Onlinehändler Zalando greift Douglas an und holt französische Kosmetikkette Sephora an Bord

Mit der Sephora-Kooperation will Zalando sein Kosmetikgeschäft ausbauen.
Düsseldorf Europas größter Online-Modehändler Zalando baut sein Kosmetikgeschäft weiter aus und kooperiert dafür mit der französischen Kette Sephora. Sephora werde über die Zalando-Plattform mehrere Tausend Produkte von mehr als 300 Marken anbieten, kündigten beide Unternehmen am Dienstag an. Die Tochter des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH ist aktuell in 35 Ländern aktiv und betreibt weltweit mehr als 2000 Läden wie auch einen Onlineshop.
Sephora-Chef Martin Brok zeigte sich in einer ersten Stellungnahme sehr optimistisch und bezeichnete Zalando als „idealen Partner für uns“. Er betonte: „Diese Partnerschaft ist ein wichtiger Schritt für unsere europäische Wachstumsstrategie, und er zeigt unsere Vision für die Zukunft von Beauty und Handel.“
Zalando hat rund 42 Millionen Kunden in Europa. Die Plattform bietet Sephora damit eine gute Basis für weiteres Umsatzwachstum in Deutschland.
Der Händler ist seit vier Jahren aktiv im deutschen Markt, zunächst mit Flächen in Kaufhof-Märkten, dann auch mit eigenen Geschäften. Doch mit der vollmundig angekündigten Expansion tat sich Sephora bisher schwer.
Im vierten Quartal will Sephora zunächst in Deutschland über Zalando Waren verkaufen, ab 2022 werden weitere europäische Länder folgen. „Der Bereich Beauty stellt für uns eine große und aufregende Chance dar“, erklärte Zalando-Co-Chef David Schneider. „Der Onlinemarkt für Beauty-Produkte ist in Europa noch kaum erschlossen“, behauptet er.
Kampfansage an Parfümeriekette Douglas
Die Kooperation ist damit auch ein Angriff auf die Parfümeriekette Douglas. Denn der deutsche Marktführer hat sich ebenfalls für eine Digitalstrategie entschieden und forciert das Wachstum im E-Commerce. „Douglas sollte sich warm anziehen, zumal die neue Allianz kein Filialnetz mit durchfüttern muss und bereits die von Douglas angestrebten Kernzielgruppen im Netz hat“, sagte E-Commerce-Experte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein.
Die ursprünglich stationäre Kette Douglas hat sich in den vergangenen Jahren mit hoher Konsequenz der Digitalisierung geöffnet. Das Ergebnis: Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen in Deutschland schon 40 Prozent seines Umsatzes online gemacht. Zugleich hat Douglas-Chefin Tina Müller angekündigt, 500 der rund 2400 Filialen in Europa zu schließen.
Angesichts der immer noch starken Marktposition von Douglas mache die Kooperation mit Zalando für Sephora durchaus Sinn, urteilt Heinemann. „Der Weltmarktführer Sephora hat es seit Jahren nicht geschafft, im deutschen Markt einen Fuß an den Boden zu bekommen – geschweige denn, diesen Markt als letzte Bastion zu erobern“, sagt er. Deutschland werde immer noch ganz klar von Douglas dominiert, der deutsche Marktführer komme bei Duft und Pflege auf rund 40 Prozent Marktanteil.
Auch Zalando verkauft schon seit 2018 Kosmetik wie Make-up, Haut- und Haarpflege für Frauen und Männer und macht damit etablierten Händlern wie Douglas bereits Konkurrenz. Doch die strategische Partnerschaft mit Sephora werde weiteres Potenzial freisetzen, ist sich Co-Chef Schneider sicher.
In der Coronakrise, die dem Dax-Aspiranten im vergangenen Jahr zu einem Bruttowarenvolumen von mehr als zehn Milliarden Euro verhalf, läuft auch das Kosmetik-Geschäft rund. Immer mehr Kunden kombinierten zuletzt den Kauf von Kleidung mit dem Erwerb von Parfüms.
Aktienkurs von Zalando gibt nach
Zu Beginn des Jahres gab es immer mal wieder Gerüchte, dass Zalando an der Übernahme der Pro-Sieben-Tochter Flaconi interessiert sei, die ebenfalls online Kosmetik verkauft. Beide Seiten hatten sich dazu nie äußern wollen. Mit der Sephora-Partnerschaft besteht nun wohl kein Bedarf mehr für eine solche Übernahme.
Die Anleger reagierten sehr verhalten auf die Ankündigung der Kooperation. Im frühen Handel gab der Kurs von Zalando zeitweise um 1,38 Prozent auf 98,60 Euro nach. Offensichtlich sieht der Markt noch kein echtes Potenzial darin.
Dabei geht Zalando mit Sephora eine ungleich größere Partnerschaft ein, als es mit Flaconi möglich gewesen wäre – und eine mit deutlich weniger Risiko. Denn erstens handelt es sich um eine strategische Kooperation und keine Übernahme, das macht den Deal einfacher. Zweitens sind die Marktmacht und Internationalität von Sephora viel größer als bei Flaconi.
Sephora verschaffe Zalando nicht nur interessante Umsatzpotenziale, sondern zugleich auch Zugang zu den bisher verwehrten Exklusivmarken, sagt Experte Heinemann.
Doch er sieht noch eine ganz andere Dimension. „Mit der LVMH-Mutter im Rücken kann Sephora im Vergleich zu dem vom Finanzinvestor CVC eher knapp gehaltenen Douglas auf fast unbegrenzte Ressourcen zugreifen“, erklärt Heinemann, der früher selber mal als Manager bei Douglas gearbeitet hat.
Auch About You bietet Kosmetik an
Mode und Beauty ist aus Sicht vieler Modeketten digital und analog eine sinnvolle Kombination. Ende Mai erst gab die spanische Modekette Zara bekannt, ins Geschäft mit der Kosmetik einzusteigen. Laut dem Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) wurden 2020 hierzulande gut 14 Milliarden Euro für Kosmetik- und Körperpflegeprodukte ausgegeben.
Das Kalkül der Modehändler: Die Kunden kaufen oder bestellen die passende Kosmetik zur Kleidung gleich mit. So hat Zalando bereits rund 13.000 Produkte im Sortiment. Auch der erst in der vergangenen Woche an die Börse gegangene Konkurrent von Zalando, About You, hat nach eigenen Angaben rund 1000 Kosmetikprodukte im Programm. Auch H&M ist im Beauty-Geschäft aktiv.
Zalando etabliert sich immer stärker als Plattform-Anbieter, über den andere Händler, Modemarken oder stationäre Geschäfte ihre Waren verkaufen und dafür wie auch für Logistik-Dienstleistungen Provisionen an Zalando zahlen. Wie groß der Anteil des Kosmetikgeschäfts am Gesamtumsatz ist, veröffentlicht Zalando derzeit nicht. Sephora veröffentlicht überhaupt keine konkreten Geschäftszahlen.
Damit ist es noch schwer einzuschätzen, welche Marktmacht die neue Kooperation kurzfristig hat. Doch das Potenzial ist nach Einschätzung von Experte Heinemann riesig. Das liegt nicht zuletzt an der Finanzkraft der Sephora-Mutter LVMH, die zahlreiche Luxusmarken wie Moët & Chandon, Luis Vuitton oder Dior unter ihrem Dach vereint. „LVMH hätte sogar das Potenzial, Zalando zu übernehmen“, betont Heinemann.
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