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Nahrungsmittel-Riese Nestlé-Chef Mark Schneider setzt ganz auf gesunde Ernährung – doch der Konzern wächst mit Kaffee und Eiscreme

Der Konzernchef setzt auf Übernahmen, um Nestlé zum führenden Anbieter für gesunde Nahrungsmittel umzubauen. Noch ist nicht ausgemacht, ob sich das auszahlt.
29.07.2021 - 17:24 Uhr Kommentieren
Der Nestlé-Chef investiert Milliarden in Nahrungsergänzungsmittel. Quelle: AP
Mark Schneider

Der Nestlé-Chef investiert Milliarden in Nahrungsergänzungsmittel.

(Foto: AP)

Zürich Von dem Deal, der Mark Schneiders Ruf als Meister strategischer Firmenkäufe festigte, profitiert Nestlé noch heute. 2018 kaufte der Chef des Schweizer Nahrungsmittel-Riesen die Markenrechte an den Einzelhandelsprodukten der Kaffeehauskette Starbucks für mehr als sieben Milliarden Dollar. Die Getränkesparte, die Schneider mit der Akquisition stärkte, ist heute der wichtigste Umsatzgarant von Nestlé. Kein Geschäftszweig wächst so schnell – und so profitabel. Elf Prozent Umsatzplus bei knapp 25 Prozent Marge wies die Sparte laut der am Donnerstag veröffentlichten Quartalszahlen auf.

Ein Kunststück, das Schneider wiederholen möchte – diesmal mit einer milliardenschweren Wette auf gesunde Ernährung. Die Sparte Nestlé Health Science werde dabei eine Schlüsselrolle spielen, betonte Schneider bei der Präsentation der Zahlen am Donnerstag. Ob die Wette aufgeht, ist jedoch noch unklar: Mit einem Prozent fiel das Wachstum im Bereich Ernährung und Gesundheit vergleichsweise gering aus. Zudem schrumpfte die Marge von 23,3 auf 17,8 Prozent, was Nestlé unter anderem mit erhöhten Investitionen in Marketing-Maßnahmen begründete.

Die Zahlen zeigen einmal mehr: Nestlé dürfte noch länger auf die Gewinne aus dem Verkauf von Eiscreme, Schokolade, Fertiggerichten und Kaffee angewiesen sein. Trotz Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe ist Mark Schneider noch lange nicht am Ziel.

Der 55-jährige Manager aus dem rheinland-pfälzischen Neuwied war 2016 vom Dax-Konzern Fresenius nach Vevey in die Schweiz gewechselt. Bereits als Fresenius-Chef machte sich Schneider einen Namen als Firmenjäger, kaufte etwa die Krankenhauskette Helios oder den Dialyseanbieter Renal Care Group.

Schon kurz nach seinem Antritt als Chef Anfang 2017 legte Schneider den Grundstein für seine Gesundheitsstrategie. Er kaufte Atrium Innovations für 2,3 Milliarden Dollar. Die Firma stellt unter anderem Nahrungsergänzungsmittel her. 2020 folgte mit Aimmune Therapeutics ein Pharmaunternehmen, das Therapien für an lebensbedrohlichen Lebensmittelallergien leidende Menschen entwickelt. Und im März 2021 kaufte Schneider die auf Vitamin-Präparate spezialisierte US-Firma Bountiful Company, mit knapp sechs Milliarden Dollar die zweitteuerste Übernahme in Schneiders Amtszeit.

Skepsis bei Verbraucherschützern

Seine Gesundheitsstrategie basiere auf drei Säulen, sagte der Nestlé-Chef am Donnerstag: medizinischer Ernährung, Nahrungsergänzungsmittel sowie verschreibungspflichtigen Medikamenten für Allergien und Krankheiten mit Ernährungsbezug. Mit der Übernahme von Bountiful Company werde man zum führenden Anbieter von Vitaminpräparaten und Protein-Shakes aufsteigen.

Investoren zeigten sich zuletzt zufrieden: So schreibt Jean-Philippe Bertschy von der Bank Vontobel: „Nestlé ist die Aktie, die man im Nahrungsmittelsektor besitzen muss.“ Nestlé generiere viel Cash, der in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an Aktionäre ausgeschüttet werden könne.

Bei Verbraucherschützern kommt die Strategie dagegen weniger gut an: So sagt Armin Valet, Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg: „Wir beobachten, dass Nahrungsmittelkonzerne stark in den Bereich Gesundheit gehen.“ Für die Unternehmen sei das ein interessanter Markt. „Wir sehen das prinzipiell kritischer.“ Valet ist überzeugt: „Wer sich gesund ernährt, braucht eigentlich keine Nahrungsergänzungsmittel.“

Viele von Nestlé übernommene Firmen für Nahrungsergänzungsmittel sind vor allem auf dem US-Markt aktiv. Schneider sieht jedoch großes Umsatzpotenzial weltweit. „Wir liegen damit voll im Trend.“ Ziel sei es, das Geschäft in den USA auszubauen und gleichzeitig global zu lancieren.

Valet gibt jedoch zu bedenken, dass sich der Zusatznutzen, mit dem die Produkte in den USA beworben werden, nicht einfach auf den europäischen Markt übertragen lässt. „In den USA ist der Umgang mit Gesundheitsversprechen wesentlich laxer.“ In Europa seien die Auflagen für Werbeversprechen schärfer, auch wenn Valet noch „viele Schlupflöcher“ sieht.

Schneider setzt auf die Wissenschaft

Der Vorstoß in verschreibungspflichtige Medikamente kommt bei dem Verbraucherschützer ebenfalls nicht gut an: „In Europa herrscht zu Recht noch immer eine strikte Trennung zwischen Arzneimitteln und Nahrungsmitteln. Wir sehen das kritisch, wenn diese Grenze immer mehr verschwimmt.“

Nestlé-Chef Schneider ist sich dieser Kritik bewusst: Skeptikern entgegnete er kürzlich auf einer Investorenkonferenz: „Ich denke, es gibt starke wissenschaftliche Ergebnisse, die nahelegen, dass es, besonders zur Winterzeit und mit unserer modernen Lebensweise, sehr schwer ist, sich ausgewogen zu ernähren.“ Daher gebe es gute Gründe, auf Nahrungsergänzungsmittel zu setzen. „Natürlich muss es wissenschaftlich fundiert sein. Und es muss von hoher Qualität sein.“

Schneider sieht in Nahrungsergänzungsmitteln den wichtigsten Baustein in der Transformation von Nestlé. Auch wenn er auf dem Weg dahin noch große Mengen Süßigkeiten und Eiscreme verkaufen muss.

Mehr: Milliardenzukauf geplant: Warum Nestlé den Vitaminhersteller Bountiful übernehmen will.

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