Modeplattform Fünf Gründe, warum die Wachstumsstory bei Zalando weitergehen dürfte

Der Händler versteht sich mittlerweile als Modeplattform.
Düsseldorf Die Online-Modeplattform Zalando hat die Anleger überrascht und erneut die Prognose angehoben: Für dieses Jahr plant Zalando mit einem Umsatzplus zwischen 24 und 29 Prozent auf 9,9 bis 10,3 Milliarden Euro – und will damit stärker wachsen als im Coronajahr 2020. Im abgelaufenen Geschäftsjahr war der Umsatz um 23 Prozent auf acht Milliarden gestiegen.
Am Dienstagmorgen legte Zalando konkrete Zahlen vor: Bis 2025 soll das Bruttowarenvolumen auf 30 Milliarden Euro steigen. Aktuell sind es mehr als zehn Milliarden Euro. Die Zahl der Neukunden, die Zahl der Käufe und die durchschnittlichen Preise pro Einkauf konnte Zalando steigern.
Das dürfte die Anleger zufriedenstellen, die bis zuletzt bezweifelt hatten, dass Zalando auch ohne Pandemie ein derart starkes Wachstum hinlegen kann wie zuletzt. Die Zalando-Aktie legte im frühen Handel deutlich auf 90,14 Euro zu.
Am Montagabend hatte das Unternehmen bereits bekanntgegeben, dass sich das bereinigte Betriebsergebnis von 225 Millionen auf 420,8 Millionen Euro fast verdoppelt hat. Außerordentliche Skaleneffekte und geringere Retourenkosten seien dabei ausschlaggebend gewesen. Auch für 2021 erwartet das Unternehmen ein bereinigtes Betriebsergebnis in der Größenordnung von 350 bis 425 Millionen Euro. Der Nettogewinn stieg von knapp 100 auf 226 Millionen Euro.
Zum ersten Mal hat Zalando auch einen Fortschrittsbericht für Nachhaltigkeit vorgelegt. Die Pläne sind ambitioniert und zwingen Partner zum Mitmachen. Darüber hinaus gab das Unternehmen bekannt, dass künftig Astrid Arndt als Chief People Officer und Jim Freeman als Chief Business and Product Officer zum Vorstand gehören werden.
Zur Hauptversammlung wird Co-CEO Rubin Ritter seinen Posten wie angekündigt abgeben. Aus der Dreier-Spitze wird so eine Zweier-Spitze mit David Schneider und Robert Gentz als Co-CEOs. Für den Erfolg von Zalando sei nicht nur der wachsende Onlinehandel in der Pandemie verantwortlich, betont Ritter.
Das Handelsblatt nennt fünf Gründe, warum die Wachstumsstory bei Zalando auch 2021 weitergehen dürfte.
1. Das Unternehmen hat sich als Plattform – auch für stationäre Händler – fest etabliert.
Zalando ist längst mehr als der größte Modehändler Europas, sondern hat sich zur Modeplattform gewandelt, also zum Startpunkt für den Kauf von Mode im Internet. Inzwischen kommen 57 Prozent der Bestellungen über die Zalando App. Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, dass es nicht nur darum geht, dass möglichst viele Kunden über die Plattform kaufen, sondern auch möglichst viele Anbieter darüber verkaufen.
Inzwischen sind es rund 3500 Markenanbieter und insgesamt mehr als 3400 Partner aus dem stationären Handel, die über Zalando ihre Kleidungsstücke verkaufen, vor allem in Deutschland. Aber Co-CEO David Schneider sieht dabei mit rund 300.000 stationären Händlern noch ein enormes Potenzial in Europa.
In der Pandemie hatte das vielen stationären Händlern sehr geholfen, die ihre Läden nicht öffnen durften. 2020 verzichtete Zalando daher auf die Provision. Ab dem zweiten Quartal 2021 wird das anders werden und zur Umsatzrendite beitragen, wie die Analysten von Bloomberg annehmen. Mit dem sogenannten Connected-Retail-Programm wird Zalando künftig also auch mehr Geld verdienen.
Dass seit Februar auch das traditionsreiche Unternehmen C&A diesen Schritt geht und die 1.400 Filialen auch über Zalando ihre Waren verkaufen, spricht für die Online-Plattform.
Und Zalando hat noch ein weiteres Ass im Ärmel: Das Unternehmen Tradebyte gehört seit 2016 komplett zu Zalando und entwickelt Software-as-a-Service-Lösungen für andere Modehändler. So hilft Zalando der Branche, den direkten Kontakt zum Kunden herzustellen und die Onlineshops weiter zu optimieren. Zu den Kunden gehören sehr viele bekannte Marken und Händler wie Puma oder Karl Lagerfeld, aber auch Lidl und Aigner und neben der Mutter Zalando auch Konkurrent About You.
2. Der geplante Aufstieg in den Dax wird immer wahrscheinlicher – und birgt weiteres Kurspotenzial.
Zalando gehört zu den Dax-Kandidaten, wenn der Index im September von 30 auf 40 erweitert wird. Fonds, die den Dax abbilden, werden dann auch Zalando-Anteil erwerben müssen, was den Kurs weiter antreiben dürfte. Zalando hat heute schon eine Marktkapitalisierung von deutlich mehr als 21 Milliarden Euro.
Auch beim Thema Profitabilität ist Zalando ordentlich vorangekommen. Seit 2014 ist das Nettoergebnis vor Steuern durchweg positiv gewesen. Dennoch lässt Zalando auch bei den Investitionen nicht nach, in der aktuellen Ad-hoc-Mitteilung teilt das Berliner Unternehmen mit, dass es allein 2021 zwischen 350 und 400 Millionen in Technologie und Logistik investieren will. Wermutstropfen für Anleger: Eine Dividende stellt der Vorstand von Zalando nach wie vor nicht in Aussicht.
Der deutsche Konkurrent About You, der zu 54 Prozent zu Otto gehört, ist mit einem ähnlichen Angebot unterwegs, bietet bislang aber noch keine Plattform für andere Händler. About You gilt als Börsenkandidat, auch wenn ein konkretes Datum für einen Börsengang bislang nicht feststeht. Das Unternehmen bietet wie Zalando inzwischen auch Secondhand-Mode an.
3. Beim Thema Nachhaltigkeit hat Zalando die Zeichen erkannt.
Bislang wird nur ein Prozent der Modeartikel durch Recycling wieder der Modeindustrie zugeführt, erklärte Ritter. Das soll sich ändern: Zalando hat das Thema Nachhaltigkeit zu einem der drei Kernziele des Unternehmens gemacht. Bereits im Oktober 2019 hat Zalando seine Nachhaltigkeitsoffensive gestartet. Bislang haben 250 der 3500 Markenpartner mitgemacht und ihre Daten offengelegt. Nachhaltigkeitschefin Kate Heiny sagt: „Alle Markenpartner, die auf der Plattform verkaufen, sind verpflichtet, ihre Nachhaltigkeitsperformance in Bezug auf soziale und ökologische Standards nachzuweisen.“
Heiny stellte bereits im Dezember fest, dass es bei den ökologischen Standards mehr Nachholbedarf gibt als bei den sozialen. Allerdings würden die Nachweise für kleinere Markenpartner weniger aufwendig ausfallen als für die großen, fügt sie an.
Aktuell würden die Mindestanforderungen jedes Jahr strenger. Eine der grundlegenden Erwartungen an die Markenpartner sei, dass sie Einblicke in die Produktion ihrer direkten Lieferanten haben. Zalando hebt auch die Standards an, damit Produkte als nachhaltig gekennzeichnet werden dürfen. So soll beispielsweise der Mindestanteil an recyceltem Material von 20 auf 30 Prozent steigen.
Heiny findet es denkbar, „dass wir auch Partnerschaften beenden, wenn diese die Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen.“ Bis 2023 will sie feststellen, wo die Markenpartner in Sachen Nachhaltigkeit stehen und „welche unserer Partner uns weiter begleiten“.

Weniger Retouren und mehr Verkäufe: Zalando gehört zu den Profiteuren der Pandemie.
Tatsächlich ist Zalando bereits auf sieben Partner zugegangen, die gegen ethische Standards verstoßen haben sollen – während dieser Zeit sei die Geschäftsbeziehung unterbrochen worden. Schlussendlich habe Zalando die Geschäftsbeziehungen zu fünf Firmen endgültig beendet, zwei wurden wieder aktiviert.
Zalando macht beim Thema Nachhaltigkeit Ernst und nutzt seine Marktmacht. Auch die Partner aus dem stationären Handel, die ihre Waren via Zalando verkaufen, und das sind inzwischen mehr als 3.400, müssen einen ethischen Kodex unterschreiben.
Laut Heiny ist Nachhaltigkeit für 34 Prozent der Kunden wichtig, bis Ende 2020 hatten 50 Prozent bereits mindestens ein nachhaltiges Produkt gekauft – Anfang 2020 waren es nur 18 Prozent. Das Sortiment an nachhaltigen Produkten habe sich auf 80.000 Produkte fast verdreifacht. 16 Prozent des Bruttowarenvolumens erwirtschaftet Zalando heute mit nachhaltigen Artikeln, bis 2023 sollen es 25 Prozent sein. Schaut man allerdings in die Nachhaltigkeitskriterien bei Zalando, sieht man, dass viele Standards nach wie vor einfach zu erlangen und vergleichsweise weich formuliert sind. Klar ist aber auch, dass bis 2023 die Messlatte durch Zalando deutlich höher gelegt wird.
4. Markenwert steigt enorm, Kunden werden bleiben.
Die Zahl der neuen Zalando-Kunden ist nach eigenen Aussagen im Jahr 2020 „außerordentlich“ gestiegen. Da das Unternehmen als Plattform ziemlich viele Modebedürfnisse befriedigen kann, werden die Kunden auch weiter per Mausklick kaufen, wenn die Läden wieder vollständig geöffnet sein werden. Denn die Kunden schätzen dann die Bequemlichkeit. Von diesem Effekt profitiert Amazon seit Jahren.
Dass Zalando nun auch Beauty-Produkte anbietet, zeigt, dass der Plattform-Gedanke in Berlin auch weiter gedacht wird. Das Unternehmen wird nicht ruhen, um die Kunden weiter zu binden. Zu den Gerüchten um einen Übernahme von Flaconi wollten sich die Co-CEOs nicht äußern.
Bislang geht diese Strategie auf: Laut dem BrandZ-Ranking der 50 wertvollsten deutschen Marken, das die Marketingberatung Kantar einmal jährlich vorlegt, konnte Zalando den stärksten Zuwachs aller deutschen Marken verzeichnen. Danach sei der Markenwert um 64 Prozent auf 5,1 Milliarden Dollar gestiegen.
Das 2008 gegründete Unternehmen belegt damit Platz 18 in dem von SAP angeführten Ranking. Zalando gehört damit auch zu den jüngsten Marken, die so schnell unter die Top 20 in Deutschland gekommen sind.
5. Der Ausstieg von Kinnevik ist keine Gefahr – im Gegenteil.
Im Februar hatte der Großaktionär Kinnevik bekanntgegeben, seine Anteile von rund 21 Prozent an seine Aktionäre weiterzureichen. Der Free Float, also der Anteil der frei handelbaren Aktien, wird dadurch noch mal deutlich steigen. Neben der Marktkapitalisierung gilt der Anteil der frei gehandelten Aktien als ein entscheidendes Kriterium für die Zugehörigkeit zum Dax.
Da die Kinnevik-Anteile direkt auf die Aktionäre übergehen, dürfte der Börsenwert von Zalando darunter nicht allzu stark leiden. Allerdings könnte der Kurs wieder volatiler werden, weil sich der Anteil der frei gehandelten Aktien durch den Ausstieg von Kinnevik erhöht.
Aktuell ist die Zalando-Aktie von ihrem Höchststand von vor einem Monat allerdings noch weit entfernt, als Aktie für rund 102 Euro gehandelt wurde.
Für Kinnevik selbst scheint der Ausstieg logisch: Kinnevik hat seinen Einsatz bei Zalando verachtfacht, das wird in den nächsten zehn Jahren wohl nicht mehr möglich sein. Mehrere Analysten gehen davon aus, dass sich der Abschied von Kinnevik nicht dramatisch auf die Aktien auswirken wird. Die Analysten sehen die Aktie mehrheitlich als Kauf an, mit Kurszielen bis zu 115 Euro.
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