Nach Thomas-Cook-Pleite Reisebranche wird nervös: Verkauf von Condor geht in entscheidende Phase

Die Airline muss bis Mitte April einen staatlichen Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen Euro zurückzahlen.
Frankfurt Das Management und die Verwalter von Condor machen Fortschritte bei ihren Bemühungen, einen Investor für die Ferienfluggesellschaft zu finden. In Branchenkreisen ist von „mehreren ernsthaften Interessenten“ die Rede. Bei Condor selbst will man sich nicht zu den Informationen äußern.
Condor befindet sich seit der Insolvenz der britischen Mutter Thomas Cook in einer schwierigen Phase. Ohne großen Gesellschafter im Hintergrund ist es schwer, als recht kleine Airline dauerhaft zu überleben und die Finanzierung des Betriebs sicherzustellen.
Condor ist deshalb unter das Dach des sogenannten Schutzschirmverfahrens geschlüpft, das vorübergehend vor den Forderungen von Gläubigern – darunter auch die der ehemaligen Mutter – schützt. Gleichzeitig hat die Fluggesellschaft vom Bund und dem Land Hessen einen Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen Euro zur Verfügung gestellt bekommen.
Beides sichert vorerst den Flugbetrieb, sorgt allerdings auch für einen hohen Handlungsdruck. Mitte April muss der Kredit zurückgezahlt werden. Bis dahin muss also auch ein Investor gefunden werden, der das finanziell stemmen kann und will. Gleichzeitig ist das Marktumfeld von Condor wegen des harten Wettbewerbs schwierig, weshalb potenzielle Interessenten Zeit brauchen, um ein mögliches Engagement zu prüfen.
Dennoch hätten sich nach Ende der Frist für erste und noch nicht bindende Angebote nun mehrere ernsthafte Bieter herauskristallisiert, heißt es in Branchenkreisen. Wie viele es genau sind, darüber gibt es unterschiedliche Informationen. In Branchenkreisen fällt immer wieder mal der Name Wizz Air.
Der ungarische Billiganbieter gehört zum Reich des US-Airline-Investors Indigo. Eine Bestätigung für ein ernstes Gebot durch Wizz gibt es allerdings nicht. Nach Informationen der „Wirtschaftswoche“ ist auch die polnische Airline LOT an Condor interessiert. Auch dafür gibt es keine Bestätigung. LOT ist ein enger Partner von Lufthansa, die auch Interesse hätte, aber kartellrechtliche Probleme bekäme. Der „Spiegel“ nennt zudem den britischen Investor Greybull – auch hier ohne offizielle Bestätigung.
Gute Buchungszahlen zum Jahresauftakt
Seit Längerem wird bereits der Finanzinvestor Apollo genannt. Er ist kein Unbekannter in der Branche und zum Beispiel an dem spanischen Billiganbieter Volotea beteiligt. In diesem Fall gibt es tatsächlich Indikatoren dafür, dass Apollo wirklich interessiert ist. Nach Informationen aus Branchenkreisen hat der Investor in den zurückliegenden Wochen intensive Gespräche mit deutschen Reiseveranstaltern geführt.
Diese braucht Apollo als Partner. Nach der Pleite von Thomas Cook bekommt die Airline keine Urlauber mehr von der Mutter, um die Jets zu füllen. Condor und ein potenzieller Käufer müssen deshalb neue „Lieferanten“ finden. Übergangsweise ist das dem Management rund um Condor-Chef Ralf Teckentrup gut gelungen. Die Veranstalter sollen nach der Pleite von Thomas Cook gut bei der Airline gebucht haben, auch weil die Preise dort günstig waren. „Vor allem DER Touristik hat sich stark gegenüber Condor committed“, sagt ein Reisemanager.
Im Umfeld von Condor ist zudem zu hören, dass ein Bieter einen Gutachter beauftragt habe. Dieser soll sich in den zurückliegenden Wochen in den einzelnen Betrieben der Airline in Frankfurt und Düsseldorf genau umgesehen und informiert haben. Wer der Auftraggeber ist, ist unbekannt. Da so ein Gutachten aber einiges kostet, darf das ebenfalls als ein klares Indiz für ein ernsthaftes Interesse gewertet werden.
Der Zeitdruck ist groß, nicht nur wegen der Kreditvorgaben. Auch die Reisebranche wird langsam nervös. In diesen Tagen laufen die Buchungen für den kommenden Sommer auf Hochtouren, die Bürger planen ihren Urlaub. Die Reiseveranstalter warten deshalb dringend auf Nachrichten über die Zukunft von Condor, denn sie wollen Sicherheit. Sollte ein Verkauf der Airline doch nicht klappen, müssten sie kurzfristig Ersatzanbieter für Flüge suchen. Das wäre ein Horrorszenario.
An ein Scheitern will man in der Condor-Belegschaft gar nicht denken. Wer etwa mit Kabinenmitarbeitern der Ferienfluggesellschaft spricht, erlebt einen fast schon unerschütterlichen Glauben an die Zukunft, der angesichts der Situation der Airline etwas überrascht. Es gibt kaum einen, der nicht davon überzeugt ist, dass ein Investor gefunden wird.
Viele verlassen sich dabei auf die Aussagen ihres Chefs. Teckentrup hat keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass es im Frühjahr eine Lösung geben wird. Mehrfach hat er das auch öffentlich erklärt. Entsprechend hoch ist die Motivation der Condor-Mannschaft. Obwohl die Mitarbeiter nicht wissen, wie es weitergeht, arbeiten sie offensichtlich mit voller Kraft. Der Betrieb bei Condor läuft jedenfalls seit Wochen erstaunlich reibungslos.
Gewerkschaften pochen auf Komplettverkauf
Noch an anderer Stelle ist das Management beim Werben um einen neuen Eigner vorangekommen. Mittlerweile wurden mit allen Gewerkschaften Sanierungspläne vereinbart. Als letzter Tarifpartner stimmte die Kabinengewerkschaft UFO am Mittwoch zu, nach langem Ringen und fast in letzter Minute. Denn einige Investoren sollen erhebliche Einsparungen zur Vorbedingung für ein Engagement bei Condor gemacht haben. Dazu zählt auch der Abbau von 150 Mitarbeitern in der Kabine.
So wichtig diese Vereinbarungen mit den Tarifpartnern – der Vereinigung Cockpit, der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und UFO – auch sind, sie haben einen „Haken“. Die Zusagen gelten nur, wenn Condor weitgehend als Ganzes erhalten bleibt, also mit Kurz- und Langstreckengeschäft. Alle Gewerkschaften haben entsprechende Vorbedingungen in ihre Verträge schreiben lassen, etwa in Form einer Mindestgröße der Flotte. Sollte Condor in Teilen verkauft werden, wären diese Zusagen hinfällig.
Auch der Überbrückungskredit von Bund und Land Hessen wurde unter der Voraussetzung bewilligt, dass Condor als Ganzes überlebt. „Die Analyse unterstellt zudem die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes mit der gesamten Flotte und einen vollständigen Verkauf der Condor an Dritte, wodurch die Rückzahlung des Kredites gesichert werden kann“, heißt es in einer Antwort des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie an die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Energie Anfang Oktober vergangenen Jahres.
Offen ist, ob ein solcher Komplettverkauf tatsächlich gelingt. Zuletzt hat sich der Wettbewerb in der Touristik-Fliegerei eher noch verschärft. Tuifly hat für den Herbst den Start einer eigenen Langstreckenverbindung ab Deutschland bekanntgegeben. Die ersten beiden Boeing 787 werden in Düsseldorf stationiert. Düsseldorf ist auch starker Standort für Condor.
An der anderen Condor-Basis – Frankfurt – lässt Lufthansa den Billigableger Eurowings auf der Fernstrecke zu Ferienzielen fliegen. Gerade Lufthansa ist für die Condor in Frankfurt aber enorm wichtig. Ein großer Teil der Gäste für die Jets der Ferienfluggesellschaft reisen mit Lufthansa an das größte deutsche Drehkreuz.
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