Michael Otto im Interview: „Wir müssen schneller werden“
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Michael Otto im Interview„Wir müssen schneller werden“
Michael Otto setzt beim Führungswechsel seines Konzerns auf das Digitalgeschäft. Im Interview spricht der oberste Aufseher der Otto Group über das, was der neue Chef zu tun hat, und was Rivale Amazon perfekt macht.
„Ein Jahrzehnt macht viel aus, wenn es um Fragen der Digitalisierung geht.“
(Foto: Johannes Arlt für Handelsblatt)
HamburgDie Hamburger Otto Group ist zwar ein milliardenschwerer Konzern – aber zugleich immer noch ein Familienunternehmen, das von Michael Otto an der Spitze des Aufsichtsrats so freundlich wie aktiv mit dirigiert wird. Wenn es in diesem traditionsreichen Imperium mal einen Wechsel im Top-Management gibt, will der Patriarch das lieber gleich selbst erklären. Immerhin geht es um die Zukunft der gesamten Gruppe – und die findet online statt, da ist der 73-Jährige sich sicher.
Herr Otto, zum Jahreswechsel soll Alexander Birken als Vorstandschef Ihres Milliardenkonzerns Hans-Otto Schrader ablösen. Ist das Ihre Quittung für tiefrote Zahlen im vorletzten Geschäftsjahr? Im Gegenteil. Im vergangenen Jahr ist Herrn Schrader in vielen Bereichen der Turnaround gelungen, so dass er sich beruhigt verabschieden will und kann. Für die Zukunft ist eine gute Basis gelegt.
Dann könnte er ja eigentlich bleiben. Sein Abschied war ja keine spontane Idee. Herr Schrader und ich waren schon länger im Gespräch, auch über eine eventuelle Fortführung seines Vertrags. Es war dann sein eigener Wunsch, zum Ende des Jahres aus dem Unternehmen auszuscheiden. Er ist seit 39 Jahren bei der Otto Group, davon neun Jahre als Vorstandschef. In dieser Zeit hat er die Kerngeschäfte digitalisiert, das Portfolio neu ausgerichtet, die IT modernisiert und einen Kulturwandel angestoßen. Ich bin ihm wirklich zutiefst dankbar.
Welche Aufgaben sind für den neuen Chef Birken am dringlichsten? Ganz klar die Digitalisierung. Die Transformation ist bei großen Unternehmen der Gruppe wie Otto und Bonprix schon hervorragend gelungen. Etliche mittelgroße Firmen wie Manufactum oder Heine haben zwar ein exzellentes Profil, aber durchaus noch Nachholbedarf in Sachen E-Commerce. Im gesamten Konzern müssen wir den Kulturwandel vorantreiben – und noch schneller werden.
Was zeichnet Ihren künftigen Vorstandschef dafür besonders aus? Herr Birken bringt eine breite Kenntnis des Konzerns mit und ist bereits heute für rund die Hälfte unseres Umsatzes verantwortlich: für Otto, Bonprix, Baur, Schwab, Witt und die Otto Group Russia. Vor allem aber: Er ist stark in der digitalen Transformation engagiert. Das bedeutet auch einen gewissen Generationswechsel…
…wobei Herr Schrader auch nur neun Jahre älter ist. Ein Jahrzehnt macht viel aus, wenn es um Fragen der Digitalisierung geht. Wandel muss heute permanent stattfinden. Und da wird Herr Birken fortführen, was sein Vorgänger begann.
Wie haben Sie Ihre eigene Rolle für die nächsten Jahre definiert? Ich bleibe Gesellschafterrats- und Aufsichtsratschef. Mein Sohn Benjamin begleitet das Thema Digitalisierung aktiv…
… als sogenannter „gestaltender Gesellschafter“. Was ist das denn? Er arbeitet aktiv an der Gesamtstrategie mit und bringt schon aufgrund seiner eigenen Erfahrungen mit Start-ups und unserem Projekt Collins mit dem jungen Onlineshop About You viel Expertise ein…
Vita Michael Otto
Michael Otto ist der Sohn des Versandhaus-Gründers Werner Otto. Der heute 73-Jährige war von 1981 bis 2007 Vorstandschef der Gruppe, seitdem ist er Aufsichtsratsvorsitzender und der Manager Hans-Otto Schrader operativer Vorstandschef. Otto setzt sich zudem über Stiftungen für Umweltschutz und den nachhaltigen Baumwollanbau in Afrika ein. Seinen Mehrheitsanteil an der Gruppe hat er vor zwei Jahren in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht, die das Unternehmen sichern soll. Otto hat zwei Kinder: Janina und Benjamin. Benjamin Otto hat unter anderem den jungen Online-Modehändler About You, ein Teil des Otto-Startup-Projekt Collins, mitaufgebaut.
Die Hamburger Otto-Gruppe ist nach dem Zweiten Weltkrieg als Versandhändler entstanden und seitdem stetig gewachsen. Im Geschäftsjahr 2014/15 ist die Gruppe erstmals tief in die roten Zahlen gerutscht. Ein Minus von 196 Millionen Euro stand unter dem Strich bei einem Umsatz von gut zwölf Milliarden Euro. Gründe waren die Krise in Russland, wo Otto einer der stärksten eCommerce-Anbieter ist, Probleme bei einer französischen Online-Tochter sowie eine schwierige IT-Umstellung bei Sport Scheck. Das wirft ein Schlaglicht auf die verzweigte Gruppe: Neben Otto.de umfasst sie etwa den Billigmodehändler Bonprix, den Edel-Händler Manufactum, die Hanseatic-Bank, den Hermes-Versand und IT-Firmen wie den Analyse-Software-Anbieter BlueYonder. Die Gruppe ist zudem an den Start-up-Fonds e-Ventures und Project A beteiligt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wuchs der Umsatz um gut vier Prozent auf über 12,5 Milliarden Euro.
… wird aber nie Vorstandschef werden? So will er es. Aber über den Aufsichtsrat kann er das Unternehmen ja ebenso kontrollieren – so wie ich das heute mache. Das entspricht seinen Talenten am besten.
Wie verhindern Sie im eigenen Haus ähnliche Kräche, wie sie andere Familienunternehmen schon durchgeschüttelt haben – von Oetker bis Aldi? Indem ich mir frühzeitig ein Bild machte, wer in der Familie welche Ambitionen und Stärken hat. Zudem habe ich meine Mehrheitsanteile ja in eine Stiftung gegeben, damit sich Generationen später nicht unzählige Nachkommen über den Kurs der Unternehmensgruppe streiten, zu dem viele vielleicht gar keine Beziehung mehr haben.
Otto wird also auf längere Sicht ein fremd-gemanagter Familienkonzern bleiben. So sieht das aus, ja.
Wird die Otto-Zukunft online entschieden? Auf jeden Fall. Und nicht nur die der Otto Group. Wobei ich fest an eine Multichannel-Strategie im Einzelhandel glaube. Bei Sport-Scheck haben wir nach großen Anfangsproblemen jetzt ein gut vernetztes System zwischen Stationärgeschäft und Onlinehandel: Ein Kunde sucht sich online eine Daunenjacke und findet die nächste Filiale, wo das Stück sofort reserviert wird, damit er die Jacke heute noch anprobieren kann. In anderer Farbe kann sie ihm am gleichen Tag noch geschickt werden.
Der stationäre Handel behält also eine Chance? Unbedingt. Wir sehen das bei MyToys. Die ursprüngliche Online-Marke profitiert von den neu eröffneten Stores und umgekehrt.
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