Vorstands bei entsprechendem Fortschritt in die Überlegungen einbezogen worden“, erklärte Steinemann.

„Genauer wurde er nicht“, sagt Freitag. Die Frage, wer zu den unterrichteten Aufsichtsratsmitgliedern gehörte, sei nicht beantwortet worden. Dabei liege es nahe, dass der Aufsichtsratsvorsitzende zu den Personen gehörte, die vom Vorstand zuerst über einen derart tiefgreifenden Konzernumbau unterrichtet wurden. Freitag: „Wer denn bitte sonst? Der Aufsichtsratsvorsitzende ist doch das personifizierte Insiderwissen!“

Steinemann sieht das anders, und so lautete auch seine Antwort auf der Hauptversammlung. Zum Zeitpunkt seiner Aktienkäufe habe es „keine Insiderinformationen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes bzw. der Marktmissbrauchsverordnung“ gegeben. Sein Millioneninvestment sei lediglich als „sichtbares Zeichen“ dafür gedacht gewesen, dass Steinemann an den Erfolg der Metro glaube. Eine rechtliche Beratung für das Geschäft habe er als nicht erforderlich betrachtet und daher nicht eingeholt.

Viel spricht dafür, dass Steinemann dies nun nachholen muss. Nicht Karl-Walter Freitag hat eine Anzeige gegen ihn erstattet, sondern die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Wodurch die Behörde auf den Fall aufmerksam wurde, wollte eine Sprecherin nicht sagen. Die Staatsanwaltschaft schwieg, sie will am Montag eine Erklärung zu dem Fall abgeben. Die Metro AG wiederholte, was Steinemann schon auf der Hauptversammlung sagte. „Zu dem Zeitpunkt, zu dem Herr Steinemann und ein Vorstandsmitglied Aktien erworben haben, lag keine Insiderinformation vor.“ Auch habe der Konzern nicht gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen. „Die Metro AG hat die Nachricht von der beabsichtigten Aufspaltung des Unternehmens am 30. März 2016 pünktlich und unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften kommuniziert und ist dabei allen entsprechenden Pflichten nachgekommen“, sagte ein Konzernsprecher. Er erklärte am Freitag, Steinemann werde daher unverändert im Amt bleiben.

Trotzdem kooperiere die Metro AG „in vollem Umfang“ mit den Ermittlungsbehörden.

Es wird nicht die einzige Behörde bleiben, mit der sich der Konzern in der nächsten Zeit auseinandersetzen muss. Schon im März 2017 reichte Karl-Walter Freitag eine Beschlussanfechtungsklage bei der Kammer für Handelssachen am Landgericht Düsseldorf ein. Sie richtet sich unter anderem gegen die Entlastung Steinemanns und gegen die Entlastung der Vorstände. „Strafanzeigen sind nicht meine Sache“, sagt Freitag. „Aber der Eiertanz um meine Fragen kam in der Hauptversammlung einer Selbstanzeige der Metro sehr nahe.“

Die jüngste Entwicklung bei der Metro sieht der Aktionär mit Genugtuung. „Ich war noch am Donnerstag beim Landgericht, um einen Schriftsatz zur Metro einzureichen“, sagt Freitag. Zwölf Stunden später war die Staatsanwaltschaft im Haus. Das sei zwar nicht sein Verdienst. „Ich würde es aber begrüßen, wenn bei der nächsten Hauptversammlung der Metro nicht ich vor die Tür gesetzt werde, sondern Herr Steinemann.“

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