Mikromobilität E-Scooter für einen Euro pro Tag: Voi erhöht den Preisdruck

Der schwedische E-Scooter-Anbieter erhöht mit Jahrespässen den Konkurrenzdruck.
Düsseldorf Der schwedische E-Scooter-Anbieter Voi erhöht mit einem neuen Preismodell den Druck auf die Konkurrenz im europäischen Markt für Mikromobilität. Das Start-up bietet seit diesem Montag Quartals-, Halbjahres- und Jahrespässe an, bei denen die Nutzung eines E-Scooters auf den Tag umgerechnet nur einen Euro kosten soll. Bislang fallen je nach Anbieter drei bis fünf Euro pro Nutzung an.
Seit rund zwei Jahren prägen E-Scooter das Stadtbild aller deutschen Metropolen. In dieser Zeit haben die vier großen Anbieter Voi, Tier, Lime und Bird mit immer mehr E-Scootern zahlreiche neue Städte erschlossen.
Laut der Strategieberatung McKinsey stehen in Europa mehr als 500.000 E-Scooter zum Verleih zur Verfügung, davon etwa ein Viertel allein in Deutschland. Der E-Scooter-Markt ist stark vom Konkurrenzkampf der großen vier Anbieter geprägt und befindet sich mitten in einer Konsolidierung. Die Corona-Pandemie hat diese Auslese beschleunigt.
Mit Hive, der E-Scooter-Marke von BMW und Daimler, ist ein Anbieter bereits aus dem deutschen Markt ausgestiegen. Tier und Voi haben zuletzt Hunderte Millionen Euro bei Investoren eingesammelt, US-Konkurrent Bird plant, 125 Millionen Euro in den Ausbau seines europäischen Angebots zu investieren.
Jetzt beginnt die nächste Phase der Marktentwicklung. Die ersten Anbieter erhöhen den Konkurrenzdruck, indem sie die Preise senken.
„Wir verstehen unser Ein-Euro-Modell nicht als Kampfansage“, beteuert Voi-Deutschlandchef Claus Unterkircher gegenüber dem Handelsblatt. Es gehe vielmehr darum, noch mehr Menschen von der Nutzung eines E-Scooters anstelle des eigenen Autos zu überzeugen. „Und da können Monats- oder Jahrespässe hilfreich sein“, glaubt Unterkircher.
Noch ist das Ein-Euro-Modell ein Experiment. Ob sich das Preismodell selbst trägt, wird sich zeigen müssen. Unterkircher ist jedoch optimistisch, da Voi mit dem bereits erhältlichen Monatspass gute Erfahrungen gesammelt habe.
E-Scooter-Markt: Erfolgsfaktor Betriebskosten
Aus Sicht des Mobilitätsexperten Kersten Heineke von der Strategieberatung McKinsey helfen solche Preismodelle, um die Kundenloyalität zu erhöhen. Denn bislang ist das Angebot der jeweiligen Anbieter austauschbar.
„Auf dem E-Scooter-Markt findet ein subtiler Preiskampf statt“, sagt Heineke. Die Anbieter versuchten, sich mit leichten Anpassungen des Preismodells, zum Beispiel mit Monatspässen, gegenüber den Konkurrenten abzuheben. „Auf diese Weise wollen sie den Nutzungsgrad und die Kundenbindung erhöhen“, sagt der Experte.
Anbieter, die ihre Kunden mithilfe von Jahrespässen stärker und länger an die eigenen E-Scooter binden, können die Auslastung erhöhen und so die Kosten noch weiter senken. Die Senkung der Betriebskosten sei ein wesentlicher Faktor, um auf dem E-Scooter-Markt bestehen zu können, erklärt Heineke.
„Wir konnten im Vergleich zur Anfangszeit, als wir die ersten E-Scooter angeboten hatten, unsere Kosten mehr als halbieren“, sagt Unterkircher. Ausschlaggebend dafür sind stabilere E-Scooter-Modelle sowie austauschbare und länger haltbare Batterien. Anbieter wie Voi oder Tier erzielten daher im vergangenen Jahr auf Monatsbasis erstmals Gewinne.
Voi beispielsweise schrieb zwischen Juni und Oktober schwarze Zahlen. Unterkircher rechnet damit, dass das schwedische Start-up ab 2022 auch auf Jahressicht profitabel sein wird.
Tier, Lime und Bird dürften bald mit ähnlichen Preismodellen folgen
Die Jahrespässe dürften dabei eine große Rolle spielen. Denn bislang ist das E-Scooter-Geschäft stark saisonal geprägt.
Im Winter erschweren die Witterungsbedingungen die E-Scooter-Nutzung. Alle Anbieter leiden daher in den kalten Monaten unter niedrigeren Einnahmen. Jahrespässe könnten diese Einnahmeschwankungen ausgleichen.
Mobilitätsexperte Heineke geht daher davon aus, dass Tier, Lime und Bird mit ähnlichen Preismodellen folgen. „Wir rechnen damit, dass andere Anbieter bald nachziehen und Ein-Euro-Modelle oder Monats- beziehungsweise Jahrespässe anbieten werden“, sagt der Experte. Denn grundsätzlich sei diese „Flatrate-Logik“ der nächste sinnvolle Schritt in der Konsolidierung des Markts.
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