Neuer Iata-Chef Willie Walsh – eine neue starke Stimme für die Fluggesellschaften

Der frühere CEO der Airlinegruppe IAG soll den Neustart des weltweiten Luftverkehrs nach der Pandemie vorantreiben.
Frankfurt Willie Walsh wird gern unterschätzt. Der Manager mit den kurz geschorenen Haaren wirkt bei Auftritten häufig in sich gekehrt, Emotionen zeigt der 59-Jährige eher selten. Doch davon sollte sich niemand täuschen lassen. Der gebürtige Ire weiß seine Vorhaben durchzusetzen. Genau darauf hoffen die Manager der Fluggesellschaften in aller Welt.
Seit dem 1. April ist Walsh der neue Generaldirektor des Airline-Weltverbandes Iata. Sein Vorgänger Alexandre de Juniac, früher Chef von Air France-KLM, hat den Verband bisher gut durch die schwerste Krise der Branche geführt, gilt aber nicht als sehr durchsetzungsstark. Nun übernimmt Walsh – pünktlich für die Vorbereitung des Neustarts nach der Pandemie.
Den Luftverkehr möglichst schnell wieder ankurbeln, das hat für Walsh höchste Priorität. Daran ließ der langjährige Chef der britisch-spanischen Airline-Gruppe IAG (British Airways, Iberia, Vueling, Aer Lingus) am Mittwoch bei seinem ersten Auftritt in der neuen Rolle keine Zweifel. „Die Menschen haben ihr Verlangen zu reisen nicht verloren“, sagte Walsh bei einer Iata-Präsentation in Genf. „Sie wollen fliegen, zumindest wenn sie das tun können, ohne Quarantänemaßnahmen fürchten zu müssen.“
Es ist eine Herkulesaufgabe für den Manager, der mit 17 Jahren als Pilot bei Aer Lingus begann. Die Staatengemeinschaft ist heillos zerstritten, was den Umgang mit der Pandemie und die Rahmenbedingungen für die Luftfahrt angeht. Jedes Land macht, was es für richtig hält. Hier für eine einheitliche Linie zu kämpfen, etwa beim Thema Impfpass und Testnachweis, dürfte eine gewaltige Herausforderung für Walsh werden.
Und es ist nicht seine einzige. Gleichzeitig wächst der Druck, das Fliegen nachhaltiger zu machen. Die Luftfahrtbranche setzt auf Corsia. Es wurde von der zur UN gehörenden Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO entwickelt und sieht vor, dass die Branche künftig klimaneutral wachsen soll. Corsia soll dabei nach der Vorstellung der Luftfahrtmanager mit dem bestehenden Emissionsrechtesystem der EU konsolidiert werden.
Druck auf Airlines beim Thema Klimaschutz wächst
Doch dagegen wächst der Widerstand, nicht nur von NGOs wie der Organisation Transport & Environment. Auch eine kürzlich vorgestellte Studie der EU kommt zu dem Ergebnis, dass mit Corsia allein die Klimavorgaben nicht erreicht werden. Nun befürchten viele Airlinemanager einen Alleingang in Brüssel, der zu Wettbewerbsnachteilen für europäische Fluggesellschaften führen könnte.
Jede Menge Arbeit also für Walsh. Doch dem in Dublin geborenen Manager trauen viele in der Branche zu, genau der Richtige für diesen Job zu sein. „Willie hat schon ganz andere Aufgaben bewältigt, er ist schwierige Situationen gewohnt“, sagt der Manager einer großen europäischen Fluggesellschaft.
Sein Meisterstück lieferte Walsh mit der Fusion von British Airways und Iberia zur IAG ab. Die Transaktion setzte der Ire gegen diverse Widerstände und trotz zahlreicher Hürden durch. Heute gilt die IAG bei Analysten wie Investoren als eine der am besten aufgestellten Airlinegruppen in Europa.
Walsh lässt sich nicht so schnell von einem Plan abbringen. Das zeigte der Manager auch den Mitarbeitern von British Airways in der Kabine. Die wehrten sich 2010 heftig gegen Sparmaßnahmen und starteten einen massiven Streik. Doch Walsh blieb hart und setzte sich durch. Es war einer von mehreren Arbeitskämpfen, die der Manager ausgefochten hat. Und die ihm den Spitznamen „the Slasher“ einbrachten – zu Deutsch: die Axt.
Walshs Spitzname lautet „die Axt“
Walsh stört ein solcher Titel nicht. Er legt keinen großen Wert darauf, von allen gemocht zu werden. In seiner Zeit als Airlinemanager scheute er auch Streit mit Managementkollegen nicht. 2012 etwa wetterte Richard Branson, der Eigner der Airline Virgin Atlantic, heftig gegen den Verkauf der britischen Lufthansa-Tochter BMI an British Airways. Das werde die britische Luftfahrtindustrie für Jahre schädigen, warnte Branson. Doch Walsh tat das schlicht als Nonsens ab.
Das harte Durchgreifen hat dazu geführt, dass selbst Ryanair-Chef Michael O’Leary, der sonst kaum ein gutes Haar an seinen Kollegen bei anderen Fluggesellschaften lässt, Walsh viel Respekt zollt.
Entsprechend hoch sind nun die Erwartungen, die man in den Zentralen der Fluggesellschaften rund um den Globus an Walsh hat. Die hat der 59-Jährige zum Teil auch selbst hochgeschraubt. Er habe mehr als 40 Jahre in der Branche verbracht, jeweils die Hälfte davon als Pilot und als CEO, sagte er im vergangenen November, als er von den Iata-Delegierten gerade frisch ins neue Amt gewählt worden war: „Ich weiß, was nötig ist, um Erfolg zu haben.“
Mehr: Digitaler Impfpass, Tests vor Abflug, flexible Airlines: So kann der Sommerurlaub funktionieren.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.