Online-Handel Millionen Pakete gehen zurück an die Händler – aber längst nicht alle Retouren sind Ramsch

Rund 280 Millionen Pakete wurden im vergangenen Jahr von Online-Käufern wieder zurückgeschickt.
München Sie sind der Alptraum eines jeden Versandhändlers: die Retouren. Vor allem Kleider schicken die Konsumenten beherzt zurück. 40 Prozent aller Mode-Bestellungen im deutschsprachigen Raum landen schon nach ein paar Tagen wieder in den Logistikzentren der Online-Händler. Insgesamt 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel haben Online-Käufer nach Ermittlungen der Universität Bamberg im vergangenen Jahr zurückgeschickt.
Die Shops bleiben auf der Ware allerdings nicht sitzen. Im Gegenteil: 82 Prozent aller Kleidungsstücke lassen sich wieder gleichwertig als sogenannte A-Ware verkaufen. Das hat das EHI Retail Institut in einer Umfrage unter 95 E-Commerce-Anbietern in Deutschland, Österreich und der Schweiz heraus gefunden. Die Firmen stehen den Kölner Marktforschern zufolge insgesamt für einen Online-Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro.
Über alle Warengruppen hinweg ließen sich rund 70 Prozent der Retouren als A-Ware wiederverwerten, hat das EHI ermittelt. Nur wenige Händler könnten gar keine oder nur vereinzelt Artikel wieder verkaufen, so das Ergebnis der Befragung. Dies gelte insbesondere für Nahrungsmittel. Die werden in Deutschland aber ohnehin selten im Internet bestellt. Nur gut ein Viertel aller Online-Nutzer hat schon einmal Butter, Semmeln oder Salat im Netz geordert.
Die Internet-Versandhäuser sind sehr interessiert daran, dass die Kunden ihre Bestellungen behalten. Im Schnitt koste es zehn Euro, einen zurück geschickten Artikel zu bearbeiten, hat das EHI heraus gefunden.
Nur selten müssten Retouren komplett vernichtet werden, erklärten die Händler in der Umfrage. Wenn die Produkte nicht mehr als neuwertig angeboten werden könnten, dann würde sie als B-Ware gekennzeichnet, in Outlets verfrachtet, an die Hersteller zurück geschickt oder an das Personal abgegeben.
Mitunter würden die Produkte auch gespendet. Matratzen oder Kopfhörer zum Beispiel könnten aus hygienischen Gründen nicht mehr als unbenutzt verkauft werden. Bei anderen Artikeln sei mitunter die Aufbereitung nicht möglich oder zu aufwändig.
Fast alle Deutschen bestellen im Netz
Der größte Teil der Menschen hierzulande bestellt längst im Internet. Der Hightech-Branchenverband Bitkom geht davon aus, dass 80 Prozent der Bevölkerung Online-Shopping nutzen. „Wer nicht im Web einkauft, dem fehlt meist schlicht der Internetzugang“, ermittelte der Bitkom in einer Umfrage. Der Preis, die Zahlungsmöglichkeiten sowie eine versandkostenfreie Lieferung spielten bei der Auswahl der Shops im Netz demnach die wichtigste Rolle.
Die Händler selbst legen unterdessen viel Wert darauf, die Ware schnell zum Kunden zu bringen, wie die EHI-Befragung zeigt. Vier von fünf Anbieter würden ihren Versanddienstleister nach diesem Kriterium auswählen. Der kürzeste Zeitraum sei momentan in der Regel 24 Stunden.
Dabei werde es aber nicht bleiben: „Für die nächsten 3 Jahre ist eine weitere Beschleunigung der Liefergeschwindigkeiten geplant“, so das EHI. Nur zehn Prozent der befragten Shops würden momentan noch am selben Tag liefern, in drei Jahren könnten es fast 40 Prozent sein. Damit entsprächen sie den Erwartungen und Wünschen der Kunden, meinen die Händler.
Es hat seinen Grund, dass die virtuellen Läden aufs Tempo drücken. Denn einen Vorteil hat der herkömmliche, stationäre Handel gegenüber den Internet-Anbietern: Wenn ein Artikel auf Lager ist, können ihn die Käufer sofort mitnehmen. So schnell wird selbst der wendigste Online-Shop nie sein.
Mehr: Der E-Commerce muss den Retouren-Wahnsinn in den Griff bekommen – ein Kommentar.
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